Kapitel 8 - Annehmen oder ablehnen?

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Kapitel 8

Wiedereinmal das alltägliche Leben.

Vor einigen Tagen lag ich noch im Krankenbett und gähnte aus Langeweile vor mich hin, nun, musste ich mich wieder durch die Realität kämpfen. Die Realität?

Würde das etwa bedeuten, dass die Zeit, die ich im Krankenzimmer verbracht hatte, alles nur ein Traum war? Und der Unfall? Nein, der war wirklich passiert. Aber was ist mit Ian? Er war doch da! Wir haben uns ja schließlich zerstritten und er ist wieder nach Hause gefahren. Hm, ich überlegte, ob das Alles vielleicht doch meine Schuld war. Schließlich wollte er mir nur helfen. Ich sollte ihn anrufen, so schnell, wie möglich.

Nachdem der Unterricht endlich vorbei war, ging ich in die Schulmensa, kaufte mir ein Croissant und packte mein Handy aus, um meinen Bruder anzurufen. Sofort hob er ab. Womöglich hatte er meinen Anruf bereits erwartet, was kein Wunder war nach unserem Streit.

>> Was willst du? << Er tat so, als würde er genervt klingen, doch in Wirklichkeit ist er überglücklich über meinen Anruf, weil er weiß, das ich ihn brauche und er mir etwas bedeutet. (Das wusste ich gleich, als sein Bruder, und aus meiner jahrelangen Lebenserfahrung mit ihm.)

>> Ich will...keinen Streit, sondern Frieden zwischen uns, weil ich dich nicht wieder verlieren will und, weil du mir wichtig bist.<< Ich seufzte und biss in mein Croissant.

Er seufzte ebenfalls durch das Telefon. >> Also gut, du hast gewonnen, ich verzeihe dir, aber du musst mir versprechen, dass du mich jeden zweiten Tag anrufst. Ich vermisse dich auch.. <<

Seine Worte überwältigten mich und Freude kam in mir auf. >> Abgemacht. <<, sagte ich und fügte noch hinzu: >> Ich muss leider abbrechen, weil ich noch in der Schule bin und was zu erledigen habe. Hausaufgaben und so weiter. <<

>> Erledigt man die nicht zu Hause? <<

>> Ja schon, aber ich hab gerade Mittagspause und weiß nicht, was ich sonst tun könnte...<<

>> Mit Freunden abhängen? <<

Sollte ich ihm das wirklich sagen? Jetzt? Die Wahrheit, dass ich eigentlich keine Freunde hatte? Nein, er durfte es nicht erfahren! >> Die sind in die Pizzeria gegangen. <<, log ich, >> ich hatte heute keine Lust auf Pizza. << Ich betete, er würde mich damit in Ruhe lassen, aber das tat er nicht.

>> Sie haben dich einfach allein gelassen?! Das ist ja richtig fies von ihnen! <<

Jetzt wurde ich nervös und das konnte man mir deutlich anmerken. >> Nein, nein, schon gut! Wirklich! I-ich habe ihnen gesagt, d-dass ich alleine sein will. <<

>> Ist alles in Ordnung? Du wirkst so... ängstlich. .<< Okay, er hatte es bemerkt.

>> Nein! Alles prima! <<

>> Sicher? Du weißt, du kannst mir alles sagen...<<

>> Ja, ja, alles bestens! <<

>> Na schön, dann werde ich dich nicht weiter stören. <<

Erleichterung stieg in mir auf. >> Okay, wir hören uns! Bye! <<

>> Bye! <<

Ich legte auf und atmete tief ein und wieder aus. Danach aß ich in Ruhe mein Croissant auf und begann meine Schulsachen auszupacken. Eigentlich hatte ich ja überhaupt keine Lust darauf Hausaufgaben zu machen, aber irgendwie musste ich mir ja die Zeit vertreiben. Und hey,  je weiter ich mit dem Schreiben und Lernen vorrankam, desto weniger musste ich zu Hause machen! Ich hätte also mehr Freizeit und die nutzte ich zum Bücher lesen. Ich liebe es zu lesen! Dann bin ich immer in einer tollen Fantasie-Welt, ganz weit weg von der Realität, die ich so verabscheute. Das Selbe gilt fürs Computer- und Videospiele spielen, was mir meine Mutter aber, leider, auf Dauer nicht erlaubte.

Da ich ziemlich gut in Mathe war, also auch relativ schnell fertig werde, begann ich damit. Hm, Konstruktionsaufgaben... Dazu braucht man doch einen Zirkel! Und den hab ich zufälligerweise dabei!, dachte ich mir, während ich im vordersten Schlitz meiner Tasche, den Zirkel suchte. Seltsamerweise stieß ich sowohl auf den Zirkelkasten, als auch auf ein zusammengefaltetes Stück Papier. Neugierig faltete ich es auf. Kann mich nicht daran erinnern je ein Stück Papier in meine Tasche gepackt zu haben.  Während ich weiter grübelte, las ich mir den Zettel durch.

Danach starrte ich den Zettel völlig perplex an. Wer will mich treffen? Mich?! In zwischen müsste demjenigen doch wohl klar sein wer ich bin, oder? Mein Name ist Kevin Keller, ich bin 14, sehr unbeliebt, so unbeliebt, dass ich gedemütigt werde und sich jeder von mir fernhält. . Vielleicht ist es ja auch ein Neuer, dem noch nichts über mich erzählt wurde und er nun versucht Freundschaft mit mir zu schließen! Nein, diesen Gedanken schlug ich mir ganz schnell wieder aus dem Kopf...

Was ist, wenn das alles nur ein Scherz war und dieser Jemand nur so auf mich wartet, um mich fertigzumachen? Mit all seinen Freunden? Hm, auf dem Zettel oder dem Brief, was auch immer, stand, es wäre keine Verarsche. Pah! Wer 's glaubt! Ich werde mich jedenfalls nicht dazu einlassen! Hatte immerhin schon genug hinter mir... Wer  mich nun treffen will, hat er leider Pech gehabt! 

Ausserdem stand in dem Brief, er wolle mich nach der Schule treffen. Sie oder er könnte also schon Schule aus haben! Dann konnte ich sowieso nicht kommen, weil ich heute Nachmittagsunterricht hatte. (Ja, die Ärzte des Krankenhauses hatten sich leider geweigert, mich von diesem zu befreien.) Übrigens, hatte dieser Jemand geschrieben, er oder sie wolle mich bei der alten Eiche treffen. Das war schon Grund genug nicht hinzugehen! An diesem Ort ist mir bis jetzt nur Schlimmes wiederfahren.

Ich zerknüllte das Papier und warf es in den nächsten Mülleimer. Als es gongte, packte ich meine Hausaufgaben, die ich nicht einmal begonnen hatte zu schreiben, wieder in die Tasche und machte mich auf den Weg in die nächste Stunde.

Im Reich der TotenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt