Nur noch irgendeine Nummer

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„Emma warte", hatte ich mich den Worten meines Vaters widersetzt. Ich war immerhin alt genug. Natürlich nervte ihn unser Gestreite. Es war ja auch einfach nicht auszuhalten, aber ich konnte Emma nicht einfach so gehen lassen. Geschweige denn konnte ich verstehen, wieso meine Schwester jetzt so ein Fass aufmachte.

„Na prima. Jetzt rennst du der auch noch hinterher", hörte ich Nina maulen. Schlagartig hatte ich mich zu ihr umgedreht.

„Was ist dein verdammtes Problem?" Doch meine Schwester war verstummt. Sie war mucksmäuschenstill. Sie sagte nichts mehr, sah mich aus ihren großen blauen Augen an und fuhr mit den Fingern die Linien auf dem Tisch nach, so wie ich es immer tat, wenn ich etwas auf dem Herz hatte.

„Ach Nina, ehrlich? Lass es doch einfach. Wir sind hier nicht im Kindergarten", waren meine letzten Worte, bevor ich hastig rausheilte um Emma noch zu erwischen.

Ich hatte die Haustür aufgerissen und sah mich draußen um. Weit und breit war niemand zu sehen.

„Ach fuck", fluchte ich und wollte gerade nach unten laufen, da sah ich sie. Emma saß auf unserer Treppe, hatte den Kopf an die Mauer gelehnt und die Beine an sich gezogen.

„Hey", sagte ich leise und hatte mich zu ihr gesetzt.

„Es tut mir leid", seufzte ich und strich ihr sanft über den Rücken. „Meine Schwester ist manchmal sehr eigen, aber eigentlich ein ganz tolles Mädchen."

Emma schwieg, sah stur geradeaus. Ich spürte, dass sie völlig unterkühlt war und am ganzen Körper zitterte.

„Heeey, Emmchen", flüsterte ich und drehte ihren Kopf sanft zu mir. Ihr rannen wieder einmal die Tränen über ihr schönes Gesicht.

„Es tut mir leid", konnte ich nur schwer verstehen. Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch, da ich einfach nicht verstand, was sie mir damit sagen wollte.

„Ich bin einfach noch nicht für so viel Gesellschaft gemacht", flüsterte sie dann und hatte sich an meine Schulter gelehnt.

„Es war dumm von mir, dich mit hierher zu schleppen ohne meiner Familie was zu sagen", gab ich dann ehrlich zu und atmete laut aus. Emma schwieg. Ich spürte, wie unregelmäßig sie atmete und dass sie sich zwang, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Meine Hand lag immer noch auf ihrem Rücken, doch ich ließ sie langsam hinab zu ihrer Hüfte wandern. Ich zog Emma noch ein Stück näher zu mir, falls das überhaupt ging.

„Weißt du, wir gehen jetzt in die WG, essen was und was hältst du davon, wenn wir uns einen schönen Tag zusammen machen? Nur wir zwei?"

„Aber das Frühstück und... und euer Festival...?" Verständnislos sah sie mich an, was mich zum Schmunzeln brachte. Das Frühstück hatte sich eh erledigt. Ich hatte einfach überhaupt keine Lust mehr auf meine Familie. Es war zwar nur Nina die mir diese Laune versaut hatte, aber gerade wollte ich niemanden von ihnen sehen. Und Abbauen? Gedanklich zuckte ich mit den Schultern. Ich war mir sicher, dass die Jungs auch ohne mich klar kamen.

„Das werden sie schon verkraften", strich ich ihr abermals über den Rücken und hatte sie anschließend mit mir auf die Beine gezogen. Wir waren uns wieder so nah wie am gestrigen Abend am Stausee. Ein unbekanntes Gefühl schlich sich durch meinen Körper und ich musste wieder an jede einzelne Berührung denken. Doch hastig stoppte ich meine Gedanken. Karl hatte Recht. Ich durfte ihre Situation nicht so ausnutzen, auch wenn mir all das sehr gut gefiel. Emmas Nähe tat ungemein gut und dass sie nicht Recht wusste wohin mit ihren Gefühlen, machte es mir einfach sie für mich zu gewinnen.

Dein Leben läuft gut. Mein Leben läuft Amok. (Kraftklub Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt