gewidmet an Elvira Siegemund
Ich stehe in der Mädchentoilette meiner Schule und starre mein Spiegelbild an. Ich bin stolz was ich dort sehe. Ein Mädchen, das versucht stark zu sein, obwohl sie innerlich schon längst zerfallen ist. Mein Haar ist zu einem ordentlichen strengen Zopf zusammen gebunden. Ich habe ein schwarzes T-Shirt an und eine alte Army-Hose von meinen Vater, dazu Schuhe mit Stahlkappen, die sich unglaublich gut schwer anfüllten. Mein Gesicht war ausdruckslos, keine Emotionen spiegelten sich dort wieder. Wie auch, wenn all deine Emotionen nicht mehr existieren. Wenn deine Seele deinen Körper schon längst verlassen hat. Ich hebe meinen Arm und sehe im Spiegel, wie ein großes Gewehr zum Vorschein kommt. Es sieht komisch aus, wie ein kleines zartes Mädchen, solch ein schweres Gewehr in der Hand hält ohne auch nur irgendein Anzeichen von Angst zu haben. Der Ozean in mir war ruhig, er hatte die schlimmsten Stürme und Hurrikane überstanden, aber er hat sich beruhigt und weilt nun ruhig in meinen Körper. Ab und an brachen Wellen am Strand, doch das war in Ordnung. Ich war ein klein wenig aufgeregt, zu gegeben maßen. Ich überprüfte meine Hosentaschen. Die Munitionen waren da. Es konnte losgehen. In meinen Kopf drückte ich auf Play und das Lied ertönte, was meine Gefühle und mein Wohlbefinden auf dieser Erde ausdrückte. So laut und klar, als würde es wirklich ertönen. Für mich war es real.
"I can hold my breath I can bite my tongue I can stay awake for days If that's what you want."
Ich atmete noch einmal tief durch und der Ozean begann ganz langsam sich im Takt meines Amtes zu bewegen. Ich salutierte, stellte mich auf Position und drehte mich dann zu der Toilettentür um und öffnete sie. Der Krieg hat begonnen. Ich bin ein Soldat. Ich werde kämpfen, ich werde sterben, wenn es das ist was ich für meinen Körper, für mein Gewissen, tun muss.
"Be your number one I can fake a smile I can force a laugh"
Für den ersten Augenblick, bildete ich mir ein, wie hinter der Tür Bomben fielen und Schüsse erklangen. Wie Flora und Fauna sich in eine Gegend verwandelt haben, wo keine Pflanze und Lebewesen mehr wohnten, sondern Matsch sich mit Blut der Gefallenden vermischten. Wo der Gestank so beißend war, dass ich glaubte ersticken zu müssen.
„I can dance and play the part If that's what you ask Give you all I am"
Doch der Flur war leer und so trat ich aus der Mädchentoilette in die Schlacht meines Lebens hinein, die in meinen Kopf zur Realität geworden war. Ich horchte, ich war wachsam, ich wollte nichts verpassen. Ich wollte um jeden Preis alles mitkriegen, was um mich herum passiert. Es war Unterricht und jeder Schüler und jeder Lehrer war in seiner Klasse. Motivation. Das Wort schwirrte in meinen Kopf herum und ich fing es ein. Motivation war das, was Schüler und Lehrer an den Tag legen mussten, um die Arbeit zu erzielen, die beide anstrebten. Motivation war das, was ich brauchte, um die erste Klassenzimmertür zu öffnen.
DU LIEST GERADE
The Fear Of Being Forgotten
PoetryTexte Gedichte Worte Gedankenfetzen, die es wert sind niedergeschrieben zu werden, aber zu klein sind, um eine Geschichte daraus zu weben. Vielleicht findet ihr euch in dem ein oder anderem Text wieder. || Genau wie Augustus Waters (The Fault In Our...