11. Sherlock Holmes

604 41 4
                                    

Am nächsten Tag gehen wir beide normal zur Arbeit, aber gegen Mittag bekomme ich Besuch.
Gerade will ich meine wohlverdiente Mittagspause machen, da höre ich wie sich eine sehr tiefe männliche Stimme nach meinem Namen erkundigt. Ich drehe den Kopf und sehe wie Steve, einer meiner Kollegen, mit einem freundlichen Lächeln in meine Richtung deutet. Vor ihm stehen zwei Männer, und einen davon habe ich schonmal gesehen. Was für ein Zufall.
Nun kommen die beiden Männer auf mich zu und ich bemühe mich, möglichst normal auszusehen.
Der größere der beiden ist Sherlock Holmes, ich erkenne sein Gesicht von dem Bild wieder das Jim sich angeschaut hat, aber ich wusste nicht dass er so groß ist. Um einen Kopf überragt er mich und seine grau-blauen Augen verleihen ihm einen durchdringenden Blick, unter dem ich mich leicht unwohl fühle. Er trägt einen langen, schwarzen Mantel mit aufgestelltem Kragen, einen blauen Schal und hält ein paar Lederhandschuhe in der linken Hand, außerdem trägt er - wie Jim - einen Anzug. Kein Westwood allerdings.
Der andere Mann neben ihm ist etwa so groß wie ich, mit blonden kurzen Haaren und generell einer ganz anderen Ausstrahlung. Er wirkt freundlicher als sein Begleiter und mustert mich mit einer anderen Art von Neugier als Sherlock. Auch seine Kleidung unterscheidet sich von dem Consulting Criminal, er trägt eine dunkle Jacke und Jeans, und sieht damit weniger förmlich aus. Wahrscheinlich handelt es sich hier um John Watson.
Ich lächle die beiden leicht fragend an als sie vor mir stehen bleiben.
"Kann ich Ihnen behilflich sein?", frage ich höflich, doch Sherlock stellt mir gleich darauf selbst eine Frage.
"Sind Sie Melody Moriarty?"
Okay, dann halt ohne Umschweife.
"Ja, die bin ich, und Sie sind Sherlock Holmes. Dann müssen Sie John Watson sein", wende ich mich an den blonden Mann und dieser wirkt überrascht, nickt aber.
"Das stimmt, aber woher wissen Sie-"
"Sie hat sich informiert", unterbricht Sherlock ihn und ich muss schmunzeln. So würde ich Jim jetzt auch wieder nicht nennen.
"Naja, nicht wirklich", antworte ich und Sherlock hebt eine seiner lustig geschwungenen Augenbrauen.
"Ach, ich dachte Sie seien eine Art... Fan von mir? So hat es zumindest der Taxifahrer ausgedrückt als er von Ihnen sprach."
Ich muss mich echt zurückhalten nicht zu grinsen, und ich denke Sherlock merkt das. Aber er denkt ernsthaft ich wäre diejenige die die 'Selbstmorde' gesponsert hat.
"Inwiefern hat er denn von mir gesprochen?", frage ich nach und Sherlock sieht so aus als müsste er sich zusammenreißen um nicht genervt die Augen zu verdrehen.
"Er nannte Ihren Nachnamen als ich ihn fragte wer ihn gesponsert hat."
Nun ziehe ich eine Augenbraue hoch.
"Ach, und Sie glauben dass hat sofort etwas mit mir zu tun?"
"Nun ja, Sie sind die einzige Moriarty die im Telefonbuch zu finden ist", gibt John zurück und ich schaue ihn kurz an. Sherlock hingegen sieht nicht besonders begeistert darüber aus dass sein Partner verraten hat woher sie wissen wer ich bin.
"Und nur deswegen verdächtigen Sie mich? Sehr schmeichelhaft Mister Holmes", antworte ich leicht verärgert und John scheint sich unwohl in seiner Haut zu fühlen.
"In der Tat, Sie scheinen nicht unbedingt dem Bild des Psychopathen, der zu so etwas fähig wäre, zu entsprechen. Allerdings sind Sie auch nicht ganz so unschuldig wie Sie sich geben", erwidert Sherlock und ich hebe wieder eine Augenbraue. Der Typ hält sich ja für ganz schlau. Ein bisschen erinnert er mich an Jim wenn er anfängt andere Leute zu beurteilen und sich darüber lustig macht.
"Hören Sie Mister Holmes, ich habe keine Ahnung was Sie von mir wollen, aber ich versichere Ihnen dass ich nichts ungesetzliches getan habe. Ich selbst habe von den Morden erst durch die Zeitung erfahren", versuche ich die Fassung zu bewahren und schaue den Consulting Detective ernst an. Dieser mustert mich erst mit unergründlichem Blick und nickt dann langsam.
"Und dennoch haben Sie etwas zu verbergen", sagt er leise und ich runzele verärgert die Stirn. So langsam geht er mir auf die Nerven.
"Ich habe nicht die geringste Ahnung was Sie damit meinen, und ich habe keine Zeit und Lust um das jetzt herauszufinden denn ich muss wieder arbeiten. Wenn Sie mich also entschuldigen würden."
Ich sehe wie Sherlock noch etwas sagen will, doch John stößt ihn mit dem Ellenbogen in die Seite und murmelt ihm etwas zu.
"Wir sollten gehen, bevor Sie ihr noch wirklich unnötige Dinge an den Kopf werfen."
Zufrieden beobachte ich wie die beiden sich umdrehen und an dem verwirrt aussehenden Steve vorbeigehen ohne noch ein Wort zu sagen.
"Was wollten die denn?", erkundigt er sich und ich bemühe mich, mich zu entspannen.
"Ich vermute die haben sich im Namen geirrt."
Oder eher in der Person, denn es ist nur allzu klar zu wem die beiden wirklich wollten.
Mit einem Seufzen wende ich mich von Steve ab und nehme mir meinen Rucksack um endlich meine Mittagspause anzutreten, denn dass ich noch arbeiten muss war gelogen.
"Bis in einer Stunde Steve", verabschiede ich mich noch, bevor ich mich auf den Weg zum Aufzug mache. Ich beeile mich nicht, damit ich den beiden 'Detektiven' nicht ausversehen über den Weg laufe, und nehme stattdessen mein Handy aus der Jackentasche. Nur eine Nachricht von Katie, die fragt ob ich Lust habe mit ihr zu chatten, ihr sei so langweilig. Grinsend tippe ich eine Antwort und trete unten aus dem Fahrstuhl, dann gehe ich nach draußen. Nicht weit von hier gibt es ein nettes Café in dem ich gerne meine Mittagspausen verbringe und ich mache mich auf den Weg dahin. Sherlock und John sehe ich allerdings nicht wieder.

Moriarty In Love - The GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt