Shakku - Eine Japanische Geistergeschichte

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Eine eisige Windböeblies Nanami fast von ihren Füssen, als sie zielstrebig die KüsteEdos nach einer Dschunken absuchte. Nicht nur jedebeliebige Dschunken,nein, sondern das Schiff, auf dem ihr Bruder vor acht Mondendavongesegelt war. Das Schiff, auf dem ihr Bruder vor sechs Mondenstarb.

Noch ein Windstossliess sie ihr Gleichgewicht verlieren. Sie strauchelte und zucktezusammen, da ihr dünner Jimbei den Wind ungehindert an ihreHaut liess. Ihr Nacken war schon ganz steif vor Kälte. Das Mädchengriff nach ihrem langen schwarzen Haar, auf das sie immer so stolzgewesen war, um sie sich, wie üblich, wie einen Schal um ihren Halszu schwingen, doch das Einzige was sie zu fassen bekam waren kurze,stachelige Stoppeln, die mehr von ihrer Kopfhaut entblössten, alsverdeckten. Das war alles, was von ihrem prächtigen Haarübriggeblieben war. Sie hatte sie heute Morgen alle abgeschnitten.Ihre Haare hatte sie dann an einen Puppenmacher verkauft und dabeieinen guten Batzen verdient, allerdings lange nicht genug um sicheinen richtigen Kimono zu kaufen. Ohne anständigen Kimono, fürchtetesie, würde sie den nah stehenden Winter Edos nicht überstehen, denndas Land auf den ihr Unterschlupf stand, eine verlasseneBauernscheune, wurde überraschend vom Kogen eingefordert,samt aller Kleider, Geld und Werkzeuge die Nanami und Kano, ihrBruder, mühsam über Jahre hinweg gesammelt hatten.

Es traf sie wie einStich: Eins nach dem anderen wurde ihr entrissen. Zuerst ihr Bruderund dann ihr Heim. Das Einzige, was ihr noch geblieben war, war derJimbei ihres Bruders.

Vielleicht hatte sie esverdient.

Alleine die Tatsache,dass sie ihre Haare abgeschnitten hatte, den Jimbeieines Toten trug und auf dem Weg zu seiner Dschunkenwar, bewies, dass sie es verdient hatte.

Nanami verachtete sichfür das, was sie gleich tun würde, aber es ging einfach nichtanders.

Vielleicht war es aberauch nicht ganz schlecht. So, konnte Kano anstelle von Nanamiweiterleben, genau so, wie sie es sich immer gewünscht hatte.

Ja. Kano würde lebenund Nanami würde sterben.

So sollte es auch sein.

Hinter einemFelsvorsprung ragte ein rotes Segel in die Höhe. Sie lief schneller.

Konnte es wirklichsein? Ist das Schiff wirklich zurückgekehrt? Der Gaukler hattevorhin also die Wahrheit erzählt. Natürlich! Wie konnte esnicht zurückkehren? Immerhin hat Kano auf diesem Schiffgearbeitet. Sie wusste es. Die Städtler lagen alle falsch. DasSchiff ist nicht gesunken.

Als sie näherkam, sahsie einige Crumitglieder, die hektisch ihre Arbeit erledigten. Da warder alte Yamada, der für die Reparaturen zuständig war, Akito, derErster Offizier und natürlich auch Kenji, der Kapitän. Zwar hattesie die Mannschaft des Schiffs noch nie getroffen, aber dennocherkannte sie diese drei Menschen sofort. Ihr Bruder hatte ihr so vielvon ihnen erzählt, dass sie schon das Gefühl hatte sie jahrelang zukennen und sie freute sich von Herzen, dass mindestens sie esgeschafft hatten zurückzukehren. Freudig winkte sie ihnen zu, wassie allerdings schnell wieder bereute, da der Wind ihre wenigen, bisvor kurzem noch geschützten, Körperstellen erreichen konnte.

Jetzt hatte der alteYamade sie entdeckt. Es gab kein zurück.

Er rannte ihr entgegenund schluchtste:"Kano? Bist du es wirklich?"

Er drückte sie ansich.

Nanami schaute zuBoden.

„Bei den siebenWeltmeeren! Ich hätte nie zu hoffen gewagt dich jemalswiederzusehen, seitdem du beim Taifun über board gingst. Lass dichansehen! Du hast abgenommen! Komm an Deck, wir werden dich schon nochaufpeppeln!"

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