Kapitel 3

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Even's Sicht

Ich drückte ihn fest an mich und seufzte erleichtert auf.
"Was machst du für Sachen , Schatz?" flüsterte ich ihm ins Ohr und löste mich nur halb von ihm, sodass ich ihm in die Augen sehen konnte. Er öffnete den Mund, um zu antworten, doch ein Räuspern brachte uns beide dazu uns zu seinen Eltern umzudrehen. Ich ging ein paar Schritte von ihm weg und vernahm ein bedrücktes Schlucken von dem Jungen neben mir. Ich lächelte nur.
"Könnten wir bitte eine Erklärung... hierfür bekommen ?" Isak's Vater deutete mit der Hand etwas angeekelt auf uns beide.
"Oh, tut mir Leid, Mr und Mrs Valtersen, dass sie es so erfahren müssen, aber Isak und ich sind zufälliger Weise seit genau einem Jahr ein Paar."
Isak's Mutter schnappte erschrocken nach Luft und umklammerte besorgt das Kreuz, welches sie als Anhänger ihrer Kette trug. Sein Vater hingegen setzte nun eine gleichgültige Mine auf und löcherte seinen Sohn mit vielsagendem Blick.
"Papa bitte, ich kann das erklä-"
"Da gibt es nix zu erklären.", unterbrach er Isak und verschrenkte die Arme vor der Brust.
Wütend biss ich die Zähne aufeinander und trat einen Schritt auf die Beiden zu.
"Wenn ihr ein Problem damit habt, dass ihr Sohn mit mir glücklich ist, dann sollten sie sich mal überlegen, was in ihrem Kopf schie- Was ist Isak ?"
Mein Freund hat mich am Arm gepackt und zog mich zurück.
"Du solltest besser gehen. Du siehst ja, dass es nix bringt."
"Aber -"
"Nix aber. Ich klär das, ok?"
Ich gab ein sich geschlagen gebenes Seufzen von mir und ging wieder etwas von seinen Eltern weg. Ich sah sie wütend und verachtend an, drehte mich aber wortlos zu Isak.
"Wenn was ist, dann komm zu mir. Ich hab dir die Blumen in den Flur gelegt. Lass dir nix von dieses Idioten sagen.", zischte ich das Letzte lauter und mit tötenden Blick zu ihnen. Sie standen nur empört und sauer da, wobei seine Mutter mir den Tränen kämpfte.
Und ich dachte im Ernst, sie könnten es verstehen. Das war dumm, Even. Dumm und naiv.
"Even, hör auf. Ich schaff das, bitte geh jetzt."
Ich nickte leicht und küsste ihn zum Abschied etwas länger, als es nötig war bevor er mich wegdrückte, und verschwand ohne weiteres über die Terassentür raus. Ich steckte die Hände in die Hosentaschen und entschied spontan, zu meiner Klippe zu gehen, die ich immer aufsuchte, wenn ich meine Gefühle nicht zügeln konnte. Ich brauchte knapp 15 Minuten, um bei meinem Lieblingsort anzukommen und an der 10 Meter hohen Klippe die Beine runterbaumeln zu lassen. Unter meinen Füßen fand man nix außer Steine und andere Felsen. Viele Menschen hatten Angst vor diesem Ort, da er sehr düster und unfreundlich wirkte. Doch genau das reizte mich so. Die Bäume, die in kleinen Gruppen zusammen standen, wobei fast alle schon tot waren, tauchten die Klippe in gruseliges Licht.
Viele Leute hatten hier schon ihr Leben gelassen und ich hatte mir schon oft vorgestellt, dass ihre kalten und bereits schon zuvor gestorbenen Seelen sich mit dem Licht, dem Wind und den Ästen der Bäume verwoben haben und jedem Eindringling Worte zuflüsterten, warum sie auch alle verschwanden. Nur zu mir sagten sie nix, was mich dazu bewegen würde zu gehen, da sie für mich etwas wie Freunde waren. Wenn ich traurig war, schenkten sie Trost. Wenn ich sauer war, regten sie sich mit auf, überredeten mich aber, die Personen oder mich von der Klippe zu stürzen. Wenn ich glücklich war, teilten sie meine Freude .
Vielleicht bin ich auch einfach irre oder physisch krank, aber das war mir egal. Seit ich aber Ivak habe, war ich immer seltener hier. Hauptsächlich kam ich hieher, als ich ihn mit Sonja betrogen habe . Ich weiß bis heute nicht, warum ich es getan hab oder warum ich sie trotzdem anziehend und nicht abstoßend fand.
Isak tat mir leid und so kam ich wieder hierher. Die toten Seelen rieten mir, ihn nicht fallen zu lassen und ihn wieder zurückzugewinnen, auch wenn ich ihn zwei Mal so sehr wehgetan hatte.

Nun sitze ich hier, weil mein Freund mir wieder Leid tat, aber nur, weil er solche Arschlöcher, Verzeihung, Idioten als Eltern hat. Mein Unverständnis hatte sich in Hass gewandelt, also schmiss, nein schmetterte ich kleine Steine nach unten in die Tiefe, wo meine Freunde von ihren Körpern getrennt wurden. Als ich auf mein Handy guckte sah ich, dass Sonja mich angerufen hatte, also rief ich zurück .
"Ja?"
"Hey Sonja, du hattest angerufen?"
"Achso ja, hallo Even. Ich wollte fragen, warum du mich so Hals über Kopf wieder aus der Wohnung geworfen hast. Du meintest doch, dass du dir einen schönen Abend mit mir machen wolltest.", erklärte sie mit offensichtlich perversen Hintergedanken.
"Sonja, wie oft soll ich es dir noch sagen? Ich will nix mehr von dir. Warum versteht ihr beide das nicht? Du bist nur ne Freundin."
"Ach komm Even, mach dich nicht lächerlich. So hast du mich vor dem zweiten Mal auch genannt. Nur ne Freundin.", sagte sie ironisch und erneut wurde ich wütend.
"Man Sonja! Ich will nix von dir verdammt! Ich weiß nicht, was ich mir bei den Affären gedacht hab, aber ich empfinde nix für dich. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest.", sagte ich und legte einfach auf. Ich widerstand dem Drang das Handy ebenfalls die Klippe runterzuwerfen und legte mich stattdessen nach hinten. Ich schloss die Augen, lauschte dem schwachen Klang der Blätter, die im Wind wehten und schaltete einfach ab.

Stay here forever ♡ Evak  (Skam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt