Langsam trat sie aus dem tristen Bürogebäude. Sobald sie die vom Regen gereinigte Luft einatmem konnte, blieb sie stehen und schloss die Augen. Die Arbeit schien sie zu erdrücken. In den letzten Monaten hatte sie schon unzählige Überstunden gemacht. Mit einem schwerfälligen Seufzen öffnete sie ihre Augen.Gegenüber war ein chinesischer Imbiss. Durch die Fenster konnte sie junge Pärchen erkennen, wie sie unbeschwert dort sassen und das Leben genossen. Insgeheim würde sie auch gerne in dem Imbiss sitzen, auch wenn das Essen dort schrecklich war.
Zu ihren Füssen lag eine Zeitung, die von einem beteilungslosen Passanten achtlos auf den Boden geworfen wurde. In New York sah man viele von diesen gestressten und genervten Menschen, die alles ignorierten und scheinbar ihre ganze Lebensenergie in ihre Arbeit steckten. Sie befürchtete, in letzter Zeit selbst so geworden zu sein.
Von einem gigantisch grossen Werbeplakat strahlten ihr die fast schon zu perfekten, blendend weissen Zähne eines weiteren Magermodels entgegen. Seit fünf Jahren sah sie dieses Plakat beinahe jeden Tag.
Auf der anderen Strassenseite suchte eine wohl leicht angetrunkene Gruppe Jugendlicher ihren Weg zum nächsten Club, der keinen Ausweis verlangte. Sie würde auch gerne mal wieder etwas mit ihren Freunden machen. In letzter Zeit hatte sie ihre sozialen Kontakte ziemlich vernachlässigt.
In der Nähe schlug eine Kirchenuhr elf Uhr. Erschöpft machte sie sich auf den Weg zu ihrem Apartment.
Sie fühlte sich eingesperrt, gefangen in ihrem eigenen Leben. In einem Käfig.
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in a cage
Short StorySie fühlte sich eingesperrt, gefangen in ihrem eigenen Leben. In einem Käfig. © rumtrexberxn || 2017