trío de tango

Olle Kamellen

Völlig gerädert werde ich durch den Wecker meines iPhones geweckt. Natürlich habe ich von Raoul geträumt! Ich ziehe mir Stallsachen an und gehe die Hühner füttern, denn ich habe Maike gesagt, dass sie nicht mehr kommen müsse. Sie war erleichtert. Zu meiner Überraschung treffe ich Jonas und Liv bei Gustl an, Jonas mistet aus, während seine winzige Tochter umständlich Futter in den Trog kippt.

„Moin! Bist du über Nacht doch zum Bauern mutiert?" schmunzele ich.

Jonas brummt etwas Unverständliches und Liv ruft:

„Morgen Elna!"

„Dir auch einen guten Morgen, Süße. Kommst du mit, Eier einsammeln?"

„Ja!" antwortet sie und tapst durch das Stroh. Jonas hebt sie über den Zaun und ich nehme sie entgegen, sie legt ihre kleinen Ärmchen um meinen Hals und ich seufze glücklich. Jonas' hübscher Blick trifft meinen und ich werde rot.

„Ich kann sie dir gerne mal ausleihen." schmunzelt er.

„Jederzeit! Na komm, Püppchen. Vielleicht finden wir ein goldenes Ei!"

Als wir nach getaner Arbeit ins Haus kommen, hat Veronika den Frühstückstisch gedeckt. Selbst Günther sitzt dabei und es ist irgendwie wie früher. Ich entschuldige mich leise bei Ben für mein Abdampfen von gestern und er lächelt mich versöhnlich an. Nur Laura schmollt wieder vor sich hin, während wir schon bei der Planung sind, das Haus zu renovieren.

„Ja, ein Wintergarten zur Südseite raus wäre doch toll, nicht?" fragt Veronika sie.

Laura zuckt mit den Schultern.

„Vielleicht." murrt sie und kratzt die Butter vom Brötchen, das Jonas für Liv geschmiert hatte.

Ich ziehe die Augenbrauen hoch und gucke ihn fragend an. Henning räuspert sich.

„Laura, lass der Kleinen noch was drauf. Sie braucht Fett."

„Misch dich da nicht ein!" faucht die Blondine und legt Liv das Brötchen mit der dünnen Wurstscheibe auf den Teller.

„Mama böse?" fragt Liv leise.

„Ja. Opa regt mich auf!" zischt ihre Mutter.

„Laura, jetzt ist genug. Verbreite deine schlechte Laune woanders." sagt Jonas ruhig und Laura guckt ihn wütend an.

„Weißt du was? Ich habe eine Entscheidung getroffen. Wenn du sie hören willst, komm mit nach oben." erwidert sie scharf, wischt ihre Hände zum hundertsten Mal ab und steht auf.

Liv will auch aufstehen, doch ich halte sie fest.

„Hey, du willst mich doch nicht alleine lassen?" schmunzele ich. „Wir wollten doch ein Erdbeeren- Wettessen machen!"

Liv grinst und kaum sind ihre Eltern aus dem Raum, schnappt sich Henning ihr Brötchen und schmiert es ordentlich. Als er fertig ist, hat Liv schon einen rot beschmierten Mund und ist mit fünf Erdbeeren im Vorsprung. Der Saft tropft auf ihr rosa Kleidchen und Veronika stöhnt.

„Das gibt Ärger. Elena, verleite sie nicht noch zu so einem Unfug!"

„Mama, du bist genauso ein Spielverderber wie Laura." tadelt Ben und stopft sich eine Handvoll Erdbeeren in den Mund.

Henning lacht und macht mit. Er ist mit den Jahren wieder fröhlicher geworden und ich freue mich für ihn. Schließlich sehen Tischdecke und unsere Gesichter aus, als hätten wir ein Blutbad veranstaltet. Günther, der alles still beobachtet hatte, murmelt:

„Ich wollte auch noch welche."

„Da hättest du wohl schneller sein müssen!" lacht Ben und Liv kichert.

Plötzlich wird sie blaß. Und dann spuckt sie das halbe Brötchen samt Erdbeeren auf meinen Schoß. Oh! Veronika zischt:

„Siehst du, das kommt davon! Und du bist auch Schuld, Henning, das Kind verträgt kein Fett."

Ben ist aufgesprungen und bringt mir ein Geschirrtuch. Ich tupfe den Schweinkram auf, damit es nicht runtertropft, wenn ich aufstehe. Liv heult, Henning und Veronika streiten und Günther guckt teilnahmslos. Ich beuge mich zu Liv und sage sanft:

„Es ist okay, Liv. Das ist nicht schlimm, hm?"

Ich stehe auf.

„Ja, deine Tante hat mich beinahe auch mal voll gekotzt." lacht Ben.

„Hör auf, nicht die ollen Kamellen!" lache ich.

Liv strahlt.

„Olle Kamellen! Olle Kamellen!" verlangt sie.

„Sorry, ich muss mich umziehen. Und Ben, pass auf, was du ihr erzählst." warne ich und flitze nach oben.