„Äh, Leute...können wir die alten Fehden mal sein lassen und nach vorne blicken?" murmele ich mit vollem Mund.
Jonas faucht mich an: „Einfach sein lassen? Er hat's mit meiner Frau getrieben! Aber noch schlimmer ist, dass er dich gestohlen hat! Du warst mein Ein und Alles. Bis dieses kleine Arschloch aufgetaucht ist und alles den Bach runterging!"
Ben gibt einen verärgerten Laut von sich und ich entgegne scharf: „Das hatte nichts mit Ben zu tun! Es war Martin's Tod, der uns entzweit hat, Jonas!"
„Das mag sein, trotzdem weiß Ben genau, wie er Leute manipulieren kann!" blafft Jonas zurück und seine hübschen Augen funkeln mich verärgert an.
„Hey! Noch ein Wort, und wir gehen vor die Tür, Jonas Petersen!" zischt Ben und ich zucke wieder zusammen.
„Hört jetzt auf!" brülle ich. „Jonas, setz dich hin, halt deine Klappe und iss. Und du, Ben, reiss dich zusammen!"
„Ach, dieser Scheißkerl darf mich ein manipulatives Arschloch nennen und du verteidigst ihn auch noch? Kannst sie behalten, Bro, ich verzichte!" faucht Ben und weg ist er.
Ich stöhne: „Verdammt! Ich will das alles nicht mehr. Will wieder zurück nach Berlin, zu meinen Katzen, meiner besten Freundin und meinen langweiligen, aber zuverlässigen Statistiken."
„Dito. Ich meine, ich will einfach nur dasitzen und über Hochdruckgebiete lamentieren, da kann wenigstens nix schiefgehen." seufzt Jonas und setzt sich neben mich.
Wir essen schweigend. Plötzlich rumpelt es unten laut und Geschrei ist zu hören. Wir springen auf und laufen los, um nach zu sehen. Die kleine Liv weint und klammert sich an Veronika, während Laura entsetzt in den Flur starrt. Henning brüllt: „Ben, hör sofort auf, sonst rufe ich die Polizei!"
Jonas stürzt um die Ecke und ich hinterher. Nun, Ben und Günther liegen im Clinch und prügeln sich. Jonas packt Günther und reisst ihn von Ben weg, und bevor Ben hinterher kann, habe ich ihn trotz seiner körperlichen Überlegenheit zu Boden verfrachtet. Er dreht sich herum und guckt perplex zu mir hoch.
„Taekwondo!" grinse ich und zucke mit den Schultern.
Nun, gleich nach dem Spanien- Erlebnis habe ich angefangen, verschiedene Kampfsportarten zu lernen. Damit ich die nächsten potentiellen Vergewaltiger so vermöbeln kann, dass ihnen Hören und Sehen vergeht! In Berlin war es schon ein paar Male hilfreich gewesen.
Jonas schleift Günther mit sich und ich höre, wie er energisch auf ihn einredet. Ben rappelt sich auf und verlässt das Haus. Ich laufe hinterher. Finde ihn in einer Scheune auf dem Dachboden. War nicht schwer, ich mußte nur dem Gedröhne nach gehen, das aus seinen Kopfhörern schallt. Ich hocke mich neben ihn, klaue mir einen Kopfhörer und lehne mich an die Wand.
„Hau ab. Ich bin ein manipulativer, gewalttätiger Junkie." knurrt er gegen "Psychosocial" an.
Ich nehme seine Hand. Er zuckt zusammen. Doch ich sage nichts und lausche dem geilem Sound aus seinem iPhone. Ich schaue mir seine Hände an, seine Fingerknöchel sind tatsächlich blutig und geschwollen. Dann hebe ich sein Gesicht. Das linke Auge schwillt auch langsam an.
„Bin gleich wieder da, okay?" murmele ich und will aufstehen.
Doch Ben legt seine Arme um mich und hält mich fest.
„Hey, ich will doch nur Eis holen..." sage ich sanft.
Keine Reaktion. Ich seufze und rutsche mit ihm in eine liegende Position. Ben kuschelt sich eng an mich und legt seinen Kopf auf meine Brust. Irgendwann beginnt er, zu zucken. Mein Shirt wird feucht. Oh, je! Ich streichle ihn zärtlich und flüstere ihm beruhigende Worte zu, wie früher. Doch natürlich ist es nicht wie früher. Sein warmer, sehniger Körper, sein herber Geruch... Nach einer Weile guckt er zu mir hoch. Wir schauen uns in die Augen und sein Gesicht kommt langsam näher. Ich drehe den Kopf weg. Ben versteift sich und sein Blick wird eisig. Ich hauche: „Bitte nicht."
Ben knurrt:
„Es ist wegen ihm, stimmt's? Du willst Jonas. Es war immer nur Jonas und nicht umgekehrt."
Er richtet sich auf und ich hauche: „Nein. Ich...ihr seid doch meine Cousins, wir sind wie Geschwister!"
Ich blicke ihn flehend an, doch Ben schüttelt seine Locken.
„Für mich warst du nie wie eine Schwester."
„Aber du hast mir vorhin versprochen, mich so zu behandeln."
„Ja, das habe ich, aber ich kann's nicht. Du bist einfach... vergiss es."
Ben stöhnt leise. Dann murmelt er:
„Tut mir echt leid, dass ich eben so aus getickt bin. Aber Günther hat genau meinen wunden Punkt getroffen."
„Was hat er gesagt?"
„Das erzähle ich dir lieber nicht." lächelt er nun und ich bin froh, dass er wieder etwas lockerer ist.
„Hey, muss ich etwa wieder meinen berühmten Knock- out- Griff anwenden, um es aus dir raus zu quetschen?" grinse ich.
Ben kichert.
„Hm, ist nicht schlimm, von dir flachgelegt zu werden..." raunt er und spielt mit meinem Pferdeschwanz.
„Wir wollten das lassen." knurre ich.
„Nein. Du willst das, ich nicht."
Ich springe so schnell auf, dass Ben erschrocken zusammen fährt.
„Zeit für's Bett. Morgen wird n harter Tag. Hast du schon deinen schwarzen Anzug gebügelt?" grinse ich.
Er schaut mit seinen hübschen Augen zu mir hoch und verzieht sein Gesicht.
„Nein. Aber du kannst mich doch jetzt nicht alleine lassen! Was, wenn ich heute Nacht an einer Hirnblutung sterbe?" grinst er.
„Oh...ja. Ist 'n Argument. Na, dann komm."
Ben springt auf und schnappt nach meiner Hand.
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trío de tango
General FictionTango zu Dritt. Wo sich diverse jugendliche Heldinnen aus weltweit bekannten Stories schon öfter wieder gefunden haben, wird für Elena eine Herausforderung. Sie ist der Sprössling einer wohlhabenden norddeutschen Großfamilie, die ein Gut in der Nähe...