Ich dusche und ziehe mich um, packe die Klamotten in den Wäschekorb und gehe in den Keller. Dort treffe ich auf die verärgerte Veronika.
„Das Kleid ist aus reiner Seide, das geht nie wieder raus!" schimpft sie und hält anklagend Liv's rotbeflecktes Kleidchen hoch.
Ich lächle sie an.
„Weißt du noch, was Oma immer gesagt hat? „Wir sind hier auf einem Bauernhof und nicht auf einer Modenschau!". Nur unsere Hände sollten sauber sein und..."
„...es durfte nicht über's Essen genörgelt werden. Ja, ich weiß. Aber ich sehe das anders." schließt meine Tante.
„Hm. Ja, ich erinnere mich. Auch, wenn ich nicht sehr lange bei euch gewohnt habe." sage ich leise.
Veronika nickt und stopft ihre Sachen in die Maschine. Sie murmelt:
„Du bist eine hübsche Frau und könntest viel mehr aus dir machen. Warum trägst du immer nur dunkles Zeugs? Und deine Naturhaarfarbe ist viel schöner als dieses künstliche Lila."
„Ich mag es und bin trotzdem meinen Weg gegangen, Tante Veronika." entgegne ich ernst.
„Vielleicht beruflich, aber...naja, wieso bist du noch ledig?"
„Das hat andere Gründe als mein Outfit."
Die hellen Augen meiner Tante schauen mich traurig an und sie sagt:
„Du hast mir nie erzählt, was in Spanien vorgefallen ist. Ich weiß, du standest Mutter immer näher als mir, aber ich hatte Karina damals versprochen, mich um dich zu kümmern. Wir wollten dich eigentlich schon 1996 mit nach Kiel nehmen, aber Mutter war dagegen. Außerdem war unsere erste Wohnung zu klein gewesen. Vielleicht...hätte ich verhindern können, dass du weg gelaufen bist."
Ich lächle.
„Ist schon gut. Vorbei ist vorbei. Und sagen wir, mein Vater war ein sexistisches, übergriffiges Arschloch, das mir meine Beziehung zu Männern komplett ruiniert hat."
Veronika guckt bestürzt und raunt:
„Sowas habe ich mir fast gedacht. Warum hattest du dich die ganze Zeit nicht bei uns gemeldet? Jonas und Ben waren sehr traurig gewesen."
„Es war mir unangenehm, dass mein Traum zum Albtraum geworden war. Ich...hab mich furchtbar geschämt." antworte ich leise.
Plötzlich drückt Veronika mich an sich und ich muss schon wieder weinen. Sie hält mich eine Weile und wiegt mich sanft hin und her.
„Du bist wie Karina. So voller Herz." flüstert sie.
Das bringt mich fast um! Schließlich mache ich mich los und bedanke mich leise. Flitze hoch, um mein verheultes Gesicht auf Vordermann zu bringen. Atme tief durch und dann rufe ich Luis an, meinen Boss. Natürlich ist er nicht begeistert, dass ich aussteigen will. Obwohl ich ihm anbiete, von hier aus zu arbeiten, aber er lässt sich nicht darauf ein. Er bräuche mich vor Ort, denn ich wäre das Gesicht der Firma „Corazón Negra". Ich hatte mal gescherzt, dass es sehr gut passt, denn mein Zweitname ist Corazón- Herz und ich habe meist schwarze Klamotten an- negra. Wir vertreiben Möbel, die mit Herz gemacht werden und einen gotischen Charme an den Tag legen. Ich habe meine Wohnung damit eingerichtet, hab sie natürlich günstiger bekommen. Nun appelliere ich an Luis' Familiensinn, doch da er sich mit seinen Eltern zerstritten hat, komme ich damit nicht weit. Er ist schwul und sein Geschäftspartner und Designer Karsten ist sein Ehemann.
Schließlich verabschiede ich mich ohne Ergebnis.
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trío de tango
General FictionTango zu Dritt. Wo sich diverse jugendliche Heldinnen aus weltweit bekannten Stories schon öfter wieder gefunden haben, wird für Elena eine Herausforderung. Sie ist der Sprössling einer wohlhabenden norddeutschen Großfamilie, die ein Gut in der Nähe...