Langsam strichen meine Finger über ihren nackten Arm. Sie hatte eine Gänsehaut und im Dämmerlicht wirkte ihre Haut noch weißer als in der Sonne. Sie schien förmlich wie ein Glühwürmchen. Unwillkürlich musste ich lächeln.
Die Sonne war schon fast hinter den Bäumen verschwunden und der See lag still und verlassen vor uns. Es war schwül geworden und sie schmiegte sich noch enger an mich, mit meinen Händen hielt ich sie fest. Ich küsste ihre Stirn und pustete leicht eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht. Sie zog grinsend ihre Stirn kraus und ich konnte mich kaum an ihren kleinen Grübchen satt sehen. Sie war wunderschön. Ihr spitzes Kinn und ihre Stupsnase, das blonde lockige Haar, die blauen Augen, die wie Diamanten im Sonnenlicht leuchteten, sie war besonders und das wusste sie auch. Sie war schlank, hatte aber dennoch Kurven, die sie geschickt in Szene setzen konnte. Sie wirkte verschlossen, will aber nur dass jemand genauer hinschaut und sie wie eine Schatztruhe öffnet. Und ich war dieser Jemand. Ich durfte sie öffnen und was ich fand war nur Gold. So glänzend und so faszinierend, dass ich mich dazu entschied, sie niemals loszulassen.
Meine Gedanken wurden getrübt, wie jedes Mal wenn ich mich daran erinnerte sie gefunden zu haben. Wir waren auf der Flucht, auf der Flucht vor der Polizei, vor Menschen, die wir nicht kannten und von denen die uns nahe gestanden hatten. Denn ich bin 23 Jahre alt, war ein Student gewesen, bis ich mit ihr geflohen bin, hatte bei meinen Eltern gewohnt und war Okay gewesen. Ich hatte sie auf einem Schrottplatz kennen gelernt. Ich bin immer dort hingegangen, wenn ich meine Ruhe brauchte und an jenem Nachmittag, hatten mich meine Eltern wegen der vorstehenden Prüfung genervt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie sie auf dem Auto saß, wo auch ich immer Platz genommen hatte. Ihre Knie angezogen und ihr Shirt dreckig und fleckig von Öl. Sie rauchte eine Zigarette und als ich neben ihr zum Stehen kam, bot sie mir auch eine an. So saßen wir rauchend auf dem Auto bis in die Nacht hinein und unterhielten uns und am darauf folgenden Tag auch. Monate ging es so. Dann kamen wir zusammen und das Pech fing an uns zu verfolgen. Sie war 15 Jahre alt und so wie es kommen musste, erfuhr ich Vater davon. Drohte mir, mich anzuzeigen, wenn ich nicht meine dreckigen Pfoten von seiner Tochter lassen würde.
Doch ich liebte sie und sie liebte mich. Also sind wir abgehauen. Abgehauen vor der Gesellschaft, wo wahre Liebe nicht relevant war, sondern nur die Gesetze galten.
„Es ist okay", sie setzte sich auf und nahm mein Gesicht in ihre Hände. Sie waren warm und so drückte ich mein Tränen überströmtes Gesicht in ihre Handflächen und ließ mich von ihr trösten. Sie war so klein und zart, aber von Anfang an habe ich die Stärke in ihr gesehen und anerkannt. Manchmal hatte ich Angst vor ihrem Temperament.
„Pscht", sie nahm mich in den Arm und mit meinem Kopf auf ihrer Brust lauschte ich den Gesang, den sie ansetzte. Den sie immer ansetzte, wenn ich wieder an die Vergangenheit dachte. Mein Atem wurde ruhiger und ging langsam im Takt ihres Herzens über. Ich lauschte ihrer warmen Stimme, bis ich einschlief. Ruhig und friedlich, bis zum nächsten Abend, wo alles wieder von vorne anfangen würde.
DU LIEST GERADE
The Fear Of Being Forgotten
PoetryTexte Gedichte Worte Gedankenfetzen, die es wert sind niedergeschrieben zu werden, aber zu klein sind, um eine Geschichte daraus zu weben. Vielleicht findet ihr euch in dem ein oder anderem Text wieder. || Genau wie Augustus Waters (The Fault In Our...