Kapitel 1 - Schwere Taten haben Folgen..

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Kapitel 1

Es war Sommer. Heiß, schwül, trocken. Eher unangenehm für jemanden, der Eis, Kälte und frostige Temperaturen bevorzugt. Temperaturen, die unter den Gefrierpunkt gehen sind einfach die Besten, denn die stechenden Schmerzen der Kälte geben Einem das Gefühl lebendig zu sein. Außerdem verschafft kühle, feuchte Luft einen klaren Kopf und erleichtert das Nachdenken, fast so wie Wasser -kaltes Wasser natürlich.

In diesem Augenblick hätte ich mir eiskaltes Wasser gewünscht, dass meinen heftigen Durst lindern und den pochenden Schmerz in meinem Rachen und auf meiner ausgetrockneten Zunge besänftigen würde. Etwas angenehmere, kühlere Temperaturen hätten mir diese Situation ebenfalls erleichtert.

Aber all das ist wirklich mein kleinstes Problem. Ich musste umgehend zusehen, wie ich mich nur aus dieser Falle befreien könnte. Seit einer Ewigkeit hänge ich schon an diesem Baum, allein, einsam. Hier haben sie mich zurückgelassen -meine Mitschüler.

Der Pausenhof war leer, also gab es weit und breit niemanden, der mir nun helfen könnte, mich aus dieser Schlinge zu befreien. Gerade war Unterricht und alle Schüler waren in ihren Klassen, seit genau zehn Minuten. Ja, seit exakt zehn Minuten hänge ich nun hier an der großen Eiche am Ende des Pausenhofs, ziemlich weit abgelegen vom Schulgebäude. Hier war es düsterer, als auf dem restlichen Teil des Schulgeländes, da nur wenig Sonnenlicht diesen Abschnitt erreichte. Das lag wiederum an der großen Mauer, die sich entlang des gesamten Schulgebietes erstreckte und die Schule von der Außenwelt abgrenzte. Sie war meine einzige Rettung, da sie mir dank ihrer Größe reichlich Schatten spendierte. Na ja, dadurch besserte sich meine Lage jedoch auch nicht, ich spürte immernoch diese schreckliche Hitze! Meine gesamte Kraft raubte sie mir, sodass ich es nicht einmal schaffte meinen Kopf zu schütteln und meine Arme zu bewegen, obwohl ich sonst eher zu den Leuten gehöre, die körperlich fit sind und viel Sport treiben. Vielleicht liegt das daran, dass sie mich ausgerechnet kopfüber aufgehängt haben, damit mir das ganze Blut in den Kopf steigt und diese Situation noch unerträglicher wird, als sie schon ist! Normalerweise fällt mir Denken in solchen Momenten sehr schwer, aber dieser Gedanke war so einleuchtend, er wäre mir selbst im Schlaf eingefallen!

Zurück zu meinem Probelem. Also, ich hänge nun seit über fünfzehn Minuten an einem Baum, der sich wahrscheinlich am finstersten Ort der ganzen Schule befindet. Meine Beine wurden mit einem Seil festgebunden, dessen Ende an einem so dicken Ast befestigt ist, dass er nicht einmal in tausend Jahren überhaupt drohen würde zu zerbrechen. Okay, es wäre nicht gerade die beste Lösung den Ast zu zersägen und dann runterzukommen, da ich knapp einen Meter über dem Boden hänge. Ich würde höchstwahrscheinlich auf mein Gesicht fallen und das Ergebnis wäre mir zu blutig und viel zu schmerzhaft. Wie gesagt, mein Blick ist starr auf den Asphalt gerichtet, sprich, ich wurde so aufgehängt, dass das Blut nur so in meinen Kopf strömt. Wenn ich jetzt einen Spiegel vor mir hätte, würde ich hundertprozentig auf ein rotangelaufenes Gesicht blicken mit einem Gesichtsausdruck, der finsterer ist, als dieser Ort!

Verflucht! Ich will endlich runter! Das unangenehme Gefühl verwandelte sich nun zu unerträglichen Todesqualen. Kann denn nicht endlich jemand hier vorbeilaufen und mich runterholen, bitte?! Machte sich überhaupt jemand Sorgen darüber, warum ich nicht zum Unterricht erschienen bin? Zumindest ein Lehrer? Mit letzter verbliebener Kraft begann ich zu rufen: >>Hilfe!<<. Ich stemmte mich etwas höher und versuchte es erneut, lauter und viel deutlicher: >>Hilfe!<< . Sehnsüchtig erhoffte ich mir, dass mich jemand gehört hatte - irgendwer.

Mein Hals wurde ganz rau und meine Stimme versagte. Noch einmal versuchte ich mich aufzurichten und die Schlinge, die um meine Beine gefesselt war aufzuknoten. Bei jeder kleinen Bewegung ergriffen mich erneut Hitze, Schwindelattaken, Krämpfe, Kopfschmerzen, Übelkeit und etwas Neues - es waren Panik, Angst.

Ich verlor immer mehr die Kontrolle über meinen Körper. Das Blut raste durch meine Adern, schoss direkt in meinen Kopf und mein Herzschlag wurde immer schneller und stärker, sodass ich das Gefühle hatte, es würde gleich meine Brust zerreißen. Auch das Atmen viel mir schwerer und die Hitze machte es nicht gerade erträglicher. Ich spürte, wie schwer meine Augenlider wurden durch das viele Blut, was sich in ihnen gesammelt hatte. Tränen rannen über mein Gesicht, vor meinen Augen bildete sich Dunkelheit und mein letzter Gedanke war, dass ich diese Schule verfluche, wenn ich genau an diesem Tag sterben sollte.

Im Reich der TotenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt