Das Wochenende verbrachte ich größtenteils in meinem Bett auch wenn ich die meiste Zeit nicht schlief. Mir fehlte jegliche Energie irgendetwas außer lesen und schreiben zu machen. Sogar um Essen zu holen konnte ich nicht. Draußen regnete es sowieso weswegen Spaziergänge auch als Idee ausfielen.
Meine Mutter war auch immer nur kurz zuhause, da sie öfters auch als Putzfrau arbeitete weswegen ihr Terminplan fast immer voll war.
Clara übernachtete bei einer Freundin, weswegen sie erst Sonntag Abend nach Hause kam. Ich blieb also die ganze Zeit über allein.Ab Montag begleitete mich Daniel nicht mehr zur Schule, was ich wirklich als positiv entnahm, obwohl es zugegebenermaßen echt gemütlich war die Tasche selbst nicht tragen zu müssen. Der blaue Fleck am Bauch war immer noch zu sehen aber nicht mehr so deutlich wie paar Tage zuvor. Meine Wange sah auch nicht mehr so angeschwollen an und man sah eigentlich zur noch zwei einzelne, kleine, blaue Flecke.
Dagegen sah man meine tiefen Augenringe viel deutlicher. Ich schlief immer nur so zwischen zwei und vier Stunden am Tag. Jedes Mal wurde ich von einem Albtraum geweckt, der mich nicht mehr einschlafen ließ.Am Montag wachte ich schon lange vor dem klingeln des Weckers auf und ging duschen. Der Kontakt mit heißem Wasser war das einzige was mich entspannen ließ.
Ich war schon mit allem fertig, außer Frühstück, als der Wecker klingelte.
Ich hörte wie sich die Zimmertür meiner Mutter öffnete und sie sich langsam zur Küche begab um Frühstück zu machen. Ich gesellte mich zu ihr. Als ich in die Küche kam, sah sie mich etwas verirrt an.
,,Hallo Schätzchen. Schon fertig? Es ist doch erst 6:30" sie sah auf Ihre Armband Uhr.
,,Bin kurz vor'm Wecker aufgewacht" log ich. Ich war zwei Stunden davor schon wach.
Meine Mutter schien jedoch die Lüge nicht bemerkt zu haben und nickte verstehend.
,,Wenn's so ist, können wir dir ja jetzt ein Rührei machen. Was sagst du dazu? Du hast ja eh noch viel Zeit" bot mir meine Mutter an und ich zuckte mit den Schultern gleichgültig. Besonders Hunger hatte ich nicht, aber ich konnte nicht nein sagen. Sie würde davon ausgehen ich wäre Mager süchtig, was zwar auch nicht stimmte. Ich wollte halt etwas abnehmen. 51kg empfand ich für meine Größe von 171 cm als zu viel.
Meine Mutter machte sich munter an das Essen kochen, und ein leckerer Duft füllte den Raum. Ich setzte mich an den Küchentisch und sah meiner Mutter beim Essen machen zu. Sie summte während sie kochte das Lied 'Hometown' von Twenty One Pilots, dass sie durch mich vor drei Wochen kennengelernt hat. Seitdem ist sie von der Band besessen, aber vor alldem von dem Lied.Um 7:45 Uhr war ich vor meiner Schule. Es standen nur wenige Leute vor der Schule, und keinen davon kannte ich, oder hatte zumindest einmal mit ihnen gesprochen. Ich lehnte mich gegen eine eher außenstehende Wand an und zog aus meiner Jackentasche eine Kippe und ein Feuerzeug. Der Rauch atmete ich im nächsten Moment aus und musste kurz wegen der Trockenheit in meinen Hals husten. Nach fünf Minuten gingen an mehr Leute zu kommen, weswegen ich die Zigarette zu Ende rauchte und keinen neue mehr anzündete.
,,Tabea!" hörte ich eine mir bekannte Stimme rufen und drehte mich zu der Person die im schnellen Schritt auf mich zukam.
,,Hi Josh" sagte ich als der Junge vor mir stehen blieb. Wir umarmten uns zur Begrüßung.
,,Warum bist du Freitag nicht zur Party mitgekommen?" fragte er verwundert als eine Zeit lang keiner etwas sagte.
Ich zuckten mit den Schultern als Antwort. Er nickte. Anscheinend schien er zu verstehen, dass ich nicht darüber sprechen wollte.
,,Warum bist du überhaupt schon so früh hier? Wir haben zur zweiten" fragte er grinsend. Ich schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn.
,,Scheiße, hab ich voll vergessen". Josh fing an zu lachen. Ich sah ihn nur böse an.
,,Ja, ja, lach ruhig. Warum bist du überhaupt schon so früh da?". Er hielt etwas inne im lachen, jedoch das grinsen blieb auf seinen Gesicht.
,,Hab auch vergessen" ich prustete los. Verlegen kratzte sich Josh an den Hinterkopf.
,,Ja, ist ja schon gut. Wollen wir in der Zeit noch irgendwo hin? Einen Kaffee trinken oder so? Ich meine wir haben noch eine Stunde Zeit bis die nächste Stunde beginnt" ich senkte nach. Schließlich nickte ich.Josh führte mich in einen Café das nicht weit von der Schule war. Der Raum war klein, jedoch gemütlich. Die grün angestrichenen Wände stellten ein schönes Kontrast zu den weißen Möbeln. An der Theke stand ein etwas kleinerer Mann, der uns mit eingebrochen wenig Begeisterung ansah.
,,Hallo, was hättet ihr den gerne?" seine Stimme klang nett, was seinem Aussehen etwas gegensprach. Ich Häute auf die Menütafel die über ihm hing.
,,Einen Café Macchaito. Und einen Schoko Muffin bitte" sagte ich und legte das schon durchgezählte Geld auf den Tresen. Nach kurzer Zeit bekam ich meine Bestellung ausgehändigt.
Josh bestellte das gleiche, mit dem Unterschied, dass er statt Schokomuffin Blaubeermuffin nahm.
Zusammen setzten wir uns an einem freien Tisch am Fenster hin. Die Stühle waren leider nicht so bequem, aber den Ort selbst wollte ich nicht verlassen. Dafür war es draußen zu kalt.
,,Kann ich dir eine Frage stellen? Du musst sie nicht beantworten" sagte ich unsicher und durchbrach somit die peinlich werdende stille.
Er nickte unsicher und ich atmete tief durch.
,,Was war denn letzte Woche mit dir los? Du sahst irgendwie... So bedrückt aus. Alles gut?" fragte ich schüchtern und sah dem Jungen in seine grünen Augen. Sein Gesichtsausdruck wurde ernst.
,,Alles gut. Nichts was dich angehen würde" sagte er, jedoch war seine Stimme ein bisschen harsch, was mich innerlich aufzucken ließ. Er wandte seinen Blick von mir weg.
,,Du weist, du kannst jederzeit mit mir reden. Über alles was du willst" probierte ich die Situation zu 'lockern'. Er sah wieder zu mir und nickte schließlich.
,,Kann ich dich jetzt etwas fragen?" diese mal fragte er mich. Man sah ihm an, dass es unsicher war ob er die Frage stellen sollte.
,,Du musst sie auch nicht beantworten wenn du nicht willst. Ähm... kann es sein , dass du Magersüchtig bist?" ich riss meine Augen auf. Mein Herz ging an in meiner Brust zu rasen. Das Café schien kleiner zu werden, so dass ich mich eingeengt fühlte. Ich sah mich panisch um und schließlich landete mein Blick wieder auf Josh, der mich besorgt ansah. Mein Atem wurde etwas schneller.
Ich muss hier raus.
Meine Beine jedoch fühlten sich wie Wackelpudding an, und aufstehen war keine Möglichkeit.
,,Tabea, geht's dir gut? Oh mein Gott, tut mir leid ich hätte nicht fragen sollen" sagte Josh etwas verzweifelt.
Warum macht es mir denn so zu schaffen. Ich bin doch nicht... Magersüchtig.
Warum dachten es alle. Ich war doch ein normales Mädchen, dass Ohren Körper lieben will, es aber noch nicht schafft.
Das atmen fiel mir immer schwerer.
Verzweifelt blickte ich auf meine Hände.
Ein Wort und solch eine große Reaktion.
Ich erschrak als sich zwei arme um mich legten. Josh hielt mich mit einem festen Griff. Sein Geruch umhüllte mich.
,,Alles gut. Ich bin ja da. Tut mir leid, ich hätte dich sowas nicht fragen sollen" sagte er mit einer ruhigen Stimme und fing an langsam zu schaukeln. In seinen Armen fühlte ich mich in diesem Moment einfach geborgen und sicher. So als könnte mir jetzt nichts schlimmes zu Stößen. .
Nach einem kurzen Moment drehte er mich zu sich und sah mir in die Augen. Ich merkte, dass mein Gesicht von Tränen befeuchtet war. Mit den Daumen wischte er mit paar Tränen von Gesicht weg und lächelte mich aufmunternd an.
,,Komm, lass uns langsam in Richtung Schule laufen. Mit einem Umweg" sagte er ruhig und half mir beim aufstehen. Wir packten das Essen ein, nahmen unsere Getränke und verließen das Café.,,Tut mir leid" sagte Josh noch zu mir als wir grad durch einen Park gingen.
,,Alles gut. Danke. Danke das du so... Danke einfach" war das einzige was ich sagte.
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Broken Faces
Genç KurguKennst du das Gefühl, wenn deine Welt sich zu Teilen scheint? Wie genau durch die Mitte eine Grenze gezogen wird, und du dann zwischen den beiden Welten rumwanderst, nur um die andere nicht zu verlieren? Tabea ist in der Zwischenwelt. Zwischen Verga...