Vom Engel geküsst

Kapitel 31

Sie war aus dem Krankenhaus entlassen worden und Luise hatte sie mit einem roten Sportwagen abgeholt.
   Sie saßen auf einer blau karierten Decke am Meer. Luise hatte ein kleines Obst-Picknick vorbereitet, dass Vera dankend verspeiste. Das Essen im Krankenhaus war ungenießbar gewesen.
   ''Ich hab 'ne Frage'' sagte Vera. ''Und die wäre?'' fragte Luise lächelnd.
   ''Seit ihr wirklich...?'' begann Vera, brach aber ab. Das Wort >Vampir< wollte ihr nicht über die Lippen kommen.
   ''Ja wir sind Vampire, aber nicht alle von uns'' sagte Luise. ''Kevin und Pia sind gefallene Engel.'' Überrascht schluckte Vera und starrte zu Boden.  Engel? Sie verwarf den Gedanken und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Vampire.
   ''Aber wieso kannst du dann in der Sonne sitzen, ohne zu verbrennen?'' Luise lachte. ''Das ist ein bisschen kompliziert'' räumte Luise ein. ''Dann erklär es mir'' forderte Vera. ''Also gut.''
   ''Es gibt verschiedene Arten von Vampiren. Einmal die crudelis lamia, dass sind Vampire wie Nina und Mia. Sie sind bösartig und haben keine Gefühle. Liebe heißt bei ihnen Besitzen. Man kann sagen, dass diese Art, als erstes auf der Welt war'' erklärte Luise.
   ''Also sind sie so, wie Mordad, Morael und Luzifer sie geschaffen haben?'' Luise nickte zustimmend.
   ''Sie ertragen es nur kurze Zeit in der Sonne, ohne in Flammen aufzugehen. Sie töten Menschen und genießen es. Na ja, sie sind halt grausam.'' Luise machte eine Pause und legte sich auf den Rücken und sah in den Himmel.
    ''Dann gibt es die In sanguine animalis lamia, dass sind Vampire, die sich dem Guten angeschlossen haben. Lea ist eine davon. Man erkennt sie besonders an den schwarzen Augen'' Vera biss in einen Apfel und nickte.
   ''Aber warum wart ihr dann mit Nina befreundet?'' fragte sie verwirrt. ''Befreundet würde ich nicht sagen. Nina ist auch ziemlich kompliziert. Sie hat uns vorgespielt, sich geändert zu haben, doch in Wirklichkeit war sie eine crudelis'' sagte Luise.
   ''Also war sie schon immer eine crude...Dingsda?'' fragte Vera, Luise nickte. 
   ''Also, wo war ich? ... Ach ja. Die In sanguine animalis lamia trinken nur Tierblut, dass sie zwar schwächt, aber am Leben hält. 
   Tja und dann gibt es solche wie mich und Aaron. Uns nennt man duos-pars lamia oder bifidus, der zweigeteilte Vampir. Die meisten sehen unsere Art nur als zeitweilig an, da es ein Zwischenstadium ist, indem man sich für crudelis oder In sanguine animalis entscheidet. Soweit ich weiß, kann man aber auch in dem Stadium bleiben, sowie Aaron'' erklärte sie.
    ''Und trinkt ihr... Menschenblut?'' fragte Vera zögernd. 
   ''Ja, aber wir töten nicht. Wir trinken oft aus der Packung oder von sogenannten Spendern.'' Verwirrt sah Vera auf Luise herab.
   ''Es gibt Leute, die fest an Vampire glauben und ihr Blut spenden. Manchen wird Blut abgenommen und andere lassen sich beißen. Und wenn alle Stricke reißen, klauen wir die Blutkonserven aus dem Krankenhaus'' gab sie zu, setzte sich auf und grinste Vera an.
   ''Also können nur die crudelis im Sonnenlicht verbrennen?'' hakte Vera nach. Bestätigend nickte Luise. ''Aber warum kann Nina im Sonnenlicht sein?'' fragte sie verwirrt. ''Nun ja.. Nina ist etwas kompliziert. Ihre Mutter war eine Hexe und das beeinflusst sie. Sie hält es lange in der Sonne aus, da sie eigentlich eine Halbhexe ist'' erklärte Luise. Hexen? Es gibt sie wirklich? Fassungslos starrte sie ihren Apfel an, doch sie ging nicht weiter auf das Thema ein. 
   ''Und was hat es zu bedeuten, wenn die Augenfarbe wechselt?'' Neugierig musterte Luise sie ''Aaron passiert das, wenn du in der Nähe bist, richtig?''
   ''Ja. Zwischendurch'' bestätigte Vera. ''Dieses Phänomen ist äußerst selten. Aber falls seine Augen schwarz werden, kannst du es mit der Liebe in Verbindung setzen. Und wenn sie fast rot sind, dann mit Hass. Orange ist eigentlich neutral'' erklärte Luise.
   Plötzlich summte Veras Handy. Eine Nachricht, Nummer unbekannt – zeigte das Display an.
   >Nos adepto vos< 
''Luise? Kannst du Latein?'' Vera reichte ihr das Handy. ''Scheiße'' fluchte Luise mit erstickter Stimme. Beunruhigt stand sie auf, packte alles ein und knüllte die Decke zusammen. Abrupt stand Vera auf, ''was ist los?''
   ''Wir müssen hier weg. Beweg dich'' Luise scheuchte sie zu dem roten Sportwagen.
   Mit quietschenden Reifen raste Luise los. ''Luise, was ist los?'' fragte sie besorgt. ''Aaron und Kevin sind gescheitert.'' Veras Herz sackte zu ihren Füßen. Gescheitert?! Luise griff in ihre Jackentasche und zog ihr Handy heraus. 
   ''Lea? Hast du etwas von Aaron oder Kevin gehört?'' Mit dem Hörer am Ohr, raste Luise die Landstraße entlang und wich mehreren Autos aus. ''Ok, wir kommen'' Luise legte auf und warf das Handy auf den Rücksitz. 
    ''Lea sucht sie jetzt. Wenn sie einer findet, dann sie'' sagte Luise nervös und überholte ein Auto. Luise schwieg und erhöhte das Tempo.  
   Plötzlich klingelte Luises Handy, dass auf dem Rücksitz lag. ''Mist'' fluchte Luise grimmig, als das Klingeln aufhörte. Dann klingelte Veras Handy, ihr Bildschirm leuchtete auf und zeigte Leas Bild.
   ''Ja?'' fragte sie ins Telefon. ''Sag Luise, dass ich sie gefunden habe.''
    ''Lea hat sie gefunden'' gab Vera weiter. ''Sie sind wohlauf.'' Ergänzte Lea.
    ''Sie leben'' seufzte Vera und versank in dem Autositz. ''Danke'' murmelte sie ins Telefon.
    ''Sag Luise, sie soll langsamer fahren. Wenn sie dich umbringt, ist nichts gewonnen'' witzelte Lea am anderen Ende. Vera legte auf.
   ''Lea hat gesagt..'' setzte sie an, aber Luise unterbrach sie.
    ''Ich soll dich nicht umbringen.''