Kapitel 1

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Heute ist Samstag.
Ich bin gerade dabei mein Zimmer aufzuräumen, naja sofern man diesen Raum als Zimmer bezeichnen kann. An den Wänden ,an denen die alte Tapete mit dem blassgelben Muster an einigen Stellen abgerissen ist, kann man schon die Backsteinblöcke erkennen aus welchen dieses Haus vor bestimmt 100 Jahren gebaut worden war. Mein 'Bett' ,bestehend aus einer alten Matratze die ich mal vor dem Haus eines reichen Schnösels als Sperrmüll aufgegabelt hatte, steht rechts in der Ecke mit einer hellblauen Decke die mich nur schwer diesen Winter warmhält.Über meinem Bett ist ein Fenster welches mir tagsüber genügend Licht spendet. Daneben liegt eine kleine Nachttischlampe für die ich im Winter wahrscheinlich alle zwei Wochen neue Batterien kaufen muss. Ja, richtig gehört Batterien denn hier gibt es keinen Strom. Was war auch anders zu erwarten. Gegenüber von meiner Matratze ist meine Tasche die auf einem Kleiderhaufen bestehend aus 2 Hoddies, ein paar shirts, einer Lederjacke,2 Jeans und einer jogginghose liegt. Aber ich kann mich nicht beschweren, es ist besser als auf der Straße zu wohnen wo man nie ein Auge zudrücken kann, in der Angst jemand würde sich dir nähern. Das letzte aus meiner spärlichen Einrichtung in meinem 16 m² Zimmer ist die mittelgroße Holztruhe die ich gerade vor meine Matratze lege. Als ich mich setzte spüre ich wie die Matratze sich unter mir senkt und die Eisenfedern heruntergedrückt werden was ich durch ihr verräterisches Quietschen heraushören kann. Ich überschlage meine Beine so, dass ich auf der Kante der Matratze im Schneidersitz sitze. Ich habe nicht vor den Inhalt der Truhe aufzuräumen aber sie zu öffnen reizt mich jedesmal. Damit ich jedesmal wieder erkenne was ich einst hatte und mich jedesmal dieses Stechen in meiner Brust erinnert was ich jetzt habe. So auch dieses Mal. Meine kalten Finger fahren die Konturen der rechteckigen Truhe nach. Sie ist ungefähr so groß wie zwei meiner Hände. Ich fahre über das trockene Holz bis hin zum kleinen silbernen Klappöffner. Langsam Klappe ich den Riegel nach oben und öffne schließlich nach einem Atemzug die Truhe. In ihr ist meine Hoffnung, meine Erinnerung. Ich greife zur Kette die über dem umgedrehten Bild meiner Familie liegt. Es ist eine ganz simple und filigrane Kreuzkette die einmal meiner Mutter gehörte. Sie trug sie immer jeden Tag und jede Nacht. Ich weiß sie würde wollen, dass ich sie trage aber ich konnte das nicht mit meinem Herzen vereinbaren also ließ ich es. Ich fahre einmal mit dem Daumen die Streifen des Silbers nach. Die Erinnerungen kommen langsam vor meinem inneren Auge wieder hoch. Ich sehe rot und schwarz und gelb und orange. Ich sehe diese Farben und sie erdrücken mich. Ich nehme die Kette meiner Mutter fest in beide Hände und drücke sie mir fest an die Brust in der Hoffnung ich würde die Nähe meiner Mutter spüren. In der Hoffnung sie würde jetzt neben mir sitzen, mich in den Arm nehmen, mir über mein Haar streichen und leise in mein Ohr flüstern das alles gut wird und sie bei mir ist. Ich kneife meine Augen fest zu und eine einzelne stumme Träne findet ihren Weg raus und rollt über meine linke Wange bis sie an meinem Kinn auf mein Knie tropft. Ich spüre die kleine Nässe die sich auf der dünnen Hose gebildet hat. Ich bin wütend auf mich,meine Mutter, meinen Vater, meine Familie und dir ganze Welt. Um einen Zusammenbruch zu vermeiden öffne ich widerwillig meine Augen und fahre mir energisch über die blasse Haut meiner Wange. Ich lege die Kette zurück und will nach dem Bild greifen als mich etwas aufhält. Mein Herz. Es ist als würde es vor Gnade winseln um diesen Anblick nicht aushalten zu müssen. Meine Hand verkrampft sich und ich verharre so eine Sekunde bis ich schließlich meine Hand wegziehe und teils gegen meinen Willen die Truhe schließe. Ich denke das wars dann wohl mit dem aufräumen. Frustriert fahre ich über mein Gesicht und sehe auf den kleinen Wecker der neben meinem Kleiderhaufen liegt. Es ist 17.38 uhr. In 22 Minuten fängt meine Schicht im Pub an also ist es Zeit mich langsam fertig zu machen. Ich stehe auf und gehe zu meinen Klamotten rüber wo ich mir eine ganz simple schwarze Jeans nehme ein graues Top und meine alte Lederjacke. Ich gehe in das angegrenzte Badezimmer und ziehe mich schnell um. Mein Badezimmer ist ganz minimalistisch gehalten so wie der Rest auch. Ein alten Waschbecken, darüber ein Spiegel, eine Toilette und eine Badewanne mit einem Dunkelroten Duschvorhang davor. Das duschen lasse ich aus weil ich keine Zeit mehr habe und ich Wasser sparen muss, sodass ich nicht jeden Tag duschen kann. Ich gehe auf die Toilette, Wäsche meine Hände und mein Gesicht und blicke letztenendlich in den Spiegel. Meine dunklen Haare fallen mir fahl über meine blasse Haut. Ich habe dunkelgrüne Augen die von schwarzen Wimpern umrandet sind. Die Augen die einst so strahlten sind matt und ohne Glanz. Und die Haut die einst eine gesunde Bräune hatte ist blass und kalt.
Ich fahre mit den Fingern über mein Gesicht und will wieder darüber klagen wieso ich mir das antue als ich mich zwinge wegzugucken und nach meiner Zahnbürste greife. Ich putze mir die Zähne und Schmiere mir widerwillig etwas Concealer unter meine tränendurchlaufenen Augen. Wenigsten hatte ich genug Geld um mir ein gepflegtes Äußeres zu leisten. Und so ungern ich mir jetzt Mascara durch meine Wimpern streiche muss ich es tun. Der perverse Alte der sich mein Chef nennt verlangt es , er meint 'die Kunden kommen um sich auf etwas schönes zu betrinken, was denkst du hab ich dich sonst eingestellt?!' . Als ich halbwegs zufrieden bin und denke das es genug ist gehe ich raus aus dem Badezimmer, ziehe meine schwarzen Boots an nehme meine Tasche und den Schlüssel für meine 'Wohnung' und gehe aus dem Haus.

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Gibt mir irgendwie feedback durch ein like oder Kommentar damit ich weiß ob ich weiter schreiben soll 💋

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