Taumelnd kam Tina von meinem Hausboot gestöckelt um sich auf den Anlegesteg zu retten. Ich selbst hieß sie einfach grinsend auf dem festen Untergrund willkommen während sie den letzten halben Meter schon fast in meine Arme sprang.
"Nie wieder", murmelte sie während sie ihren anscheinend schmerzenden Kopf an meiner Schulter rieb.
"Du hättest auch einfach feste Schuhe anziehen können", grunzte ich, da ich meinen aufwallenden Lachkrampf nun doch nicht mehr zurückhalten konnte.
Schwungvoll drückte meine Freundin sich von mir weg und bohrte ihre falschen Nägel bedrohlich in meine Schultern rein. "Was war das gerade? Das Problem lag nicht bei meinen Schuhen!", vorwurfsvoll zeigte sie mit ausgestrecktem Arm auf mein blau-weiß gestrichenens Boot, "das da! Das ist gemeingefährlich!"
Etwas hilflos zuckte ich mit meinen Schultern, konnte mir aber trotzdem kein Grinsen verkneifen. Wie auch? Sie war total grün um die Nase und sah um die drei Jahre älter aus.
"Es war doch nur ein Wochenendtrip, jetzt atme tief durch und hör auf Poseidon zu beschimpfen", wehrte ich nur ab und pattete ihr leicht auf den Kopf, was nicht einfach war, da sie größer war als ich.
Tina und ich hatten bis vor ein paar Tagen, sechs Jahre lang nur über Skype Kontakt gepflegt. Trotz der Kilometer und Breitengrade die unentwegt zwischen uns standen, waren wir uns iegendwie immer nahe gewesen. Wir waren vollkommen unterschiedliche Typen und trotzdem war sie die beste Freundin die ich mir hätte wünschen können. Auch wenn sie eine Schraube locker hatte.
"Na gut ich sag nichts mehr zu dem Kahn", murmelte sie beleidigt und pustete sich demontrariv eine Strähne aus dem Gesicht, "trotzdem mag ich nicht beweglichen Boden lieber."
Augenverdrehend schüttelte ich meinen Kopf. Beweglicher Boden ist mir lieber. Gut, genau genommen konnten sich auch Erdplatten verschieben und die Erde unter den Füßen würde wandern, das ist aber eine andere Geschichte.
Meine Wasseraffinität hatte einen einfachen Grund: Ich war keine Landratte. Das wurde mir so vorgelebt von meinen Eltern und ich habe es einfach übernommen.
"Komm Seeu ich brauch erstmal was zum beruhigen", ohne ein weiteres Wort wurde ich bei der Hand gepackt, über den Steg und durch das kleine Stückchen Grün gezogen, welches meine Oase von einem grauen asphaltgesäumten Parkplatz trennte.
Zielstrebig steuerte Tina auf ihren zartrosanen Mini zu und machte erst die Beifahrertür per Funkknöpfchen auf um mich von jedem Fluchtweg abzutrennen. Verdammt.
Circa zehn Kpop-Songs und drei Lachanfälle später manövrierte Tina ihren Mädchentraum gekonnt in eine Parklücke, die, wie es aussah, direkt an ein Shoppingcenter grenzte. Ungläubig ließ ich meinen Kopf erst auf die Brust fallen und dann auf meine ihr zugewandte Schulter rollen.
"Nicht dein Ernst", hauchte ich schon beinahe kraftlos.
"So wie du mir so ich dir", summte meine blondhaarige Freundin nun selbstzufrieden.
Beleidigt verschränkte ich meine Arme: "Yah, Nein. Ich hab dich zu nichts gezwungen!"
Das stimmte sogar. Tina hatte es angeboten das wir, aufgrund meines Bootwehs, eine Nacht in meinem alten Heim verbringen.
"Kleinigkeiten!", tat meine Freundin es mit einer schlichten Handbewegung ab, "los komm jetzt, ich will hier keine Wurzeln schlagen."
Anmutig schwang sie ihre Beine aus der aufgestoßenen Türe, drehte sich aber nochmal auf dem Absatz um und beugte sich zu mir runter. "Wenn du brav mitkommst lade ich dich zum Sushi-essen ein."
Mein Grinsen kehrte auf meine Lippen zurück und vollkommen uneigennützig fügte ich mich Tinas Willen. "Klingt schon besser."
"Ich wusste du kommst noch zur Vernunft", triumphierend richtete sie ihren Minirock und preschte dann zum Eingang weiter. Gemachlich trabte ich ihr hinterher. Letzten Endes würde sie in diesem Ding sowieso mindestens drei bis fünf Stunden verbringen. Wenn ich Glück hatte tendierte sie zu drei und ich würde schnell an mein Eis kommen.
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Zwar hatte ich bisher ihre Shoppingarien immer nur per Netz berichtet bekommen, aber so wie sie es erzählte war es die Untertreibung des Jahrtausends. Es war so als hätte man Kim Jong Un als einen Familienmenschen bezeichnet. Was eigentlich überhaupt nicht ging, weil er diese ja gerne öffentlich kalt machte.
Geschlagene fünfeinhalb Stunden wurden meine Füße gefoltert. So viel Bewegung war ich nicht gewohnt. Wenn ich irgendwo hin wollte shipperte ich mit Poseidon hin und ging nicht zu Fuß. Tina hingegen hatte es sichtlich genossen nicht nur sich als Anziehpuppe zu benutzen, sondern auch mich zu quälen.
Meine Haare sahen wegen dem vielen an und ausziehen von, ihrer Meinung nach, schicken Oberteilen vollkommen zerzaust aus und meine Laune war auf dem Nullpunkt.
"Gleichstand würde ich mal behaupten", flötete sie und nahm schwungvoll einen Löffel voll Sahne in den Mund.
"Mhm", grummelte ich und schaufelte beleidigt meinen Bananasplit in mich hinein. Verstohlen blickte ich auf die sechs Tüten, aus verschiedenen Geschäften, neben unserem Tisch. Das war mehr als ich in meinem Kleiderschrank hatte. Zugegeben, ich hatte aufgrund des bisherigen Platzmangels unter Deck keinen besonders großen Kleiderschrank.
"Ach komm schon! Du machst ab heute deinen Abschluss mit an meiner Schule, hast eine - verdammt nochmal - eigene Wohnung und nur um es nochmal zu betonen", vielsagend zeigte sie mit beiden Daumen auf sich", bist nun live und in Farbe jeden Tag mit meiner puren Anwesenheit gesegnet."
Grinsend schüttelte ich den Kopf als ich ihre schmollende Schnute sah. "Jaja schon gut, ich freu mich ja auch dich jetzt auch mal um mich rum zu haben", rang ich mich zu einem Lächeln durch, dachte aber dabei wehmütig an Poseidon.
Dank meiner Eltern würde ich nun dazu gezwungen sein an Land zu leben. Allein. Sie wurden als Meeresbiologen aufgrund eines Auftrages gebraucht und hatten keine Zeit mehr, ich zitiere: darauf aufzupassen, dass ich nicht unterging und pünktlich den PC für die Schule anschaltete.
Das hieß im Klartext: Wir lassen dich an Land, bis wir wieder Zeit für dich haben.
Widersprüchlich für mich war dabei, dass sie mich für erwachsen genug hielten allein zu wohnen, mir aber nicht zutrauten meinen blöden Computer für den Online-Schulgang anzuschalten.
Poseidon wurde, mit großem Brumborium, an eine Anlegestelle in einem örtlichen See gebracht. Ich könnte also noch nichtmal abhauen, selbst wenn ich es wollte.
"Ich sollte mir vermutlich nicht so viele Gedanken machen", gab ich ergeben zu und strich mir durch die Haare, während das letzte Stück Obst in meinem Bund verschwand.
"Eben! Guck dir erstmal den Unterricht an und dann kannst du immer noch meckern", nickte Tina bekräftigend, "außerdem gibt es hier viele gutaussehende Kerle! Wird schon wer dabei sein, der das Zeug dazu hat dich abzulenken!"
Verschwörerisch zwinkerte mir meine Freundin zu während ich einfach nur schnell den Kopf schüttelte. "Vergiss es. Ich hab noch nie mir einen Jungen geredet."
"Dann lernst du es halt!", feuerte sie dagegen und warf sich das blondierte Haar über die Schulter, "außerdem rede ich nicht von Jungen."
Verwirrt sah ich sie an: "Wie jetzt?"
Tina verdrehte die Augen, grinste dann allerdings wieder und zwinkerte. "Ich spreche von Männern, meine kleine unbefleckte Freundin."
Ziemlich abrupt presste ich die Lippen aufeinander und schaute weg. Jetzt bloß nicht rot werden, sprach ich zu mir selbst.
Es war kein Geheimnis das ich mit 18 noch unberührt war. Ist ja die logische Schlussfolgerung wenn man bedachte, das ich keinen Kontakt zum anderen Geschlecht hatte. Es war zwar normal, trotzdem war es mir irgendwie peinlich. Ich hatte ja noch nicht mal eine Idee wie ich mit so einem eventuell gutaussehenden Kerl sprechen sollte.
Schluckend schüttelte ich den Kopf und mein schulterlanges Haare wippt mit.
"Tz, das kannst du nun vergessen Cutie. Feiern werden wir auch gehen. Du hast viel verpasst als einsamer Einsiedler", ihrem Tonfall nach zu urteilen war das ihr letztes Wort.
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Eye Candy OR Soul Food [BTS-Suga]
Fanfiction"DON'T BE EYE CANDY, BE SOUL FOOD." Wie soll man diesen Spruch umsetzten? Für jemanden für den die Liebe Neuland ist und für eine die bisher auf einem Hausboot gelebt hat und mit ihren Eltern, seit sie denken kann, um die Welt getingelt ist, schein...