Felix sah ihn erst nicht im Türrahmen des Hotelzimmers angelehnt stehen. Das kurze Klopfen hatte er nicht mitbekommen, ebenso auch nicht das leise Klicken und Öffnen der Tür.
Es war recht spät.
Der Blonde hatte gerade noch am aktuellen Video geschnitten, obwohl dieser kurze Trip sie ja eher vom Alltag wegholen sollte.
Erst, als sein Mac, welcher sich schon angenehm aufgewärmt hatte, zugeklappt wurde und Felix sich beschweren wollte, sah er die altbekannten, tiefgründigen Augen seines besten Freundes Jakob.
Dieser nahm ihm vorsichtig das Macbook ab, legte den Laptop auf den Stuhl neben das große Bett und platzierte stattdessen in seinem Schoß eine Flasche Rotwein.
Der großgewachsene Wahlberliner gesellte sich mit den langen Beinen ausgestreckt neben dem Bärtigen, lehnte sich mit dem definierten Rücken an die Kopflehne und atmete leise und bedächtig aus.
"Felix. Ich hab den Urlaub nicht umsonst gebucht. Wir sollen doch runterkommen. Von all dem.
Auch wenn du es so gern machst.
Das mit der Musik."
Jako kicherte leise, verhalten.
"Ich hab den besten Wein gefunden."
"Den du in diesem Kaff kriegen konntest, wette ich."
Felix bekam einen kleinen, freundschaftlichen Seitenhieb ab.
"Hey. Beachte das bitte."
Der Jüngere setzte einen schmollenden Gesichtsausdruck auf.
"Ich schätze es doch, Jako."
Felix sah nun richtig auf.
In die Richtung des Größeren.
Suchte zuerst von selbst nach einer Antwort auf die kommende Frage.
Als er sie jedoch nicht zu finden meinte, musste er doch richtig fragen.
"Wofür der Wein?"
Jako blinzelte.
"Um die Ruhe zu feiern.
Hier.
An diesem Ort.
Voller schöner Gebirge.
Schnee....", und Jako seufzte, machte eine künstlerische Pause,
"...und wegen unserer einzigartigen Freundschaft. Ich möchte mich einfach nur bei dir bedanken.
Weil du mich aushältst.
In jeder noch so schwierigen Lebenslage. Weil du verdammt lange schon an meiner Seite bist. Dir jeden Mist und jede noch so bescheuerte Idee angehört hast. Das findet man nicht sehr oft, weißt du. Und ich....finde nichts besseres als so nen' doofen 20€-Wein. Felix....weißt du. Felix, mein Freund. Du bist viel mehr wert als...Rotwein."
Und Felix fiel dazu einfach nichts besseres ein, als leise lachend den Kopf zu schütteln, ehe er in seiner Hosentasche herumkramte, seinen Schlüssel fand, ihn in den Korken drückte und diesen mit kurzen, hebelnden Bewegungen aus seinem Behälter befreite.
Zu mehr war er schlichtweg zu sprachlos.
"Dann sollten wir diesen edlen Rotwein doch etwas atmen lassen, findest du nicht?"
Der Ältere grinste breit, wollte die Flasche gerade auf seinen Nachttisch abstellen, doch Jako hielt ihn bestimmt davon ab.
"Lass ihn...uns doch schon jetzt trinken. Einmal auf irgendwelche doofen Regeln pfeifen."
Irritiert war Felix zwar schon, doch schließlich lenkte er ein.
Holte aus ihren Taschen jeweils für jeden einen mitgebrachten Kaffeebecher mit, reichte einen Jako, ehe er für sie beide etwas vom Wein einschenkte.
"Gott, sind wir Hipster.", merkte Felix mehr zu sich an, doch natürlich entging auch Jako diese Bemerkung nicht, und beide lachten leise vor sich hin, ehe sie sich lächelnd zuprosteten.
"Auf uns."
Sagte Felix schmunzelnd.
Sah seinen langjährigen Freund über den Becherrand hinweg an.
"Ja.", gab Jako leise zurück.
"Auf uns. Fewjar.
Felix und Jako."
Beide genossen den Wein schweigend.
Ehe Jako aufstand und zum riesigen Fenster schritt, was die komplette Seite einnahm. Man konnte quasi hinein schauen. Doch der tiefe Abhang versicherte ihnen so ziemlich keine ungebetenen Beobachter.
Es war ein wunderschöner Anblick.
Der dunkle, klare Sternenhimmel war ein spärlicher Lichtspender für den schlafenden, wie eine riesige Decke ausgebreiteten Schnee.
Jako konnte und wollte keinen passenden Worte finden.
Hier und jetzt war er hier nur Gast.
Er sog dennoch förmlich das Gesehene wie ein Schwamm in sich auf. Sicherlich würde er irgendwann unbewusst ein Lied darüber schreiben.
Lächelnd lehnte er sich nun an die Wand und berührte leicht mit der Nasenspitze die eiskalte Fensterscheibe.
Sein warmer Atem beschlug das Glas. Draußen mussten Minusgrade herrschen, dachte er leicht fröstelnd.Nun gesellte auch Felix sich zu ihm,
Den Becher in beiden Händen haltend. Und betrachtete Jako von der Seite. Nur einen Moment.
Das Mondlicht schimmerte leicht auf seine Gesichtskonturen.
Den entspannten Lidern.
Die schmalen Lippen zu einem neutralen Strich geformt.
Trank schnell aus dem Porzellan. Widmete sich ebenfalls dem wunderschönen Ausblick.
Der Ältere schob die kurz aufsteigende Hitze dem Wein zu.
Die letzte Mahlzeit war sicherlich auch schon länger her.
"Das ist eine wirklich schöne Aussicht."
Mehr kam Felix nicht über die Lippen, also räusperte er sich, betrachtete die Gebirge eingehend, ehe er zurück zum Bett schritt, sich an den Rand setzte.
"Ich könnte mir das noch stundenlang ansehen, Felix. Das ist wirklich wunderschön. Und zeitgleich irgendwie so....schwer."
Jako nahm einen großen Schluck.
Schüttelte dann leicht den Kopf.
"Aber heute will ich nicht zu melancholisch denken.
Lass uns einfach diese Stille genießen.", sagte er leise, lächelte Felix sanft zu, ehe er ebenfalls zum Bett ging, die Flasche griff und sich neuen Wein einschenkte.
"Und ein bisschen mit dir trinken will ich auch.", sagte er leise lachend und schenkte auch Felix neuen Wein ein.
Nippte an seinem Becher.
"Und weil mir kalt ist.
Die Heizung scheint hier nicht richtig zu funktionieren.", murmelte der Jüngere in den Kaffeebehälter hinein,
prostete dem Blonden zu, und die Flasche leerte sich mit der Zeit auf magische Weise.
Felix lag im Laufe des Abends lieber auf dem Bett, dennoch konnte er nicht leugnen, dass die Temperatur jetzt in der Nacht abgesunken war.
Er würde noch am nächsten Morgen bei der Rezeption fragen, ob jemand nach der Heizung sehen könnte.
Irgendwann musste Jakob wohl aufgestanden sein, denn für einige Minuten hatte der Ältere die Augen ausgeruht. Viele Eindrücke hatten sie heute gesehen und verarbeitet, und sie waren seit dem frühen Vormittag wach, da sie länger für die Anreise benötigten. Er beschloss schließlich, nachdem er sich herzhaft gestreckt hatte, das Bad aufzusuchen, um sich etwas zu erfrischen, denn vielleicht würde er noch ein paar Videos nachschauen, bevor er zu Bett gehen würde. Oder etwas entspannte Musik hören und langsam wegdämmern, dachte er, als er sich aufsetzte.
Kaum hatte er sich komplett aufgerichtet, merkte er auch schon, dass das bisschen Wein ihn doch etwas mehr beeinträchtigte, und er sah sein Umfeld etwas schwanken.
Sein Gesicht fühlte sich warm an, und sein Magen brummelte angenehm.
Also dachte Felix bei sich, jetzt täte mir eine Erfrischung erst recht gut.
DU LIEST GERADE
Badewannen-Philosophen/Fewjar OS.
FanfictionEine ungewöhnliche, müde Bitte. Gespräche. Ungewohnte Intimität. Fewjar. Und das in einer Badewanne.