3. Lüge

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Am nächsten Morgen wache ich in einem fremden Bett auf und brauche erstmal eine Weile um mich zu orientieren. Ich bin bei Seb, stimmt ja.
Langsam stehe ich auf und gehe aus dem Zimmer, um mir etwas zu essen zu machen.
"Guten Morgen."
Erschrocken wirbele ich herum und lache erleichtert als ich nur Seb hinter mir entdecke.
"Oh Mann, du hast mich ganz schön erschreckt. Dir auch einen guten Morgen."
Seb grinst und geht an mir vorbei zur Küche.
"Tee?"
"Ja, sehr gerne."
Ich folge ihm und gähne einmal lang, dann strecke ich mich.
"Hast du gut geschlafen?", erkundige ich mich bei Seb und er zuckt mit den Schultern.
"Jap, allerdings hast du mich geweckt, zweimal."
"Oh, wie denn das?"
"Naja, ich werde recht schnell wach, ist ne alte Angewohnheit. Aber du hast Jims Namen gemurmelt, immer wieder, und ab und zu hast du... irgendwie gewimmert. Hast du in letzter Zeit Albträume?"
Nachdenklich lege ich den Kopf schief.
"Manchmal. Aus irgendeinem Grund habe ich jedes Mal wenn ich nicht zu Hause übernachte wegen sowas einen Albtraum mit meiner Entführung. Damals habe ich nämlich geglaubt dass Jim mich nicht mehr liebt und mich dort versauern lassen würde."
Ich schlucke bei der Erinnerung an den Schmerz und die Angst und streiche mir selbst über den Arm.
"Jedes Mal?", hakt Seb nach und ich nicke.
"Allerdings kann ich mich nie genau daran erinnern."
"Du solltest Jim davon erzählen."
"Und was soll das bringen? Er wird sein Verhalten nicht ändern nur weil ich Albträume habe, da bin ich mir sicher. Er würde sich nur Vorwürfe machen."
"Da unterschätzt du ihn, glaube ich", meint Seb und macht den Tee fertig.
"Ich würde es wenigstens versuchen. Wer weiß, vielleicht überrascht er dich ja."
Er grinst mich an und ich hebe beide Augenbrauen.
"Ja, ganz bestimmt. Der Psychopath verändert sein Verhalten grundlegend nur damit ich ruhig schlafen kann."
Kopfschüttelnd schaue ich Seb an.
"Aber na schön, wenn du meinst. Allerdings nur wenn du ihm deine Sache auch erzählst."
Mit einem siegessicheren Grinsen strahle ich den Sniper an und dieser verdreht die Augen.
"Mel, das Thema hatten wir doch schon. Er wird es nicht verstehen. Weißt du wie lange ich gebraucht habe um Jim klar zu machen dass er in dich verliebt war, damals? Gefühle sind nicht sein Ding."
"Sagst du. Er hat sich verändert, jetzt würde er es anders aufnehmen als du befürchtest. Irgendwann musst du es ihm sagen."
"Vielleicht wenn ich auf dem Sterbebett liege"erwidert Seb mit einem Schnauben und schiebt mir eine Tasse Tee hin. Ich nehme sie und trinke einen Schluck, dann lasse ich sie sinken.
"Ich habe das Gefühl dass dieses Geheimnis uns noch irgendwann mal ganz schöne Schwierigkeiten machen wird."
"Glaube ich nicht. Ich bin dann mal duschen."
Mit diesen Worten verlässt Seb den Raum und lässt mich alleine mit meinem Tee zurück. Ich trinke das heiße Getränk während ich zurück in das Zimmer gehe, in dem ich die Nacht verbracht habe, und hole mein Handy aus meiner Hosentasche. Nachdem ich es angeschaltet und meinen Pin eingegeben habe öffne ich WhatsApp, denn es sind einige neue Nachrichten angekommen. Und die sind alle von Jim.

Jim: Tut mir leid dass ich dich angeschrien habe.

Jim: Kommst du noch zurück?

Jim: Bitte Honey.

Jim: Okay, dann sehen wir uns morgen. Ich liebe dich.
Komm bitte bald wieder :(

Jim: Kommst du jetzt?

Jim: Schläfst du etwa immernoch???

Jim: Aufwachen! Jetzt! Sofort!

Jim: Bitte komm nach Hause :( Ich brauche dich.

So quengelig habe ich ihn noch nie schreiben sehen, aber irgendwie finde ich das auch niedlich.
Die ersten vier Nachrichten sind noch von gestern Abend, allerdings hat er sie sehr spät abgeschickt, und die letzten sind in zwei-minütigen Abständen in der letzten halben Stunde gesendet worden. Und es ist gerade mal halb acht.
Da kommt Jim wieder online, und schreibt auch sofort etwas.

Moriarty In Love - The GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt