Wer bist du?

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Wenn dich jemand fragt, wer du bist, wie antwortest du?...

Wer bist du?

Ohne ein weiteres Wort hatte er sich zu ihr gesetzt und blickte sie mit seinen eisblauen Augen erwartungsvoll an. Er war niemand unhöfliches, nur neugirig und sprach nicht gerne mit vielen Worten.

Hey, ja nicht so schüchtern. Ich kenne dich gar nicht und deine ersten Worte sind diese? Nicht besonders höflich.

Sie richtete ihren Blick auf ihn und musterte ihn abschätzend von oben bis unten. Sie war niemand arrogantes, nur vorlaut und hatte Probleme mit Fremden zu sprechen.

Ich möchte nur ändern, dass ich dich nicht kenne.

Wer sagt dir, dass ich das möchte?

Du selbst. Deine Haltung, dein nach Unterhaltung suchender Blick und der Fakt, dass du alleine in einer Bar sitzt. Du möchtest mit jemanden reden.

...

Sie wusste, dass er irgendwie Recht hatte. Nicht umsonst war sie in diese Bar gegangen. Betrinken hätte sie sich auch einfach Zuhaue und trotzdem war ihr Stolz zu groß um zu gestehen, warum sie hier war.

Also, wer bist du?

Wer sagt mir, dass du kein Serienkiller bist, der Frauen in Bars anspricht, um sie dann zu häuten?

Niemand, aber glaubst du, dass ich einer bin?

Du scheinst amüsiert, aber so unrealistisch ist das gar nicht!

Na los, antworte endlich. Ich hab dich was gefragt.

Ich heiße Grace.

Ich habe dich aber gefragt, wer du bist.

Na Grace Stones, wenn du es genau wissen willst!

Das ist dein Name, hätte ich den wissen wollen hätte ich gefragt, wie du heißt. Meine Frage aber lautete, wer du seist.

Das wird mir zu doof. Es ist kurz vor Mitternacht und ich sitze an einer Bar halb betrunken und rede mit einem Irren!

Aber, aber, jetzt nicht gleich austicken. Es war doch nur eine ganz leichte Frage, Grace.
Ich möchte wissen, wer du wirklich bist. Kein Name, kein Aussehen, kein Alter, nur du.

Das diese Frau Temperament hatte, hatte er bereits auf den ersten Blick gesehen, doch auch sah er wie unsicher sie in Wirklichkeit war und wie sie dort sich Haareraufend wegen ihm so saß, brachte ihn zum schmunzeln.

Ok was willst du hören?! Dass ich Schwimmbäder nicht ausstehen kann, oder Techno Musik liebe?

Sie wusste nich, warum sie sich überhaupt auf ein Gespräch mit im einließ, mit diesem großen, Anzugtragenden Mann vor ihr, der sie irgendwie einschüchterte, doch sie tat es. Sein Blick schien sie zu hypnotisieren und sie konnte nicht aufhören in seinen Augen zu versinken, während sie gleich zeitig immer mehr zum ausflippen begann.

Das ist schon mal ein Anfang. Erzähl weiter. Wer
bist du Grace Stones?

Ich, ich bin jemand, der Menschen von tiefsten Herzen nicht leiden kann, vor allem solche, die mich Donnerstagsabends mit seltsamen Fragen nerven!

Na los, weiter.

Sie verstand noch immer nicht was er wollte, doch sie tat was er sagte. Sie begann zu erzählen, wer sie ist und verdrängte damit die Gänsehaut, die sie am ganzen Körper verspürte, nachdem er mit seiner rauen Stimme ihren Namen gesagt hatte.

Ich bin jemand, der zu selten überlegt was er sagt und gerne drauf los redet.

Ich bin jemand der fast immer ehrlich ist, aber sich selbst zu oft belügt.

Ich bin jemand, der sein eigenes Spiegelbild kaum erträgt, aber doch so oft davor steht.

Ich bin jemand der lacht, auch wenn er gerade heulen könnte.

Ich bin jemand, der Kitsch hasst, aber trotzdem gerne Liebesfilme schaut.

Ich bin jemand der am liebsten für immer Kind sein möchte, aber dafür schon viel zu viel Verantwortung tragen muss.

Ich bin jemand, der den Regen und die Kälte liebt.

Ich bin jemand, der Weihnachten hasst, aber trotzdem jedes Jahr noch immer einen Wunschzettel an das Christkind schreibt.

Ich bin jemand, der es liebt zu lesen und dabei in eine andere Welt einzutauchen.

Ich bin jemand, der nicht Gläubig ist, aber doch jede Nacht betet.

Ich bin jemand, der Lieder immer laut mitsingt, aber keinen Ton trifft.

Ich bin jemand, der beim tanzen immer nur den Kopf und die Arme bewegt.

Ich bin jemand der nicht dumm ist, nur viel zu faul.

Ich bin jemand, der Smalltalk hasst, ihn aber viel zu häufig führt.

Ich bin ich!

All das bretterte nur von selbst aus ihr raus und sie war selbst überrascht, was sie gesagt hatte, doch bereute es kein Stück. Sie war stolz. Stolz auf sich selbst und wahrscheinlich auch viel zu betrunken, um irgendetwas zu bereuen.

Siehst du, genau das wollte ich hören! Das bist du. Du bist kein Name, kein Alter, du bist dein Inneres, deine Gedanken, deine Geschmäcker, deine Macken und deine Leidenschaften. Vergiss nie wer du bist und für wen du lebst. Du bist du.

Und mit diesen Worten verschwand er. Er ließ sie alleine, in der dunklen Bar, ohne noch einmal zurück zu schauen. So gerne hätte sie erfahren, wer er war...

Weil du mehr bist, als ein Name.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt