Kapitel 6 ~ I need you here tonight.

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Gemma POV

HAU AB! LASST MICH EINFACH ALLE IN RUHE! MACH ES DOCH WIE SIE UND VERLASS MICH AUCH!“, hörte ich Harry schreien. Noch nie wurde er mir gegenüber lauter, dafür respektierten wir uns zu sehr. Es wäre untertrieben zu sagen, ich sei überrascht. Ich war geschockt. Wen meinte er mit sie? Wer hatte ihn einfach so verlassen? Sofort kam Sarah in meinen Kopf, aber ich verscheucht diesen Gedanken sofort wieder. Sie waren schon immer beste Freunde, wenn nicht sogar mehr, auch wenn keiner von beiden es sich je eingestehen würde. Und sie hätten mir doch gesagt, wenn sie Streit hätten. Oder?

„Geh einfach“, flüsterte Harry und riss mich somit aus meinen Gedanken. 

Langsam drehte ich mich um und fasste einen Entschluss. Sobald er das Zimmer auch nur für ein paar Sekunden verlassen wird, werde ich mit ihm reden. Er braucht mich jetzt, ob er will oder nicht.

Ich holte ein paar Kissen, eine Decke und mein Laptop und machte es mir an meiner eigenen Zimmertür, die gegenüber von Harrys lag, möglichst leise bequem.

Für manche scheint das vielleicht übertrieben zu sein, aber er war seit Tagen nicht aus seinem Zimmer gekommen und hat mir nicht mal hallo gesagt, obwohl ich für ein ganzes Jahr weg war. Ich werde für ihn da sein, ob er will oder nicht.

Nach einer starken Stunde öffnete sich langsam die Tür und ein schrecklich aussehender Harry starrte mich geschockt an. Bevor er auf die Idee kommen könnte, die Tür wieder zuzuschlagen, sprang ich auf und zog ihn einfach in eine Umarmung. Ich merkte, wie seine Mauer zu bröckeln begann, bis er schließlich die Umarmung erwiderte und mich noch fester an sich drückte.

Noch nie hatte ich ihn so gesehen. Seine Haare standen in alle Richtungen hab und er trug nur eine Jogginghose, aber das schockierende waren seine Augen. Sie hatten jeglichen Glanz verloren, schimmerten aber dennoch von den Tränen, die sich noch immer in seinen Augen sammelten. Sie waren rot unterlaufen und er sah vollkommen erschöpft aus. Ich wusste, dass er nicht krank war. Es scheint mir etwas viel schlimmeres zu sein und ich bin mir sicher, dass er mich jetzt braucht.

Ich löste mich langsam aus der Umarmung und nahm seine Hand, um ihn mit mir in sein Zimmer zu ziehen. Gemeinsam setzten wir uns auf sein Bett, aber keiner sprach etwas. Ich wusste, dass ich ihm Zeit lassen musste, also wartete ich. Mein Blick glitt durch sein Zimmer, und blieb an dem Scherbenhaufen hängen. Er hatte also einen Bilderrahmen umgeworfen. Ob mit Absicht, wusste ich nicht, war mir jedoch sehr sicher. Das Bild, das darin war, konnte ich nicht erkennen, viel mehr sah ich gar keines, traute mich aber nicht, danach zu fragen.

„Es tut so weh“, flüsterte Harry plötzlich, doch ich konnte ihn nur gedämpft verstehen, da er seine Hände vor sein Gesicht geschlagen hatte.

„Aber ich kann nichts mehr ändern. Ich will nichts ändern. Es bleibt alles so wie es ist“, sagte er jetzt lauter. Ich verstand gar nichts und beschloss, abzuwarten ob er noch weiter erzählt.

„Ich hab sie verloren“, fuhr er mit gebrochener Stimme fort. „Und vielleicht ist es ja besser so.“

Endlich schaute er mich an.

„Wen hast du verloren?“, fragte ich ihn vorsichtig. Erst jetzt schien er zu realisieren, dass er die ganze Zeit gesprochen hatte.

Ich sah, wie Tränen in seine Augen stiegen.

Aber anstatt mir zu antworten, stand er ruckartig auf und ging aus dem Zimmer. Ich folgte ihm, rief seinen Namen, doch er lief weiter in Richtung Tür.

„Harry bitte rede mit mir!“

Im weitergehen schnappte er sich eins seiner T-shirts, die im ganzen Haus verteilt waren und zog es sich über.

The day you left meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt