Story XIII - Haus

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Man könnte meinen bis zu diesem Punkt hätte ich bereits gelernt, wie man eine Horrorgeschichte schreibt, aber offenbar war dies nicht der Fall. Die Grundidee dieser Geschichte ist so simpel und betörend wie klassisch. Aber die Umsetzung ist nicht besonders gelungen. Man merkt der Geschichte (zumindest in der sehr fehlerhaften Originalfassung) sofort an, dass ich nicht sonderlich Lust hatte, sie zu schreiben. Ich hoffe, mit der überarbeiteten Fassung konnte ich wenigstens die gute Grundidee retten.



Es quietschte unerträglich schrill, als die Tür aufflog und sein Schatten in den staubigen, leeren Flur fiel.

Laut konnte man hinter ihm den Regen prasseln hören, der ihn mit seiner unbarmherzigen Nässe bereits komplett durchweicht hatte.

Der Wind pfiff durch die leeren, von Spinnweben bedeckten Gänge und das alte, halb verfallene Gemäuer des Hauses knarrte leise.

Es war eigentlich unvorstellbar, dass mitten in einer Großstadt ein so altes Gebäude verlassen herumstand, unbeachtet von den meisten Passanten.

Eine gewisse Neugierde erfasste den jungen Mann. Eigentlich hatte er sich nur vor dem Regen retten wollen, aber nun wollte er wissen, was es mit dem Haus hier auf sich hatte.

Wieso wohnte hier keiner mehr? Was war passiert? Es musste ja schließlich irgendwas passiert sein, sonst würde wohl kaum ein Haus in dieser Lage leerstehen, mitten in einer Stadt, in der Wohnraum so unglaublich teuer war.

Ob es wohl irgendeine Spukgeschichte ist?, fragte er sich, als er sich schließlich einen Ruck gab und eintrat. In genau diesem Augenblick fiel mit einem lauten Knall die Tür hinter ihm ins Schloss.

Dicke Staubschichten regneten auf ihn herab. Von einer plötzlichen Panikattacke überwältigt, rannte er auf die Tür zu. Wollte sie aufreißen. Wieder hinaus stürmen. Aber sie ging nicht auf. Schien zu klemmen. Komisch... als er hereingekommen war, war sie ihm doch fast entgegen gefallen!

Er rüttelte fester und fester, aber sie gab keinen Millimeter nach. Stattdessen hielt er plötzlich die Klinke in der Hand.

Er gab dem eigentlich ziemlich dünn und morsch aussehenden Holz einen kräftigen Tritt, aber anstatt dass es zersplitterte, wurde er plötzlich mit einer eigenartigen Wucht nach hinten auf den Boden geworfen.

Er musste hier raus! Seine Freundin war zwar etwas spät dran, aber sie würde bestimmt bald kommen und wenn er dann nicht da war, obwohl er ihr bereits eine wütende SMS geschrieben hatte, dass sie zu spät sei...

Dabei wollte er doch eigentlich nur kurz Schutz vor dem Regen suchen!

Seine Gedanken rasten. Also gut... durch den Haupteingang würde er nicht mehr rauskommen, aber es gab doch bestimmt noch einen anderen Weg! Vorsichtig stand er wieder auf, klopfte sich den Staub ab und tastete sich den Gang entlang. Wohin er wohl führte?

Ein modriger Gestank zog ihm in die Nase und würde immer stärker, je weiter er vorankam. Was zur Hölle war das? Es roch irgendwie nach Verwesung und Tod. War es wirklich eine gute Idee, hier lang zu gehen? Der Geruch schien aus dem Raum hinter der Tür am Ende des Ganges zu kommen.

Seine Neugierde sagte ihm, dass er gucken sollte, was sich dahinter verbarg, aber sein zusammengekrampfter Magen gab ihm unmissverständlich zu verstehen, dass er besser die einzige andere Tür im Flur — vom versperrten Eingang einmal abgesehen — nehmen sollte.

Er gab seiner Intuition schließlich nach und steuerte auf die Tür an der Seite zu. Dahinter verbargen sich eine alte, ziemlich baufällige Holztreppe und eine Küche. Aus Angst, die Treppe würde zusammenbrechen, entschied er sich für letztere.

Seine Ohren rauschten merkwürdig und ein eiskalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter und ließ ihn am ganzen Körper zittern, als er eintrat. Ein Gefühl von eiskalten Klauen, die ihn an den Schultern packten und deren Krallen sich tief in sein Fleisch bohrten.

Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, aber die »Klaue« war nur ein Schwall Wasser gewesen war, der aus einem Loch in der Decke herabgeschossen war.

Als er sich wieder beruhigt hatte, schaute er sich genauer um.

Da war ein mit morschen Brettern zugenageltes Fenster, durch das schwache Lichtstrahlen in den Raum fielen, ein offenstehender und stark verrosteter Kühlschrank, ein Hängeschrank und ein kleiner Gasofen, auf dem ein ziemlich großer — und vor allem hoher — schwarzer Kochtopf stand, der ebenfalls bereits Rost angesetzt hatte.

Der junge Mann ging auf den Topf zu, um hineinzuschauen und fand darin das Foto einer attraktiven, jungen Frau, die ihm auf eine merkwürdige Art bekannt vorkam, obwohl er sie nur einen Sekundenbruchteil sehen konnte, als plötzlich mit einem markerschütternden Krachen etwas hinter seinem Rücken zusammenbrach.

War da ein Stöhnen in dem Krachen gewesen? Sein Herz raste so schnell, dass sein Puls ihm die Kehle zuschnürte.

Er wirbelte herum und stellte fest, dass die Bodenplatte des Hängeschranks herausgebrochen war.

Ein Knall hinter ihm. Dieses Mal auf der anderen Seite. Wieder wirbelte er herum. Ein unangenehm schrilles Kichern.

Der Raum war plötzlich in ein warmes Licht getaucht. Dann sah er mit Entsetzen, dass Flammen aus dem Topf herausschossen.

Hypnotisiert schaute er zu, wie das Bild langsam verbrannte und das Gesicht der Frau sich in Asche verwandelte.

Dann verdichtete sich der Rauch, der von den Flammen aufstieg. Es war, als würde ein kreischender Frauenkopf aus dem Topf auf ihn zu rasen.

Er taumelte zurück und rannte so schnell er konnte aus der Küche. Ohne, dass er es bemerkte, lag sie wieder genauso da, wie er sie vorgefunden hatte, sobald er seinen Fuß über die Schwelle gesetzt hatte.

Mit einem lauten Knall fiel die Tür hinter ihm zu und verriegelte sich. Keuchend und mit rasendem Herzen stolperte er in den Hauptflur zurück.

Jetzt blieben ihm nur noch zwei Wege: Entweder er ging die Treppe hoch oder in den Raum am Ende des Ganges.

Bei allem, was bis jetzt passiert war, würde die Treppe bestimmt einstürzen und ihn für immer unter den Trümmern begraben.

Aber diese Tür... Dieser Verwesungsgeruch machte ihm Sorgen. Wie noch nie zuvor in seinem Leben hatte er eine Vorahnung großer, übernatürlicher Gefahr.

Andererseits... Hatte er eine andere Wahl?

Wahrscheinlich waren alle Türen außer dieser einen jetzt so unzerstörbar verschlossen, wie der Haupteingang. Wenn er einen Weg in die Freiheit finden wollte, bevor er hier drin verhungerte oder verdurstete, dann musste er wohl durch diese Tür gehen.

Er zog sein T-Shirt über seine Nase, was ihn aber kaum vor dem bestialischen Gestank schützte. Seine Hände zitterten, aber er schluckte seine Angst herunter, kniff die Augen zu und drehte den Türknauf nach rechts.

Die Tür gab nach und der beißend süßliche Geruch schlug ihm nun mit solcher Gewalt ins Gesicht, dass es ein Wunder war, dass er sich nicht sofort übergeben musste.

Dann sah er es.

Da lag eine Frau am Boden. Er konnte sie kaum erkennen, dafür war es in dem Raum viel zu dunkel. Auch hier waren alle Fenster zugenagelt.

Wenn es doch nur ein bisschen heller wäre! Kaum, dass er diesen Gedanken zuende gedacht hatte, ging die Frauengestalt plötzlich in Flammen auf.

Wie in der Küche packte ihn wieder dieses unendliche Grauen, aber dieses Mal rannte er nicht weg.

Stattdessen ging er wie in Trance in Richtung der brennenden Frau und schaute sich ihr Gesicht genauer an.

Obwohl es bereits von Flammen umschlossen wurde, wusste er sofort, dass es die Frau von dem Foto war.

Er ging weinend auf die Knie und das Feuer fraß sich langsam durch den Teppich auf ihn zu.

Er beachtete es gar nicht. Die Frau war seine Freundin.

Montagsstorys - Eine KurzgeschichtensammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt