Kapitel 4
Der Nicht-Ninja-Opa sperrte die Tür zur Hütte auf und Melody betrat das Haus aus Holz. Falls man es Haus nennen konnte. Es war mehr ein großer Raum, dessen Wände mit Regalen vollgestellt waren, die wiederum mit allerlei seltsamem Zeugs vollgestellt waren.
In der einen Ecke standen ein Bett und ein abgenutzter, bordeauxroter Sessel, ihnen gegenüber in Sofatisch aus dunklem Holz, auf den jemand einen kleinen Fernseher und ein altes Radio gestellt hatte. Auf der anderen Seite des Raumes befanden sich eine Küchenecke und ein schiefer Holztisch mit zwei ebenso schiefen Stühlen. Eine schmale Tür in der Wand führte wahrscheinlich zu dem Schuppen, den Melody vorhin an der Seite der Hütte gesehen hatte.
„Mach's dir gemütlich“, sagte der alte Mann und ging zur Anrichte. Dort holte er eine Packung aus einem Regal über der Anrichte, holte aus dieser Packung eine kleinere, riss sie auf und kippte ein gelbbraunes Puder in einen Topf, den er mit Wasser füllte. „Ich hoffe, du hast nichts gegen Instant!“, rief der Mann gut gelaunt und warf irgendwelche Kräuter in den Topf. „Nö, nö“, antwortete Melody und setzte sich auf einen der schiefen Stühle. Neugierig sah sie sich um. Einige der seltsamen Sachen auf den Regalen sahen stark danach aus, als benutze man sie zum Jagen, andere waren aus Metall und erinnerten entfernt an Tierschädel und wieder andere sahen so aus, wie große, schwere Bücher, deren Titel und Abbildungen auf den Deckblättern sich unablässig änderten.
Alle diese Sachen waren scheinbar willkürlich in die Regale gestellt worden, Melody konnte bei bestem Willen kein System dahinter erkennen. Sie mochte das. Es gab schließlich kaum langweiligeres, als ein System.
Die halbe Stunde, die der Mann noch gebraucht hatte, um eine Instant-Suppe und einen Instant-Braten - jawohl, Braten - zuzubereiten verbrachte Melody damit, in den Büchern mit den wechselnden Aufschriften zu lesen. Sobald sie ein Buch wieder zugeklappt hatte, konnte sie sich nicht mehr an den Inhalt erinnern, mit ein bisschen Glück wusste sie nur noch, ob sie ihn interessant fand.
Irgendwann ließ sie die vergeblichen Versuche, sich an den Text zu erinnern, setzte sich einfach auf den schiefen Holzstuhl und wartete, bis das Essen fertig war.
Nach zehn Minuten, in denen Melody vom Stuhl aus einen der metallenen Tierschädel genauer betrachtet hatte, hatte der Mann es endlich geschafft, den Inhalt des Topfes in zwei Teller zu verfrachten, stellte einen von diesen vor ihr auf den Tisch und den anderen nahm er mit auf die andere Seite des Tisches, wo er sich auf den zweiten Stuhl setzte.
Nach einer kurzen Stille fing der Mann an, dies und das zu erzählen, meist etwas belangloses (zum Beispiel erzählte er, dass letztes Jahr zwölf Millimeter mehr Schnee lag, als dieses Jahr liegen würde. Woher auch immer er das wusste, wenn in frühestens zwei Monaten die ersten Flocken fallen würden). Jedenfalls kamen sie irgendwann auf diese Hütte zu sprechen. „Sie sieht zwar nicht so aus, aber sie ist verdammt wasserdicht und kälteisolierend“,sagte der alte Mann und nickte stolz. „Das ist...“, Melody suchte nach geeigneten Worten. Sie hatte keine Ahnung, wie man eine Holzhütte loben sollte.“...schön... Schätze ich...“
„Oh ja, das ist es“. Er lehnte sich zurück und schob den leeren Teller von sich.
„Und... Wie lang leben Sie schon hier? Nur mal so aus reinem Interesse“
„Oh. Das ist eine gute Frage.“, sagte der Mann nachdenklich und kratzte sich am Kinn, „Ich hab, ehrlich gesagt keine Ahnung.“
„Geschätzt?“
„Sehr, sehr lange“
„Damit kann ich nicht besonders viel anfangen“
„Ihr Jungspunde könnt mit kaum etwas besonders viel anfangen“
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Das Lied der Stille
FantasyAuf dem Planeten Kynerem wogt seit langer Zeit die Rebellion gegen das Regime. Als beide Seiten allmählich ihre letzten Register ziehen müssen, tauchen die alten Legenden um eine sagenumwobene Zauberformel wieder auf, die einer Seite den sicheren Si...