Nicole
Marcos Reaktion bei seiner Schwester hatte mich sehr verwundert, dennoch war er sonst wie immer, wenn auch die Fahrt sehr schweigsam von statten ging. Später machte ich für uns alle noch einen Salat und dazu ein paar Brote und als Luca im Bett verstaut war und wir uns gemütlich aufs Sofa zurückzogen, um einen Film anzuschauen, war die Welt wieder wie immer. Einfach alles in bester Ordnung. Sanft streichelte seine Hand über meinen Rücken und ich bekam fast nichts von dem Film mit, da ich immer wieder meine Augen genießerisch schloss. Der Tag war sehr turbulent und seine Berührung machte mich noch müder, als ich eh schon war, dennoch wollte ich ihm davon erzählen was mir schon den ganzen Tag nachging.
„Ich muss dir was erzählen. Ich hab etwas gemacht, weil ich einfach nicht anders konnte" sagte ich leise, als ich mich eng an Marcos Brust gekuschelt hatte. „Heute Morgen, bevor ich schnell ins Büro bin und dann einkaufen, habe ich in Luisas Internat angerufen" ein zufriedenes Lächeln legte sich auf mein Gesicht bei dem Gedanken. Ich war stolz auf mich, denn ich hatte den Anruf tapfer durchgestanden. Eigentlich wollte ich mir erst einen Plan machen und habe es dann ganz spontan entschieden.
„Du hast was?" schoss es aus Marcos Mund und er hob leicht seinen Oberkörper, sodass ich meine bequeme Position verlor. Ich rappelte mich ganz auf und sah ihn verwirrt an. Was konnte nur der Grund sein weswegen er auf einmal so aufgebracht war? Erst diese Eile bei seiner Schwester, die überhaupt nicht zu ihm passte wenn es um seine Familie ging und jetzt diese Überreaktion. Er wusste doch wie sehr mir Luisa fehlte und er selbst hatte doch den Vorschlag gemacht, sie zu besuchen. Genau deswegen hatte ich da angerufen, um zu erfahren, ob dies überhaupt schon möglich war. „Ja habe ich. Ich wollte wissen, wie lang die Kontaktsperre ist und ob Ausnahmen möglich sind"-„und?" seine Augen waren weit aufgerissen, was mich etwas schmunzeln ließ. „Sie sind nicht begeistert" der Gedanke an die vorläufige Absage, drückte mir aber direkt wieder auf mein Herz und drohte mich zu erschlagen. Da war mein Schmunzeln auch schon wieder weg. Der Dekan der Schule hatte es mir wirklich versucht schonend beizubringen, dennoch standen mir die Tränen bis zur Oberkante. „Nicht begeistert bedeutet ja kein –nein-" Marco sprach es so aus, als würde er es richtig bedauern, dass ich keine klare Absage bekommen hatte und ich konnte nur weiter verwundert sein. „Doch leider" kam es schon schnippisch von mir zurück, dennoch gab ich nicht auf. „Aber etwas Erfreuliches gibt es trotzdem zu berichten"-„ach, echt?" es klang sehr abfällig und ich war schon gewillt zu schweigen. Was sollte ich Marco auch von meinem Hoffnungsschimmer erzählen, wenn es ihn doch gar nicht interessiert? Zu allem Überfluss lehnte er sich wieder zurück und schaute mit wesentlich größerem Interesse in den Fernseher. Das Verhalten verwirrte mich nicht länger sondern fing an mich zu ärgern. „Scheint dich ja nicht zu jucken wie es meiner Schwester geht. Du hast doch selbst den Vorschlag gemacht, das wir sie besuchen gehen können"-„ja hab ich" deutlich konnte ich sehen wie sein Kiefer anfing zu mahlen. „Und jetzt ist das nicht mehr so?" langsam drehte er seinen Kopf wieder in meine Richtung. Nachdenklich sah er mich an und dann an mir vorbei. Er hob seine Hand, um mit den Fingerspitzen eine meiner Haarsträhnen hinter das Ohr zu streichen. Dann verzog er sein Mund zu einem leichten Lächeln „tut mir leid, so war das nicht gemeint. Du weißt, dass ich nicht sonderlich gut auf deine Schwester zu sprechen bin und vielleicht ist es auch in meinen Augen noch zu früh. Du solltest euch beiden noch etwas Zeit geben". Hörbar sog ich die Luft zwischen meinen Zähnen hindurch und wollte nun doch anfangen zu wettern, nur Marco kam mir zuvor und legte mir sanft seinen Zeigefinger auf den Mund. „Süße, es ist ja gut wenn du dich informierst. Ich war nur gerade überrascht, dass du das so schnell machen willst. Was haben sie denn sonst noch so gesagt?" Endlich hatte ich die von mir gewünschte Aufmerksamkeit von ihm und ich war wieder versöhnlicher. Dann erzählte ich ihm von dem ganzen Anruf und wie sich Luisa entwickelte. Sie sei auf einem guten Weg und vielleicht könnte man deswegen eine Ausnahme machen mit dem Kontaktverbot. Jedoch würde man es erst auf telefonischer Basis aufleben lassen und wenn dies gut ginge, wäre ein Treffen machbar.
Erleichtert darüber, dass ich endlich meine Neuigkeiten des Tages loswerden konnte, legte ich mich wieder bequem hin und seufzte leise ein „so, das war es, was ich dir die ganze Zeit schon erzählen wollte, aber ich wollte das nicht vor Luca machen". Ich fühlte wieder das Streicheln auf meinem Rücken, was in meinem Nacken zu einem Kraulen wurde. Nur fühlte es sich plötzlich nicht mehr so sanft und zärtlich an. Auch schien mir mein ganzes lebendiges Kissen etwas angespannter zu sein. Ich drehte meinen Kopf soweit es eben ging in Marcos Richtung, der wie erstarrt auf den Bildschirm schaute. „Ist was?" fragte ich deswegen vorsichtig nach, doch er biss sich nur immer fester auf seine Unterlippe und schüttelte etwas mit dem Kopf. Es war wie eine Zeitlupe einer Zeitlupe, bis er sein Gesicht mir zuwandte. Dann huschte ein unsicheres Lächeln über diese zerbissenen Lippen „nein, alles gut. Ich hab mir nur gerade Gedanken über Luca gemacht. Mir fällt nicht ein, wann er mal nach Luisa gefragt hätte". Dass er sich darüber Gedanken machte, zeigte mir, dass es ihm wirklich nicht egal war und ich drehte mich noch weiter um, legte meine Hand auf seine Wange und streichelte zärtlich mit meinem Daumen über den lädierten Mund. „Naja, manchmal fragt er schon wie lang es noch geht bis Luisa wieder da ist"-„es muss schwer sein für ihn oder?"-„die zwei waren immer ein Herz und eine Seele. Ein ganz anderes Verhältnis, als meins zu ihr" ich fühlte wieder dieses Band um mein Herz, welches einer schweren Eisenkette gleich kam und Marcos leerer Blick machte es nicht besser. Luca hatte im Kindergarten zu Weihnachten etwas gebastelt, was ich eigentlich auf seinen Wunsch hin hätte Luisa schicken sollen. Wegen der Kontaktsperre hatte ich es aber vorerst in meinem Schrank verstaut. Ich selbst hatte ihr auch etwas gekauft und dazu gelegt. Es würde der Tag kommen, da war ich mir einfach sicher, an dem wir ihr die Geschenke persönlich geben könnten und zwar zu Hause. Total in Gedanken versunken, streichelte Marco meinen Nacken und ich immer noch seine Lippen, bis er sich mir entzog. „Nicole?"-„Ja?"-„ich muss dir etwas erzählen und ..."-„Maaammmaaa!" wir beide rissen die Köpfe in die Richtung des Zimmers, in dem Luca schlief. Sein Rufen klang schrecklich, da es zur Dauerschleife wurde und ich ahnte schon einen bösen Traum. „Oh je, das hört sich dringend an" seufzte ich und schlug die Decke von meinen Beinen runter. „Merk dir was du sagen wolltest, ich schau nach ihm" Marco nickte nur und ich stand gänzlich auf, um nachzusehen. Der böse Traum war jedoch nicht leicht zu vertreiben, denn Luca hatte sich erbrochen und als ich meine Hand ihm auf die Stirn legte, glühte er wie ein kleiner Ofen. „Marco!" nur war ich es, die aufgebracht durch die Wohnung brüllte „du musst mir bitte helfen". Schon stand der Mann meines Herzens in der Tür und kümmerte sich ohne viele Worte um das Bett und ich brachte Luca ins Bad.
DU LIEST GERADE
Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte Rache
FanfictionDas Leben der 27 jährigen Nicole scheint nicht unter einem besonders guten Stern zu stehen. Ihre Eltern starben vor 6 Jahren. Sie muss aufhören zu studieren, um die Verantwortung für ihre Geschwister zu übernehmen. Der kleine Bruder Luca kommt sc...