Modern Cinderella

cinderElla

„Ella! Mach, dass du sofort hinunterkommst!", kreischte ihre boshafte Stiefmutter. Die mit Botox aufgespritzte Visage der garstigen alten Frau blickte streng und gnadenlos. Ella latschte lustlos die kalte Marmortreppe hinab. Ihre Glieder schmerzten von der harten Arbeit zu der sie immer wieder verdonnert wurde. „Meine beiden bildhübschen Töchter und ich gehen heute Nacht in den neuen Club. Wenn wir heute nach Hause kommen erwarte ich, dass es blitzeblank sauber ist und auf Jennys Nachttisch stellst du ein Glas Wasser und Schmerztabletten. Die kleine hält keinen Alkohol aus", ordnete sie der armen Ella an. Das müde Mädchen drehte sich um und wollte wieder in ihr Zimmer um ihr Buch fertig zu lesen. „Ach ja noch etwas", meinte die Stiefmutter patzig, „trau dich gar nicht uns zu folgen. Du siehst aus wie ein kleines Kind. Die Leute dort würden sich nur über dich lustig machen". Bei diesem Satz verzog Ella ihr Gesicht. „Die wird schon noch sehen was sie davon hat", dachte sich Ella insgeheim und verschwand in ihrem Zimmer.

Als es Abend wurde stürmte Jenny in Ellas Zimmer. In ihrer mit Fake-Bräunung angesprühten Hand hielt sie einen Papiersack. Ella blickte ängstlich in die grünen Augen ihrer Stiefschwester. Jenny lies den Sack einfach fallen und verließ wortlos das Zimmer. Angespannt und nervös stieg Ella aus ihrem warmen Bett und hob vorsichtig den Sack auf. Ein kleiner Zettel ragte hervor und erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie entfaltete die Notiz und las leise: „Ich habe hier noch einen Haufen an Klamotten die gewaschen und gebügelt gehören. Wenn sie nicht bis morgen ordentlich in meinem Schrank sind kannst du was erleben!". Ihr Herz schäumte nur so vor Wut. Wie sollten die Kleidungsstücke nur bis morgen trocken werden. Ella konnte ja auch kaum alles auf einmal waschen. Sie wurde jedoch für einen kurzen Moment aus ihrer Verzweiflung gerissen als sie das Kichern ihrer beiden nervtötenden Stiefschwestern vernahm. Sie öffnete ihre Tür einen Spalt weit um die zwei ein wenig zu belauschen. „Heute soll der Youtuber Apored in dem Club sein", plapperte Samira aufgeregt. Jennys Augen begannen zu leuchten und sie meinte, dass der Youtuber bestimmt ihre neuen Nike Schuhe lieben würde. Ella schloss die Tür wieder und setzte sich auf ihr Bett.

Die Nacht brach an und Ella war schon fleißig an der Arbeit. „Ach könnte ich doch nur Apored treffen und Party machen anstatt hier fest zu stecken", seufzte das Mädchen verträumt. Plötzlich spürte sie ihr Handy in der Hosentasche vibrieren. Verwundert zog sie das Gerät heraus, doch sie ließ es vor Schock gleich fallen. Ihr Handy verwandelte sich in eine wunderschöne junge Frau. „Ich werde dir deinen Wunsch erfüllen", sprach sie mit einer Engelsgleichen Stimme. Sie fuchtelte ein wenig mit ihren Armen und Ella wurde verzaubert. Ihre second-hand-Kleidung wurde durch angesagte Markenkleidung ersetzt, in ihren Haaren befanden sich hochwertige Extensions und ihr Gesicht war wunderschön geschminkt. Die Frau zog die zerfetzten alten Schuhe von Ellas Füße und verwandelte die Latschen in coole Yeezys. „Vor der Haustür steht ein nagelneuer Benzer, steige in den Wagen und dann hab viel Spaß", sagte sie lächelnd. Ella konnte es nicht fassen. Sie umarmte ihre Heldin fest. „Vergiss aber nicht!", warnte die Fee, „Du musst bis Mitternacht zurück sein".

Angekommen wurde Ella nur so angegafft von allen Seiten. Schüchtern stellte sie sich zur Bar und bestellte sich eine kleine Erfrischung. „Das geht auf mich", ertönte eine tiefe männliche Stimme hinter Ella. Ihr Gesicht errötete stark. Sie wusste ganz genau wem sie gehörte. Mit knallroten Wangen drehte sich das junge Mädchen verlegen um. „Das wäre nicht nötig gewesen", säuselte Ella und blickte zu Boden. Der Mann fuhr sich durch seine gestylten Haare und lachte kurz auf. Er erwähnte grinsend: „Ich heiße übrigens Nadim, bin aber eher bekannt als". „Apored", unterbrach Ella. Die beiden unterhielten sich sehr lange über die verschiedensten Dinge und tauschten Kontaktdaten aus. Ella erwähnte natürlich auch ihre Familie und gab Apored ihre Adresse. Der Youtuber konnte seine Augen nicht von den Schuhen des Mädchens lassen. Ella bemerkte dies und zog einen ihrer Schuhe aus. Er erzählte ihr alle möglichen Fakten zu dem Schuh und sie lauschte seiner entspannenden Stimme. Sie ließ ihren Blick zur Wanduhr wandern und stellte geschockt fest, dass es schon längst Zeit war zu gehen. Ella rannte zu ihrem Auto ohne nach zu denken und fuhr nach Hause, wo sie sich einfach ins Bett plumpsen ließ und gut einschlief.

„Oh mein Gott, Apored steht vor der Haustür!", lärmte Samira am frühsten Morgen durch das Haus. Ella erwachte und begab sich auf den Weg nach unten wo sie von ihren Schwestern wie jeden Tag abwertend angefunkelt wurde. Sie öffnete verschlafen die Tür und wurde sofort von zwei gut gebauten Armen umarmt. Geschockt über dieses Bild fielen Jenny und Samira in Ohnmacht. Ella fing lauthals zu lachen an und löste sich langsam von Nadim. Er kniete vor ihr nieder und zog den Yeezy aus seinem Rucksack hervor. „Möchtest du mich heute Abend in die Shisha Bar begleiten?", fragte er sanft. Ella nickte aufgeregt gab ihm einen zarten Kuss auf die Wange.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

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Und nein. Ich bin kein Apored Fan. Hatte aber Spaß diese Geschichte zu schreiben. Schönen Tag noch :D