Kapitel 15

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Als ich ein paar Sekunden später die Tür öffne, stelle ich fest, dass er sein Wort gehalten hat. Und bete innerlich, dass ihm die bösen Streiche endlich ausgegangen sind. Oder er einfach genug davon hat, ein naives Mädchen zu quälen, das ihm sowieso viel zu verklemmt ist.

Beides ist bei ihm unwahrscheinlich...

Matteo, du wirst mich in Ruhe lassen müssen. Oder ich schneide dir im Schlaf die Kehle durch. Du hast die Wahl.

Ein Blick auf die Uhr und ich merke, dass ich nur noch fünf Minuten habe, um mich fertigzumachen. Meine beiden besten Freunde haben eine Gemeinsamkeit: eine Minute Verspätung und man muss sich das ein Jahrhundert lang vorhalten lassen. Ganz zu schweigen davon, dass eine dringliche Mission auf uns wartet. Wir brauchen unbedingt einen Ferienjob für den Sommer. Wenn möglich alle drei am selben Ort. Damit ich aus diesem Haus rauskomme, in dem ein böser Geist sein Unwesen treibt. Sobald ich in meinem Zimmer bin, öffne ich den Schrank und picke eher willkürlich eine Handvoll Kleiderbügel heraus. Noch während ich schnell in das erstbeste lange Kleid schlüpfe, werfe ich einen Blick aus meinem Fenster in den großen gepflasterten Hof.

Bonnies verbeultes Cabrio ist noch nicht in Sicht; dafür steht Matteo neben seinem Fahrrad und ist gerade damit beschäftigt, Harry auf dem Kindersitz festzuschnallen. Die Nanny im strengen Kostüm passt halbherzig auf sie auf, dann macht sie sich davon, um ihre unverhoffte Freizeit zu nutzen. Während das Kind zappelt und auf seinem Helm herumtrommelt, vermutlich aufgeregt wegen der bevorstehenden Ausfahrt, braucht sein älterer Bruder mehrere Anläufe, um den Gurt zu befestigen, verliert dabei aber nie die Geduld. Der Matteo, den ich hier beobachte, ist ein anderer.
Aufmerksam, geduldig, schützend. Für Harry würde er, glaube ich, alles tun.

Schließlich sitzt sein großer, kräftiger Körper fest im Sattel, und die beiden Brüder flitzen auf ihrem flinken Zweirad vom Hof weg. Schon sind sie aus meinem Blickfeld verschwunden, aber Harrys Gelächter ist noch zu hören.

2 Minuten. Mir bleiben noch zwei Minuten. Dem Spiegel scheint mein Outfit nicht zu gefallen, dem unförmigen Bild nach zu urteilen, dass er mir zurück wirft. In diesem Aufzug sehe ich aus, als wäre ich verkleidet. Ein kleines Mädchen, das unbedingt die feine Dame raushängen lassen will. Ich lasse das blassrosa Kleid zu Boden gleiten und betrachte mich in Unterwäsche.

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