Der Wasserfall und seine positiven Seiten

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Gabriel's PoV:

"Ich hänge also in der Vergagenheit? Soso. Und wer hat vor 40 Jahren beschlossen Rohrstöcke und Gürtel aus dem Bestrafungsregister zu streichen? Also meinetwegen können wir die gerne wieder einführen" Wie ich seine kalte, leise Drohstimme doch hasse. Luk geht es ähnlich, denn er hebt beschwichtigend die Hände. "Okay,okay. Du hast vor 40 Jahren unser Leben, sagen wir mal, vereinfacht. Und wir sind dir auch echt dankbar dafür. Aber wir brauchen auch unseren Schlaf. Da wir schon kein Blut mehr zu uns nehmen können, weil diese Klasse nichts vernünftiges isst, sind wir schon geschwächt. Aber nicht schlafen noch zusätzlich?" Ich zweifle das die Mitleidstour von Luk erfolg haben wird. Ich meine, die zieht nie. Jedenfalls nicht bei Raffzahn. "Gut. Aber keiner von euch verschläft, oder ihr habt sofort wieder Unterrichtspflicht. Verstehen wir uns?" Eifrig nicken wir. Seit wann ist der denn so grosszügig? "Und jetzt raus, ich muss den Unterrich für morgen vorbereiten." Als wir schon am gehen waren flüstert mir Luk noch zu: "Oder eher die alten Unterlagen von 30 Jahren suchen" Dracula sei dank hat Raffzahn das nicht gehört.
Müde verkriechen wir uns in unsere Särge. Gähnend schliesse ich den Sargdeckel und mummel mich in meine Decke ein. Kaum war ich eingeschlafen öffnet sich mein Deckel wieder. "Denkst du, er wird Rohrstöcke und so wieder einführen? Woher will er die überhaupt wieder her haben? Wir leben doch im 21 Jahrhundert?" Luk sieht mich besorgt an. Ich kann ja verstehen das er sich Sorgen macht, immerhin ist es gut möglich das Raffzahn seine wahrscheinlich Drohung wahr macht... Aber deswegen muss er mich nicht gleich wecken. "Kann sein. Und übrigens, die alten liegen immernoch im Raum des Grauens. Der war zu faul die weg zu räumen. Und jetzt geh wieder schlafen" Mit einem Schulterzucken lässt Luk meinen Sargdeckel los, welchen ich voll auf den Kopf kriege, und geht wieder in seinen Sarg. Himmel tut das weh. Das gibt sicher eine Beule. Ach egal...

Morgenfrüh um keine Ahnung wieviel Uhr klingelt mein Wecker. Ich öffne den Sarg, und... Ich sehe die Welt wieder scharf. Ich hüpfe sofort aus dem Sarg und reisse den Deckel von Luks auf. "Morgen. Drei Mal darfst du raten was passiert ist!" Luk öffnet müde ein Auge und schaut mich an. "Die Klasse ist weggefahren und wir können weiterschlafen?" Typisch Luk, immer ans schlafen denken. "Nein. Ich kann wieder sehen!" Fröhlich zieh ich mich um und treibe Luk voran, damit er nicht wieder einschläft.
Mit guter Laune stürze ich in den Speisesaal, wo die Klasse schon auf uns wartet. Kili schaut mich amüsiert an. "Na wieso so fröhlich?" "Morgen Stund hat Gold im Mund" begrüsse ich Kili. Hinter mir ertönt ein grummeliges "Gold im Mund ist ungesund" typisch Luk eben. "Was ist den mit deiner Stirn passiert? War das euer Schuldirektor? Das verstösste gegen" "Jaja" unterbreche ich den Streber "ich weiss, gegen irgenwelche Paragraphen und Absätze. Hab mir gestern noch den Kopf gestossen. Aber ich habe meine Kontaktlinsen wieder gefunden" grinse ich die Klasse an.

Luks PoV:

Hauptsache Gabriel findet irgendeinen Grund um die Sache positiver zu sehen. Seit gestern Abend zerbreche ich mir wegen der Sache mit dem Rohrstock und den Erziehungsmethoden von anno 1970 den Kopf. Und jetzt wieder so früh aufstehen, um einen Haufen undankbarer Schulkinder zu hüten. Darauf habe ich absolut keine Lust. Naja. Alle sind ja nicht undankbar, wie mir Kilis breites Grinsen wieder ins Gedächnis ruft. Und solange die Menschen hier sein werden, bleiben Gabriel und ich ausserdem von Raffzahn verschont. Zu schön um wahr zu sein.
"Vielleicht wäre Unterricht bei Raffzahn gar nicht so übel." Sage ich eine Stunde später zu Gabriel, während wir, im Anschluss die Klasse, die begeistert die Landschaft fotografiert, einen steilen Hügelkamm in Angriff nehmen. Kili, der neben uns herkeucht und allem Anschein nach der Einzige dieser Klasse ist, dem diese Wanderung mehr als gegen den Stricht geht, erfasst dies als neues Thema. "Wer ist eigentlich dieser Raffzahn?" Ich wechsle einen schnellen Blick mit Gabriel, bevor ich antworte:"Unser Schulleiter." Kili deutet auf Gabriels Gesicht:"War er es, der euch geschlagen hat?" Gabriel seufzt."Ich habe doch gesagt, dass ich gegen eine Wand gelaufen bin." Kili runzelt die Stirn. "Das glauben euch vielleicht die anderen. Aber ich weiss, wie sich Schläge auf das Gesicht auswirken. Ich dachte, wir seien Freunde." Erneut schiessen meine Augen zu Gabriel hinüber. Doch bemerkt meinen Blick gar nicht, sondern antwortet promt: "Weil du unser Freund bist, sagen wir es dir, aber du musst schwören, es niemandem zu sagen. Sonst kommen wir in Teufelsküche." Kili hebt zwei Finger und guckt erwartungsvoll. Gabriel öffnet den Mund, doch ich unterbreche ihn: "Nicht hier. Später, wenn die Anderen es nicht hören können." Er nickt unauffällig in Richtung von Melanie, die nur schon bei den Begriffen Teufelsküche und Schulleiter hellhörig geworden ist. Kili nickt und den Rest des Weges bis zu unserem Ziel, einem Wasserfall, fällt kein Wort mehr über dieses Thema. Gabriel fragt Kili über das Leben als Schüler in der heutigen Welt aus. Doch mit bleibt während der ganzen nur eine Frage im Kopf hängen: "Wieso weiss Kili so gut über die Auswirkungen von Schlägen Bescheid?"

Endlich. Zwei Stunden und 43 Minuten später und unendliche Strapazen später, erreichen wir endlich unser Ziel. Der Wasserfall ist zwar nicht der Rede wert, mehr ist es ein Rinnsahl, das über einige Steine in ein Becken tröpfelt, doch die Erleichterung, endlich angekommen zu sein, ist Belohnung genug. Während alle mit ihren Fotoaperaten in Bereitschaft gehen, packt die Lehrerin eine Picknick Decke aus. "Frau Beunner.", ruft Kili,"Wir gehen etwas Feuerholz sammeln." "In Ordnung." Kommt die Antwort. Endlich haben wir Zeit für ein ungestörtes Gespräch.

Auf einer grossen Steinplatte ziemlich entfernt vom Wasserfall setzen wir uns alle hin. Gabriel räuspert sich. "Was willst du jetzt wissen?" "Na alles", antwortet Kili. "Vielleicht kann ich euch dann helfen." Ich rechne die Chancen eines Kampfes zwischen einem Menschenjungen und einem ausgewachsenen Obervampir zwar ziemlich gering, doch ich grinse ihm dankbar zu. Und Gabriel beginnt, die Fakten auf zu liesten.

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