Distraction

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Kapitel 3


"Your skin isn't paper, so don't cut it." 

Gerade als ich den ersten Schnitt an mein vernarbtes Handgelenk ansetzten wollte hörte ich eine mir nur allzu bekannte Stimme fröhlich rufen: „Ich bin wieder zuhause.“

 Schnell lies ich die Rasierklinge zurück in die Schublade fallen und zog mir die Armbänder wieder an, danach spritze ich mir ein wenig Wasser ins Gesicht und lief in die Küche. „Du warst einkaufen?“ Ich zeigte zu den Tüten auf dem Tisch und war etwas erstaunt, denn normalerweise ging Scarlett nie freiwillig einkaufen, außer wenn es um Klamotten ging. Sie drehte sich zu mir, wobei sich ihre dunklen Locken ganz leicht auf und ab bewegten. Wie immer hatte sie ein Lächeln im Gesicht und schaute mich aus ihren rehbraunen Augen an. „Ja war ich, was für ein Wunder, oder?“ Sie lachte leise und fing dann an das Essen in den Kühlschrank zu räumen. Verunsichert stand ich neben ihr und versuchte nicht an die Klinge zu denken, doch irgendwie wollte es mir nicht gelingen. Scarlett wusste, dass ich mich früher selbst verletzt hatte, aber das ich es noch immer tat und es in letzter Zeit wieder schlimmer geworden war, davon hat sie gar keine Ahnung. „Alles klar bei dir?“ Ich schaute auf und sah in Scarletts besorgtes Gesicht, ich nickte bloß und nahm mir dann eine Flasche Wasser aus dem Schrank. „Wie wars eigentlich bei der Arbeit?“ Fragte ich sie nachdem ich den Deckel meiner Flasche abgedreht hatte. „Ein wenig stressig, heute war nämlich besonders viel los, wegen der Rabat Aktion die wir am Laufen haben.“ Scarlett arbeitete in einer wirklich angesagten Modeboutique, deswegen hatte sie auch so viel Ahnung von Klamotten und trug immer die neusten Trends. „Und bei dir?“ Sie stellte die letzte Milch in den Kühlschank und schloss diesen dann. „Ja ganz ok, aber leider habe ich erst heute Nachmittag erfahren, dass ich morgen ein Interview führen muss.“ Interessiert blickte Scar mich jetzt an. „Mit wem? Jemand berühmtes?“ „Mit One Direction.“ Entgegnete ich ihr. Plötzlich machte sie große Augen und sagte aufgeregt. „Dein Ernst? Das ist ja unglaublich, nicht viele haben die Chance ein Interview mit ihnen zu führen, so berühmt wie sie sind.“ Ich lächelte leicht und meinte: „Ja, ich weiß und ich bin noch überhaupt nicht vorbereitet, deswegen bin ich jetzt mal in meinem Zimmer.“ Scar nickte und meinte frech grinsend: „Kannst Louis Tomlinson ja mal meine Nummer geben.“ Gespielt verführerisch zog sie ihre Augenbrauen nach oben. „Honey der hat doch eine Freundin.“ „Na und? Eine Freundin ist ein Problem, aber kein Hindernis.“ Ich musste Lachen. „Oh man, jaja bei Gelegenheit werde ich sie ihm in die Hand drücken.“ Ich zwinkerte ihr zu und verließ dann die Küche um mir in meinem Zimmer in Ruhe Fragen zu überlegen, die ich ihnen stellen könnte.

 Mein Blick war starr und nachdenklich auf das schon bestimmt zehnte Blatt Papier gerichtet, welches vor mir lag. Immer wieder hatte ich ein paar Fragen aufgeschrieben, dann jedoch wieder zerknüllt und weggeworfen, weil ich sie schlecht fand oder es Fragen waren, die schon zu häufig gestellt wurden. Ich versuchte mich einfach noch mehr auf das Projekt „Ghana“ zu konzentrieren, was ihnen wohl dort durch den Kopf gegangen war als sie all diese armen und leidenden Kinder gesehen hatten? Hey! Die Frage war doch nicht schlecht, schnell kritzelte ich sie auf das Blatt und überlegte dann weiter. Zum Glück fielen mir noch einige Fragen ein und als ich genügend auf dem Zettel stehen hatte, tippte ich sie noch schnell auf dem Computer ab und druckte sie aus. Hoffentlich waren alle Fragen in Ordnung, denn ich musste sie morgen sowieso noch mit dem Management und meiner Chefin absprechen, so lief das nämlich immer ab. Mein Blick wanderte zu der Uhr über meiner Zimmertüre, es war bereits Mitternacht und ich war mir fast sicher, dass Scarlett schon tief und fest schlafen würde. Sollte ich es wagen? Musste es wirklich sein? Ich hatte es doch so gut ausgehalten und schon beinahe vergessen, wieso musste ich denn jetzt schon wieder daran denken? Nervös begann ich an meinen Armbändern herumzuspielen. Nein, nein, nein Frey… du schaffst das, du brauchst die Klinge nicht. Sie war mal dein bester Freund, jetzt nicht mehr, dass darf sie nicht mehr sein. Es war schwer zu beschreiben, aber es war einfach ein Zwang oder wie eine Art Sucht und noch viel schwerer war es davon loszukommen. Ablenkung Freya das ist was du jetzt brauchst, raunte es mir durch den Kopf. Ich sah mich in meinem Zimmer um, womit konnte ich mich ablenken? Schließlich griff ich nach meinem Laptop, ließ mich damit ins Bett fallen und schaute mir einige Videos meiner Lieblingsyoutuber an.

Am nächsten Morgen wurde ich so wie immer durch das unangenehme Piepen meines Handyweckers aus dem Schlaf gerissen. Ich musste den Weckton unbedingt mal ändern am Besten in eines meiner Lieblingslieder. Verschlafen rieb ich mir die Augen und glitt langsam aus meinem Bett, eine Gänsehaut durchfuhr mich, da es in der Wohnung am Morgen immer ziemlich kalt war. Wie gewohnt sprang ich zuerst unter die Dusche und machte dann Frühstück, dieses Mal auch für Scar, da sie heute um dieselbe Uhrzeit wie ich aufstehen musste. „Morgen.“ Noch ganz im Schlafanzug und mit zerzausten Haaren setzte sich Scarlett mir gegenüber an den Frühstückstisch. Ein Morgenmuffel war sie ja schon immer gewesen, heute jedoch sah sie besonders verpennt aus. „Nicht gut geschlafen?“ Hakte ich nach. Sie schüttelte bloß den Kopf und bestrich ihr Brötchen schweigend mit Butter. „Und aufgeregt wegen dem Interview?“ Gab sie Murmelnd von sich. „Überraschender Weise nicht so, aber ich denke das kommt dann später. Hoffentlich vermassele ich es nicht, es geht um meine Beförderung… das ist mir schon echt wichtig.“ „Das packst du schon Süße, also ich glaub an dich. Sag mal wie geht es eigentlich deiner Schwester, du hast schon lang nichts mehr von ihr erzählt.“ Ich spürte ein unangenehmes Stechen unterhalb meiner Brust. „Naja ich hab am Wochenende mit ihr telefoniert, da ging es ihr nicht so gut, aber sonst ist eigentlich alles so wie immer. Scheiße.“ Sie biss ein Stück von ihrem Brot ab und meinte dann: „Möchtest du sie immer noch probieren zu dir zu nehmen, falls du die Beförderung bekommst?“ Ich nickte hastig. „Natürlich, schließlich ist das der Hauptgrund wieso ich mich überhaupt so anstrenge… in allem.“ „Verstehe, naja ich bin dann schnell duschen.“ „Ja, aber ich verabschiede mich jetzt schon von dir, weil ich gleich zur Redaktion fahre, ich muss die Fragen noch mit der Chefin durchgehen.“ Scarlett kam zu mir und umarmte mich freundschaftlich. „Viel Glück Frey! Das schaffst du!“

Ich backte meine Tasche und zog mich dann an, um die Wohnung zu verlassen und als ich draußen war, musste ich mit Bedauern feststellen das es mal wieder nieselte. Typisch England! Ich griff nach dem kleinen schwarzen Regenschirm in meiner Tasche und stellte mich an den Straßenrand, denn ich musste ja irgendwie ein Taxi erwischen. Nach einer knappen Viertelstunde hatte noch immer keines der dunklen Taxis gehalten und so langsam bekam ich schlechte Laune. Nicht heute, fuhr es mir durch den Kopf, dann geh ich eben zu Fuß, soweit war es ja schließlich nicht. Ich zog also den Reisverschluss meiner Jacke höher und lief dann den engen und überfüllten Gehweg entlang auf dem Weg zu meinem ersten, großen und richtigen Interview.

Meinung zu diesem Kapitel? (:

Im Nächsten wird Niall auch endlich mal auftauchen,

ich weiß doch, dass ihr nur darauf wartet. :D

Xoxo Saskia 

Strong. (Niall Horan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt