Nicolás - Der reiche Drogenabhängige
Der Rauch eines Joints, verblasst nach und nach in dem schlecht beleuchteten Raum. Die Glühbirne hing herablassend die Wand hinunter, sie war nicht mal bekleidet. Das dünne durchsichtige Glas umhüllte nur das leuchtende Draht. Die ganzen Kabel die oben aus der Wand ragten, betrachtete Nicolás komischerweise ganz genau. Mit zusammen gekniffenen Augen fragte er sich ob es schlimm wäre, wenn man Wasser darauf schütten würde, gäbe es dann ein Kurzschluss? Er sah wieder zurück zur Spinnennetz verzierter Glühbirne. „Wie auch immer." flüsterte er und lehnte sich wieder zurück, wer bloß hier wohnte? Das wusste er nicht, sein Freund Moritz hat ihn hier hergebracht. „Und ich schwöre es dir, Tobi macht die besten Partys der Welt!" meinte Moritz aufgeregt, als er ihm von der Party erzählte, anfangs wollte Nicolás nicht, Moritz erzählte öfters Unsinn, dass eigentlich gar nicht stimmte. Er hatte beim ersten mal als sie sich kennengelernt haben sogar erzählt, dass er dieses Riesen Haus am Stadtrand besitzt, obwohl es doch Nicolás Eltern gehört. Nicolás mochte Moritz nicht, dennoch gab er sich immer mit ihm ab.
Nicolás nahm noch einen Zug von seinem Joint, es war erstaunlich still, schließlich schliefen die anderen schon, die Uhr zeigte 6 Uhr morgens, ob er ihr glauben sollte? Zuhause würde er was erleben, suchen würden ihn seine Eltern bestimmt nicht, es war üblich, dass Nicolás nicht immer zu Hause in seinem Kinderzimmer schlief. Es war ihm aber auch egal, seine Eltern geben ihm so oder so kein Geld mehr, sobald er 18 ist würde er ausziehen, er schlief doch nur zu Hause, feiern konnte er bei sich ganz bestimmt nicht. Dafür waren die Möbel viel zu Wertvoll, schulden bei seinen Eltern wollte er sich gerade nicht einfangen.
Der Junge mit dem Stoppeln auf dem Kopf stand auf, es schien so als würde er immer wieder umfallen, sein Gleichgewicht konnte er nicht halten, er schwankte beim laufen gefährlich hin und her, wobei er versuchen musste, nicht auf die Menschen um sich herum zu treten. Seine Augen waren halb offen, er suchte den Ausgang der direkt einen Meter vor ihm war. Sein Joint machte er neben sich auf dem Tisch aus, schnell griff er noch nach der Bierflasche, dass eigentlich gar nicht ihm gehörte und schüttete die Flüssigkeit ganz in sich hinunter. Der ganze Mageninhalt stieg ihm - nach dem letzten Schluck - seine Speiseröhre hoch, er erbrach nicht, er drückte den ganzen Inhalt einfach wieder hinunter, er schluckte es quasie wieder runter. Das gestörte grinsen eines Betrunkenen blieb ihm nicht vorenthalten. Die Glühbirne verblasste und nun stand Nicolás im dunkeln - wirklich dunkler wurde es eigentlich nicht. Das meiste Licht kam aus den drei Fenstern, draußen wurde es aber auch nicht heller. Aber Nicolás müsste jetzt los, sonst würde er es nicht mehr rechtzeitig nach Hause schaffen, der Bus kommt nämlich schon in einer viertel Stunde. Er machte noch ein Foto von dem Mädchen, dass mit entblößtem Dekolleté vor ihm auf dem Boden schlief und ging - immer noch halb schwankend - aus der zerfallenen Wohnung.
Es war angenehm warm draußen, schließlich ist es Anfang Sommer. Aber die graue Winterjacke trug er immer noch, er presste sie sogar enger an sich, zu machen konnte er nicht, der Reißverschluss war schon seit Ewigkeiten kaputt. Seine Mutter hatte ihm dutzende Jacken gekauft, er konnte sogar jeden Tag eine andere anziehen, so viele besaß er. Dennoch zog er immer diese graue abgefranste Jacke an, was er an ihr fand wusste er selber auch nicht.
*
Sieben Uhr Fünfzig.
Die Stunde hat begonnen und die Lehrerin stand wie immer pünktlich am Pult. Das Mädchen mit den dunkel braunen Haaren betrachtete den leeren Stuhl neben ihr. Ob er heute kommen würde? Wahrscheinlich nicht, entweder kommt er pünktlich oder gar nicht. Er würde niemals zu spät kommen, das wusste sie. Seufzend versuchte sie dem Mathe Unterricht zu folgen, sie grinste leicht auf als sie sah was für ein T-Shirt ihre Mathe Lehrerin trug Mathe macht glücklich stand dort geschrieben. „Louisa" wisperte es neben ihr, sie sah kurz zur Seite. „Kannst du das bitte weiter reichen, für Patrick." flüsterte Monika. Sie grinste, während sie ihr den Zettel abnahm. Die beiden waren schon seit einem Monat zusammen, ihre Klasse durfte sich immer wieder in der Pause ansehen wie sie sich ihre Zungen in den Rachen steckten. Sie mussten sogar auseinander gesetzt werden, damit sie wenigstens teilweise was vom Unterricht mitbekommen. Monika grinste und sah wieder zur Lehrerin, die ungestört ihren Unterricht führte. Der Zettel ging rum, während Monika immer wieder gespannt zu Patrick sah. Wieder wanderten Louisas Augen zu Nicolás Platz, wo er heute doch geblieben ist? Diese Frage machte sie verrückt.
Wieso machte sie sich überhaupt sorgen, er verschwendet bestimmt nicht mal ein Gedanken an sie. Was sie bloß an ihm findet? Er rauchte und nahm geschweige dessen alles mögliche zu sich. Viel geredet haben sie auch nicht, er schreibt im Unterricht immer wieder von ihren Arbeiten ab - heimlich, und sie lässt es heimlich zu. Er würde sie bestimmt nie bemerken, sie war doch ein Nerd, der Nerd, die geborene Streberin. Toll sah sie auch nicht aus, den Begriff Schminke hat sie bestimmt auch noch nie gehört, nicht noch ihre Haare, ihre Haare waren ein einfacher Strohhaufen, sie sollte sich schämen, wie sie rum lief, so sollte man nicht in die Öffentlichkeit gehen - so dachte sie und nahe zu die Hälfte der Klasse. Aber eigentlich war sie nicht hässlich sondern, ganz nett, gar hübsch, nur weil sie sich nicht schminkt, hieß es noch lange nicht, dass sie hässlich war. „Louisa" ertönte es wieder, jedoch etwas genervter. Monika sprach wieder zu ihr, sie überreichte ihr ein Stapel von Arbeitsblättern.
„O, danke." grinste sie und nahm sich eins vom Stapel, worauf sie es weiter gab. Anfangs hatte sie Nicolás gehasst, er hatte sie immer wieder geneckt, aber aus irgendeinem Grund mochte sie ihn jetzt. Vielleicht war es der Kuss, letztens auf Patricks Party, den sie ausgetauscht haben. Um Punkt Mitternacht, es war als wäre sie Cinderella und er der Traumprinz, nur, dass er etwas strenger roch und allgemein viel unhygienischer war als ein Prinz sein sollte. Wahrscheinlich hatte selbst Nicolás, nie was von einem Deodorant gehört. Ob Nicolás sich noch an ihren ersten Kuss erinnert - und es war auch noch Louisas erster Kuss. Der legendäre erste Kuss. In ihren Augen ist Nicolás einfach nur toll. Nicht weil er der beliebteste Junge in der Schule ist, sondern, weil er einfach nur toll ist. Doch so ein - vermeintlich - hässliches Entlein wie sie, konnte doch bestimmt nie mit einem wie ihm ausgehen.
*
Louisa ging leise durch den Schulflur, etwas betrübt davon, dass sie Nicolás heute nicht gesehen hat. Sie lief erstaunlich langsam, schließlich war sie verliebt und verlor deshalb schon fast ihren Verstand. Die Schulglocke klingelte genau dreizehn Uhr. Doch das dunkel haarige Mädchen bekam nichts mit, sie war in Gedanken verloren, dachte - wie bereits erwähnt - Pausenlos an Nicolás! Zufällig schaute sie zur Uhr und erschrak. „Mist!" schrie sie, worauf sie unverzüglich los rannte. Den Bus würde sie bestimmt nicht bekommen, er fährt immer Pünktlich um dreizehn Uhr eins los. Sie rannte und rannte so schnell sie konnte, jedoch stolperte sie - rein zufällig und aus versehen - sie landete auf einen gut gebauten und sehr hübschen Jungen. Er muss neu sein, denn sein Gesicht kam ihr kaum bekannt vor - wie denn auch, bei den tausend anderen Mitschülern, jedoch dachte sie, sie würde jeder Manns Gesicht kennen. Sie verlor sich in seinen funkelnd blauen Augen, die schon fast die Farbe des Meeres trugen. Sie verlor den Gedanken an Nicolás und fokussiert sich nur noch auf ihn, ihn den Unbekannten. Sie starrten sich beide an, lagen bestimmt schon 5 Minuten aufeinander, jedoch sagte keiner was.
Louisa schüttelte ihren Kopf, während sie dann langsam aufstand. „Es tut mir leid." entschuldigte sie sich, gleichzeitig packte sie ihre Sachen zusammen, die ihr runtergefallen sind. Der unbekannte hübsche Junge half ihr Wortlos dabei „Ich bin Finn. Wohin geht's denn so eilig?" fragte er, als er ihr die Sachen überreichte. „Louisa." lächelte sie freundlich. „Zum Bus, der leider schon ohne mich los gefahren ist." sie sah zur Bushaltestelle.
Finn überlegte nicht lange und lud sie zum nach Hause fahren ein. Er hatte nämlich einen ultra alten VW Golf von seinem Bruder bekommen, mit dem er jetzt rum fahren kann. Louisas Augen funkelten und sie würde unerklärlicherweise rot im Gesicht. Sie nickte hysterisch und lächelte. „Das wäre lieb." Der Rest der Fahrt redeten sie erstaunlicherweise über Millionen von Dingen und aufeinmal fing sie an zu rappen, zu einem Lied von Farid Bang. Und er sah sie ungläubig an. Wow, das war in Finns Augen total un-glaub-lich. Glücklicherweise sind sie erst nach dem Song vor Louisas Haus angekommen, sie sah ihn verwirrt an, denn Finn fand es ultra stark von ihr.
Er schüttelte sich und wünschte ihr noch einen schönen Tag, bevor sie endgültig verschwand und er weiter durch die Straßen fahren musste, tauschten sie sich noch ihre Nummern aus.
Louisa grinste verstohlen auf den Boden, glücklich die Nummer ergattert zu haben und vielleicht, ein neuen Freund bekommen zu haben.