Vierundzwanzig Stunden

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Iris starrte den Tod an. Jemand sollte für einen Tag seine Schicht übernehmen und Menschen zum Tode verurteilen? Das war doch ein Witz!

„Deal?", fragte der Tod forsch.

„Ich mache es", wandte Rachel sofort ein. Diesmal starrte Iris sie an. War sie noch bei Sinnen? Solch ein Deal in unfair! Und Rachel hatte schon so viel für Celeste getan! Es reichte!

„Nein", schlug sie ein. „Ich werde es machen. Ich schulde Celeste auch." Der Tod nickte nur und zog seinen Ring aus. Er hielt ihn Iris hin. Diese holte tief Luft.

„Pass nur auf, dass du keinen von uns erwischst", warnte Rachel grinsend und stemmte den Ellbogen auf die Schulter des Todes. Iris nickte und streifte sich den Ring über den Zeigefinger.

Iris war plötzlich in einer Stadt.

„Du bist also der neue Boss?", fragte eine männliche Stimme hinter ihr. Da stand ein junger Mann mit schwarzen Haaren. Er trug einen Anzug und eine strenge Krawatte.

„Scheint so", gab sie zurück und musterte den Ring an ihrem Finger.

„Die Regeln sind einfach. Du tötest jeden, der auf der Liste steht und ich sammle die Seele ein", erwiderte er unfreundlich. Iris nickte nur. Ein Tag. Vierundzwanzig Stunden.

Der Mann hielt ihr die Hand hin. „Ich bin Will", stellte er sich vor. Zögernd nahm Iris die hingehaltene Hand und war plötzlich woanders. Sie waren in einem Geschäft. Oder in einem Lagerhaus. Ein Kind saß gefesselt auf dem Stuhl und ein Mann stand vor ihm.

„Wer wird hier sterben?", verlangte sie zu wissen. Der Mann zog eine Pistole und richtete es auf das wimmernde Kind. Plötzlich lässt er die Waffe fallen und griff sich an die Brust. „Herzinfarkt?", fragte Iris. Der Mann lag zuckend auf dem Boden. Sie verschränkte die Arme.

„Na los, fass ihn an", drängte Will sie. Iris verdrehte die Augen.

„Lass ihn noch etwas rumzappeln. Der Tod ist eine Erlösung für ihn", meinte sie nur. Nach ein paar Minuten, berührte sie ihn dann an der Hand. Er hörte auf zu zucken und starrte geradeaus.

„Warum?", fragte eine Stimme hinter ihr. Iris schrie erschrocken auf und ging in Kampfposition. Hinter ihr stand der Typ. Sie sah verwirrt zwischen der Leiche und ihm hin und her.

„Weil du ein Arsch bist", sagte sie kalt. Sie sah wie Will sich ein Grinsen verkneifen muss und ihn dann an der Schulter packte.

„Gehen wir", erklärte er und schob den Entführer hinaus. Dann war Iris plötzlich in einem Krankenhaus. „Das Mädchen", sagte Will.

Iris starrte. Das Mädchen war vielleicht zehn. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn. Ihr Atem ging flach. Iris wäre in diesem Moment so gerne wieder ein Vampir. Ihr Blut könnte sie heilen.

„Doktor, wird die Operation sie retten?", hörte sie eine weibliche Stimme hinter sich. Sie drehte sich um und sah eine Frau mittleren Alters mit einem Arzt diskutieren. Eine Krankenschwester betrat das Zimmer und weckte das schlafende Mädchen.

„Laurie, es ist Zeit", sagte sie freundlich und lächelte aufmunternd. Das Mädchen, Laurie, rieb sich die Augen und lächelte ebenfalls. Die Schwester schob ihr Bett aus dem Zimmer.

„Was hat sie? Wie wird sie sterben?", Iris wandte sich wieder an Will. Dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Ihre Herzkammer ist kaputt. Sie wird die Operation nicht überleben", meinte er nur. Iris sah dem Mädchen nach, wie sie langsam aus dem Sichtfeld verschwand. Nein. Sie war so jung.

A Vampire's Tears (Gray x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt