Kapitel 1: Mitten ins Leben

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Freitag, 27.07.2016, 09:24 Uhr.
Vermisstes Flugzeug immer noch nicht aufgetaucht

Die amerikanische Transportmaschine C-21 der American Airlines ist beim Hinflug vom Philadelphia Airport in die Landeshauptstadt Ägyptens mitten über dem Nordatlantik spurlos verschwunden. 37 Menschen waren an Bord, darunter auch Kinder der Reisegesellschaft. Die Ursache des Verschwindens ist sehr umstritten und letztlich bis heute immer noch ungeklärt.

Ganze 6 Monate ist es jetzt schon her.
"Du musst lernen damit abzuschließen. Zurückholen kannst du sie sowieso nicht mehr.", vernahm ich aus der anderen Seite der Küche.
Verwundert schaute ich auf. Es war Daren, mein großer Bruder (19). Der einzige, der mir noch aus meiner Familie geblieben ist. Ich war so tief in den Zeitungsartikel versunken, dass ich ihn gar nicht hereinkommen hören hab.
Aber obwohl ich ihn im Moment mehr als alles andere hier liebte, entging mir nicht der tadelnde Unterton seiner tiefen Stimme. Ich bemerkte die geringfügige Abwertung und sie gefiel mir gar nicht.

"Wie kannst du so über sie reden?" brachte ich aus mir hervor. Wut stieg in mir auf aber meine Stimme war leiser als ich sie haben wollte. "Es sind immer noch unsere Eltern!" , rief ich ihm hinterher.
Aber er war schon zur Haustür hinaus. Ich verstand sein Verhalten nicht. Er war doch sonst nicht so? Okay klar, er hatte nicht die beste Beziehung zu ihnen gehabt aber wer hat das schon? Das rechtfertigt doch noch lange nicht diese Antipathie zwischen ihnen, die von ihm ausgeht, gerade nicht nach ihrem... Ich wagte es nicht daran zu denken.

Vielleicht gehe ich ja auch etwas zu kritisch mit Daren um. Vielleicht bin ich wirklich zu streng mit ihm, schließlich war er noch nie wirklich emotional, wie kann ich da erwarten, dass ihn das Geschehen zu Tränen rührt? Andererseits glaube ich, dass es nur Fassade ist. Ich glaube, dass er seine Emotionalität hinter seiner Männlichkeit und seiner Stärke versteckt. Natürlich, er möchte nicht als schwach abgestempelt werden, als Junge fände ich das auch verständlich.. zumindest ein wenig. Ich meine es würde ihn wahrscheinlich niemand dafür auslachen, er denkt es bloß. Das ist der Grund weshalb er so unberührt tut. Wie gerne würde ich vernünftig mit ihm darüber reden können aber es geht nicht. Ich weiß, er wäre nicht bereit für dieses Gespräch und ich bin es wahrscheinlich auch nicht. Deshalb blockt er mich ab und meidet Gespräche wie diese. Er ist auch kein schlechter Mensch, das könnte ich nie von ihm behaupten, er hat sich nur verändert, damit er besser mit der Situation umgehen kann und das ist okay. Ich sehe ihn, um ehrlich zu sein auch lieber so, als verloren und vollkommen am Boden zerstört, da wo ihn depressive Gedanken krank machen, denn das hier ist seine Art richtig mit der Situation umzugehen. Nur so kommt er selbst am besten damit klar.. und das ist auch besser für uns beide. Ich wüsste nämlich nicht wie ich sonst besser auf ihn einreden könnte. Jeder von uns findet seine eigene Art mit der Vergangenheit abzuschließen und das ist auch gut so, denke ich.
Zumindest für eine kurze Zeit.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 10, 2017 ⏰

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Lost - Irgendwo zwischen Trauer und HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt