Something New

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Ichstehe auf dem Dach des Hochhauses. In knapp fünfundzwanzig MeternHöhe genieße ich den Moment. Der Moment in dem die Sonne amHorizont das letzte Licht ausstrahlt. Der Mond steht schon hoch amHimmel, umgeben von unzähligen Sternen. Der prachtvolle Anblicklässt einen selbst irgendwie klein und unbedeutend wirken. Dieunendliche Weite des Weltraums aus der Perspektive eines einzelnen aneinen Planeten gebunden Individuums. Ich ziehe ein letztes Mal an derZigarette, bevor ich sie an dem metallenen Rand des Daches ausdrücke.Der Rest vom Dach ist mit Kies bedeckt, welcher sich mittlerweileauch zwischen meinen Zehen befindet. Früher hat mich das komischkratzende Gefühl immer genervt. Aber nicht heute. Nicht in diesemMoment. Das Gefühl der Freiheit überwiegt. Ein Gefühl, dass ichlange nicht mehr erlebt habe. Immer wieder übernimmt jemand dieVerantwortung für einen. Sagt einem was man wann zu erledigen hatund was man als Gegenleistung bekommt. Nichts tun geht nicht. Nur derBeschäftigte oder der Mächtige hat das Privileg etwas zu Essen undzu Trinken. Sich eine Unterkunft zu bauen. Jeder einzelne Fleck Landist im Besitz von jemandem. Freiheit erleben die Menschen nur noch,wenn sie sich auf ihrem eigenen Land bewegen. Sie verlassen ihreKomfortzone nur ungern. Sie alle streben nach Freiheit. Doch keinervon Ihnen weiß was Freiheit wirklich ist. Die Macht das zu tun, wasman wirklich will. Ohne Einschränkungen. Keine physischen wieMauern, Zäune oder auch verschlossene Türen. Aber auch keinepsychischen, wie die Gedanken, welche Risiken eine tat birgt. Undwenn sie doch die Freiheit erleben, dann ist es meistens zu spät zuHandeln. Auf dem Sterbebett im Angesicht des Todes. Dort erkennen diemeisten Menschen, dass sie sich selbst einschränken, andereEinschränken und trösten sich mit der minimalen Zeit in der SieErfolgserlebnisse hatten. Natürlich hat jeder schlechte Phasen inseinem Leben. Phasen in denen er keine Kraft hat um Widerstand zuleisten gegen die Unterdrückung. Doch wenn man sein ganzes Leben aufden perfekten Moment wartet stellt sich mir die Frage, ob manüberhaupt lebt. Doch um ehrlich zu sein, auch ich befinde mich imMoment in einer schlechten Phase. Mein Leben geht bergab. Ich fühlemich wie ein Läufer, der zwar immer weiter voranschreitet, dochschon vor einer langen Zeit die Orientierung verlor. Ich befinde michzwar immer auf dem Weg, doch ich habe kein Ziel mehr vor Augen.Vielleicht hätte ich noch Kraft zu kämpfen, aber ich weiß nichtwofür. Ich habe nichts. Von meiner Familie habe ich mich schon vor 8Jahren nach einem Streit getrennt. Eine Freundin habe ich nicht. Ichhabe es nie geschafft eine normale Beziehung zu führen. Es ist soals ob ich dafür nicht geschaffen bin. Auch meine Freunde habe ichnach und nach immer mehr vernachlässigt und einer nach dem anderenist gegangen. Der letzte erst vor ein paar Stunden. Es hat ihn zusehr verletzt, zuzusehen, wie ich mein Leben wegwerfe. Doch ist esmeine Schuld, dass ich nicht das machen kann, was ich will, sondernetwas tun muss was mir nicht liegt, nur um mein Leben zurechtfertigen? Ich war einmal ein unbeschriebenes Blatt. Weißglänzend und rein. Und jetzt? Es scheint mir ich bin nur irgendeinZettel, der von den Leuten nicht beachtet wird und schon vor langerZeit in die Mülltonne geworfen wurde. Ich habe zwar nie an einenGott geglaubt, doch in diesem Moment wünschte ich jemand würde michweisen. Auf der Suche nach einem Zeichen vom großen Herrscher blickeich in alle Richtungen. Nichts. Alles ist still. Für einen Momentbleibe ich still stehen und schließe meine Augen. Ich gehe ein paarSchritte zurück. Dann renne ich los und springe in die Freiheit. Imfreien Fall schießen mir die Gesichter aller Menschen in den Kopf,die ich je gesehen habe. Immer wieder tauchen die selben Gesichterauf. Meine Familie, meine Freunde und Sie.



....



Erneutschaue ich in den Himmel. Die Sonne ist mittlerweile nicht mehr zusehen. Ich schaue vom Dach runter und sehe die Spiegelung des Mondesim Swimmingpool. Adrenalin durchfließt meinen Körper und erwärmtmeine vom kühlen Nachtwind umwehten Beine. Heute nicht!, sage ich zumir selbst. Ich drehe mich um und gehe Richtung Treppenhaus.

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⏰ Last updated: Feb 17, 2017 ⏰

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