Eine Weile starre ich einfach nur fassungslos in den Baum, bis ich schließlich wieder anfange zu atmen.
"Scheiße! Wir müssen sofort weg hier!" sage ich zu Shirin, während ich immer noch in den Baum starre.
"Hey, alles ist gut. Ihr braucht keine Angst vor uns zu haben!" versucht uns Marcello zu beschwichtigen.
Ich gucke zu Shirin herüber, die anscheinend den selben Gedanken hat, wie ich. Weg hier! Wir springen gleichzeitig von der Tischtennisplatte und rennen so schnell es geht in Richtung ihres Zuhauses. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Marcello und die Jungs, die vorhin den Siebtklässler verprügelt haben, hinter uns herrennen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir bei ihrem Haus an, doch leider sind uns die Jungs zuvor gekommen. Denn direkt vor der Tür stehen ein paar Jungs und hinter uns ist Marcello mit den restlichen Jungs. Scheiße! Wir sitzen in der Falle...
Ich versuche mich an den Jungs vorbeizudrängeln, was natürlich leider nicht klappt.
"Moment, wo willst du hin, kleine?"
"Lass mich und meine Freundin durch" knurre ich ihm wütend entgegen.
"Warum sollte ich?"
"Ich rufe die Polizei, wenn ihr uns nicht sofort durchlässt!"
"Und? Wie willst du das ohne Handy tun?"
Ich will gerade etwas erwidern als ich mich verwirrt umdrehe. Verdammt! Marcello hält mein Handy in seiner Hand! Ich renne zu ihm und versuche ihm mein Handy wegzuzerren aber da er größer ist als ich und er den Arm nach oben hin ausgestreckt hält, habe ich keine Chance.
Solangsam gehen mir die Ideen aus, da geht plötzlich die Tür auf und Shirin's direkte Nachbarin Frau Weber kommt heraus. Sie ist schon sehr alt und relativ klein.
"Was ist den hier los?"
"Die laufen uns die ganze Zeit hinterher und der Junge dort hat das Handy meiner Freundin genommen!" erklärt Shirin aufgebracht.
"Hey, lasst sofort die Mädchen in Ruhe! Und du, gib ihr sofort das Handy zurück aber zackig! Na, wird bald? Ich rufe gleich die Polizei!" Frau Weber schreit mit einer solchen Lautstärke los, dass die Jungs sich total erschrecken. Marcello gibt mir mein Handy zurück und verschwindet mit seinen Kumpels. Wir bedanken uns noch schnell bei Frau Weber und gehen dann nach oben.
Wir gehen, oben angekommen, auf den Balkon und reden. Bis mein Blick auf die Bäume fällt.
"Wir müssen aufpassen die Bäume haben Augen und Ohren!"
In den Bäumen sitzen die Jungs und hören uns mal wieder zu.
"Stimmt, du hast recht. Lass uns reingehen."
Kurze Zeit später muss ich leider schon wieder nach Hause gehen und so mache ich mich auf den Weg zum Bus.
Ich laufe schnell die Treppen runter und gehe geradewegs zur Tür. Ich sehe, wie sich hinter mir ein Schatten aus der Dunkelheit löst. Da ich mir schon denken kann, wer mir folgt, werde ich schneller und knalle hinter mir die Tür zu. So schnell ich kann laufe ich zum Bus und als ich dort ankomme, stelle ich fest, dass ich meinen Verfolger abgehängt habe.
Auf meinem Handy schalte ich ein neues Lied ein. Ich stelle die Musik etwas lauter und träume vor mich hin. Plötzlich sehe ich ihn auf der anderen Straßenseite. Er steht einfach nur da und starrt mich an.
Ich hoffe, dass der Bus schnell kommt und versuche ihn zu ignorieren. Was leider nicht so gut klappt, wie ich es mir vorstelle.
Nach zehn Minuten kommt endlich der Bus und ich bin so unendlich froh ihn, zumindest für heute, loszuwerden.
Ich steige in den Bus ein und stelle mich an die Tür. Im Bus ist kaum einer und die paar Leute, die im Bus sitzen, gucken auf ihre Handys.
Auf einmal spüre ich sehr dicht hinter mir jemanden genau in meinen Nacken atmen. Draußen fängt es bereits an zu dämmern und die Beleuchtung im Bus geht an. Ich sehe ihn in der Spiegelung der Glasscheibe. Er steht direkt hinter mir und ich könnte wahnsinnig werden. Besser gesagt, ich bin kurz vorm durchdrehen. Der Bus hält an keiner Bushaltestelle an, weshalb ich relativ schnell den Stoppknopf drücken kann um an meiner Haltestelle auszusteigen. Ich merke, dass er mir zuvorgekommen ist, da unsere Hände sich jetzt berühren. Ich zucke schnell zurück aber es ist zu spät. Er umfässt meine Hand und hält sie mit eisernem Griff fest. Ich spüre einen stechenden Schmerz in meiner Hand. Dann endlich lässt er meine Hand los und die Türen des Busses öffnen sich. Schneller als je zuvor laufe ich zum zweiten Bus, da ich an dieser Ecke immer umsteigen muss. Dicht gefolgt von ihm überquere ich zwei Straßen und laufe zur nächsten Haltstelle. Zu meinem Glück kommt gerade ein Bus. Allerdings lässte er nicht von mir ab und steigt auch in diesen Bus ein.
Nach zwei Stationen steige ich an meiner endgültigen Haltestelle aus, laufe über die Straße und werde gleich darauf wieder nach hinten gezogen. In meiner Panik habe ich ein heranfahrendes Auto nicht bemerkt. Mit quietschenden Reifen hält der Fahrer an und brüllt los vor Wut. Zum Glück höre ich aber nicht, was er sagt, weil ich immer noch meine Kopfhörer drin habe und sehr laut Musik höre. Schimpfend fährt der Autofahrer davon und mir steckt der Schock immer noch in den Knochen. Marcello, der mich mit beiden Armen gepackt und nach hinten gezogen hat, zieht mir jetzt beide Kopfhörer aus den Ohren.
"Sag mal, spinnst du? Du kannst doch nicht einfach vor ein Auto laufen!"
Idiot! Wärst du nicht hier, wäre ich auch nicht einfach so ohne zu gucken über die Straße gelaufen! Den Teil denke ich mir allerdings nur, weil ich momentan nicht in der Lage bin auch nur ein vernünftiges Wort herauszubringen.
Eine ganze Weile laufen wir nun stillschweigend nebeneinander. An einem etwas schmaleren Weg, drängel ich mich an ihm vorbei und laufe nun vor ihm. Gerade als ich um die Ecke laufen will, knalle ich beinahe mit jemanden zusammen.
"Hab ich mich erschreckt. Hallo Hübsche, was machst du den hier so ganz alleine? Es wird doch schon dunkel. Hast du keine Angst?"
Mein Herz bleibt stehen. Die Person vor mir ist dunkel gekleidet und wankt leicht hin und her. Eine unangenehme Bierfahne schlägt mir entgegen.
"Sie ist nicht allein!" sagt Marcello mit einem Tonfall, den ich nicht richtig zuordnen kann.
"Oh, tschuldigung! Na dann, einen sch-schönen Abend noch" hicksend schwankt der Unbekannte davon.
"Wenn du mich nicht hättest, dann... Du kannst dir auf jeden Fall sicher sein, dass ich dich nicht mehr aus den Augen lasse und dir nicht mehr von der Seite weichen werde!"
Leise seufze ich auf. In dem Moment bin ich echt froh, dass es so dunkel ist und er nicht sehen kann, wie ich meine Augen verdrehe.
Ich laufe jetzt immer schneller bis ich schließlich an der Straße ankomme. Er stellt sich vor mich und breitet seine Arme so aus, dass ich nicht an ihm vorbeikomme. Er guckt erst rechts, dann links. Kein Auto ist weit und breit zu sehen also nimmt er meine Hand und geht mit mir über die Straße. An der anderen Straßenseite lässt er meine Hand los. Ich krame auf dem Weg zur Haustür meine Schlüssel heraus. An der Tür angekommen schließe ich auf und laufe die Treppen bis nach oben zu meiner Wohnung. Ich stecke den Schlüssel ins Schloss und schließe zweimal herum. Ist meine Mutter nicht zuhause? Ach, stimmt. Sie hat heute Spätdienst!
"Kann ich mit reinkommen?"
Ich schüttel mit meinem Kopf.
"Komm schon, ich weiß eh, dass du allein bist." flüstert er mir jetzt leise ins Ohr.
Ich schlüpfe in die Wohnung hinein und knalle die Wohnungstür zu.
Marcello, der sein Fuß zwischen Wand und Tür geklemmt hat, verzieht nun das Gesicht. Ich stoße ihn leicht nach hinten und schließe die Tür, dann schließe ich bis zum Anschlag ab. Durch den Spion sehe ich, wie er sich auf die Treppenstufen vor der Tür hinsetzt. Ich gehe in mein Zimmer lege meine Sachen ab, schnappe mir meinen Schlafanzug und gehe ins Badezimmer.
Im Badezimmer streife ich meine Klamotten ab, ziehe meine Schlafsachen über, putze mir die Zähne und tauche mein Gesicht in eiskaltes Wasser. Danach gehe ich wieder in mein Zimmer und lege mich in mein Bett. Es dauert eine ganze Weile bis ich einschlafen kann aber schließlich bin ich im Land der Träume.
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Der alltägliche Schulwahnsinn
Ficção AdolescenteJeder kennt den alltäglichen Schulwahnsinn: nervige Lehrer, nervige Mitschüler, viel zu viele Hausaufgaben und viel zu wenig Freizeit und nebenbei wird einem der Kopf von einem süßen Jungen verdreht. Hier erzähle ich euch die lustigen, traurigen und...