Prolog

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Vorsichtig linste die junge Elbin um die Ecke. Niemand war zu sehen. In ihrem langen weißen Nachtkleid huschte sie über den Flur und zog dabei einen Schleier dunkler Haare hinter sich her.
Sie bewegte sich leise wie ein Wolf ,bedacht darauf ja nur kein Geräusch zu machen. Als sie am Arbeitszimmer ihres Vaters vorbei schlich hielt sie den Atem an. Auf Zehenspitzen stahl sie sich an der Tür vorbei, wartete bereits darauf das jemand herauskam und sie erwischte, doch alles blieb still. Erleichtert atmete sie aus. Mit leichtem Herz setzte sie ihren Weg fort. Das Schwierigste hatte sie geschafft. Nun musste sie es noch schaffen die Treppen nach unten zu laufen, ohne dass eine der Wachen sie bemerkte. Glücklicherweise hatte sie ihre eigene, ganz persönliche Geheimtreppe, von der fast niemand wusste. Als eine der Stufen knarrte drückte sie sich zitternd an den Baum. Angespannt wartete sie darauf, dass die Wache sich wieder umwandte, ehe sie ihren Weg fortsetzte. Endlich am Fluss angekommen seufzte sie erleichtert auf. Zufrieden kuschelte sie sich in die kleine gemütliche Grube, die sie sich dort geschaffen hatte. Sie liebte es dem Fluss zuzuhören. Er erzählte seine ganz eigene Geschichte und jedesmal auf dieselbe, beruhigende Weise.
Und doch erzählte er immer andere Geschichten. Er berichtete ihr von den Waldläufern die durch die Wälder streiften, von den ruhigen, behaglichen Leben der Hobbits im Auenland, von den großen Männern Gondors, von den wilden Reitern Rohans, den Rohirim. Doch am meisten interessierten sie die Geschichten die er ihr aus dem Reich des Grünwaldes zutrug. Er erzählte ihr von den prächtigen Palästen dort, von den wundersamen Pflanzen und Geschöpfen, von den kriegerisch begabten Elben, die bekannt für ihr Geschick im Bogenschießen waren, und natürlich vom König. Einmal hatte ihr der Fluss ein Bild von ihm gezeigt. Sie hatte in seine kristallenen Augen geblickt.
Und war fasziniert. Noch nie hatte sie einen solchen Elben gesehen. Sie schreckte hoch, beim Knacken eines Astes. In der Nähe bewegte sich etwas.
Leise lief sie in die Richtung aus der sie das Knacken gehört hatte. Hinter einem hohen Baum blieb sie halb versteckt stehen und beobachtete das Schauspiel das sich ihr darbot. Dort, auf einem steinernen Tisch stand eine Schale, gefüllt mit klarem, reinen Wasser. Ein kleiner Wasserfall plätscherte in ein Becken dahinter. Neugierig trat die junge Elbin näher. Das Wasser schien silbrig zu glänzen. Vorsichtig beugte sie sich über die Schale. Ein Bild erschien mit einem Mal auf der Oberfläche.
Eine Elbin, mit langen dunklen Haaren. Sie lachte und redete, um sie herum ein Fest. Im Hintergrund sah man einen blonden Elben. Er beobachtete sie, aus kristallenen Augen.
Die Szene wechselte.
Der blonde Elb stand nun zusammen mit der dunkelhaarigen Elbin an einem mondbeschienenen Teich. Sie redeten miteinander.
Erneut wechselte die Szene.
Wieder war der blonde Elb zu sehen. Er schrie etwas, seine Augen blitzten vor Wut. Wen er anschrie, konnte man nicht sehen.
Wieder wechselte die Szene.
Sie trug eine blutverschmierte Rüstung und kniete auf dem Boden. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
" Nein, du wirst nicht sterben. Ich verbiete es dir! Hörst du! "
Eine Hand strich ihr über die Wange. Sie presste sie an ihr Gesicht und küsste sie.
" Es war alles gut so, hörst du!
Es war alles gut so. "

Das Glitzern der Sterne Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt