Bei allem Respekt!

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Buch erweiterte, neu überarbeitete Version ab März 2023 vorbestellbar🤍

Deswegen ist ab jetzt nur noch die unbearbeitete Rohfassung der ersten Kapitel online ☺️

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Amira

Der US-amerikanische Autor Allen Saunders sagte einmal, dass das Leben das ist, was einem passiert, während er dabei ist, was anderes zu planen.

Ich würde es anders formulieren.

Der Mensch denkt von Natur aus zu viel nach. Er recherchiert, entscheidet sich und macht Pläne. Doch das Schicksal handelt. Diesen Vorgang nennen wir Menschen das Leben.

Diese Formulierung trifft es besser...denke ich...ich meine,

Wie oft habe ich schon ein Gespräch geplant, welches nie stattgefunden hat?

Wie oft hatte ich was vor und es nie gemacht?

Und wie oft nahm ich mir was vor und habe es nie wirklich geschafft?

Nun, ich würde sagen...zu oft... viel zu oft!

Der Mensch denkt, er wäre der Herr seiner Selbst, doch in Wahrheit ist der Mensch determiniert.

Die einen werden von ihrer Umgebung bestimmt und die anderen von ihrer Vergangenheit.

Und die ganz anderen, zu denen übrigens ich gehöre, die an Gott glauben, sind von den Regeln bestimmt und vom Schicksal.

Also ist niemand der Herr seiner Selbst. Und wer das denkt lebt in einer Illusion!

Was ich damit sagen will ist, dass ich meine Zeit nicht mehr mit dem zu vielen Planen verschwenden werde und einfach anfangen werde zu handeln.

Ja ich werde handeln.

Ich werde Entscheidungen treffen.

Und ich werde riskieren.

Ich werde alles tun, was ich für richtig halte und werde mich von niemandem mehr umstimmen lassen.

Zu viel Ungetanes bereue ich heute!

Zu viel Ungesagtes verfolgt mich bis in meine Träume!

Zu viel Geplantes nicht realisiert!

Und deswegen gehe ich auf Distanz. Als erster Schritt meines Planes.

Jeden Tag suche ich eine Ausrede, um länger in der Uni zu bleiben.

Jeden Tag befinde ich mich nach dem Schließen der Lesesäle in dem kleinen Gebetsraum, der extra für die muslimischen Studenten angelegt wurde.

Jeden Tag sitze ich auf einem Gebetsteppich mit einem Koran in meiner Hand und rezitiere ihn bis Mitternacht.

Erst danach verlasse ich das Unigebäude, steige in mein Auto und fahre nach Hause, wo alle normalerweise schon eingeschlafen sind.

Und wie auch jeden Tag in den acht Monaten, die ich bisher auf der Universität verbracht habe, verlasse ich heute die kleine Moschee ruhig und zufrieden. Wie sollte es auch anders sein, nach dem rezitieren der Worte Allahs!

Meine Seelenruhe haltet jedoch nur solange an bis ich den Anruf bekam.

"Anne (=Mama), jetzt beruhige dich erst mal bitte", sage ich ins Handy so höflich es geht.

"Wie ich soll mich beruhigen, du fresches Mädchen? Habe ich dich so erzogen? Habe ich dir beigebracht unhöflich zu deinen Eltern zu sein? Zu deiner Mutter, die dich 9 Monate lang in ihrem Leib getragen hat, 9 Monate voller Qualen und schlaflosen Nächten?", schreit sie mir ins Ohr.

"Sechs.", korrigiere ich ihre Aussage. "Es war eine Frühgeburt, es waren nur sechs Monate!"

"Schäm dich du unerzogenes Mädchen! So redest du also mit mir und willst mir hier also auch Unterricht geben? Oh Allah, was ist denn nur aus der heutigen Jugend geworden? Alle asozial und belehren ihre erfahrenen Eltern! Diese Uni tut dir nicht gut, du solltest wieder zu unserer Religion finden! Denn du bist verloren unter dem Einfluss animalisch-denkenden Ungläubigen. Alles was denen interessiert ist der Trieb. Und du bist gerade auf dem besten Weg es ihnen gleich zu tun!", brüllt sie fast und ich kann nur hoffen, dass sie nicht noch alle aufweckt.

Mir reicht es langsam, sie übertreibt doch. Und wer bitte denkt animalisch, denn ich kenne niemanden der es tut!, denke ich mir genervt. "Hey Mama, bei allem Respekt, du verwechselst hier Religion mit Tradition! Und nur, weil ich den Heiratsantrag abgelehnt habe, weil ich den Typen einfach nicht liebe und auch nie lieben werde, heißt es nicht ich kehre meiner Religion den Rücken zu! Und ja, Liebe ist für mich die Voraussetzung für ei...", doch weiter komme ich nicht, denn ich werde in genau dieser Sekunde in die Luft geschleudert.

Ich knalle eine Sekunde später hart auf dem Boden und kann gerade noch die Silhouette eines Mannes mit einem Handy in seiner Hand erkennen, bevor meine Augenlider zufallen und ich in Ohnmacht falle.

Saved By Accident (SBA) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt