It all started with that guy, called Eric.

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Ich weiß nicht was ich in ihm sah. Rückblickend fällt es mir sogar noch schwerer mir auszumalen, wie es damals zu all dem kam. Eric war alles andere als das, was mir als attraktiv erschien. Er war dürr, klein und verdammt komisch. Er lebte in seiner eigenen kleinen Welt, welche aus lauter Enttäuschungen und Deutsch-Rap bestand.

Als ich ihn kennenlernte hatte ich eher weniger das Interesse an Jungs als jenes an Büchern und skaten. Meine Eltern dachten bis zu dem Zeitpunkt sicherlich, dass ich homosexuell oder gar asexuell sei. Ich war immer eine von der Sorte gewesen, die sich zurückhielt und mit ihren Freundinnen darüber redete, wer denn gerade ganz nett ausschaute. Ich hatte nie sonderlich Glück darin, dass irgendwer - nicht einmal eine Ratte- irgendwie Interesse an mir zeigen könnte.

Jedenfalls lernte ich Eric damals im Sommer kennen, die Zeit des Jahres, in der ich eh am unzufriedensten mit mir selber war. Erst schrieben wir nur eine ganze Weile, aber irgendwann kam er dann mit der Bahn zu mir. Es war recht nett, sich mit jemandem auszutauschen, der dasselbe wie man selbst durchmachen musste. Wir verstanden uns sofort und kamen uns dann irgendwie näher.

Ja, ich weiß nicht was mich damals geritten hatte.

Eric küsste mich und ich fühlte mich geborgen bei ihm. Ohne zu wissen, was auf mich zukommen würde, ließ ich mich auf ihn ein. Es kam quasi Knall auf Fall, dass wir ein Paar wurden. Im Nachhinein denke ich mir, dass ich diese Entscheidung nicht so leichtsinnig hätte fällen sollen.

Grundlegend war das, was wir hatten sehr durchwachsen. Ich weiß nicht ob es daran lag, dass er nach einem Tag bereits sagte, dass er mich lieben würde oder einfach daran, dass ich scheinbar noch nicht bereit für all das war. Zu Beginn ähnelte unsere Beziehung dem, was einem als Bilderbuch-Beziehung beigebracht wird. Aber zum Ende hin war es nur noch ein hängen und würgen.

Eric war zu Beginn sehr aufmerksam, nach jedem Streit schenkte er mir Blumen, er war immer da, wenn irgendwas war, aber es war alles andere, als das, was ich mir aus dieser Beziehung erhoffte. Ich wollte an dieser wachsen. Wachsen im Sinne von Gefühlen entwickeln, mich als Person zu entwickeln.

Als ich Eric kennenlernte war es nicht leicht für mich. Meine Klasse hetzte damals sehr auf mich und mein Freundeskreis minimierte sich dahingehend. Es war schwer für mich, weil es niemanden gab, der dasselbe wie ich durchmachte. Meine Mutter war zwar immer für mich da, aber sie sah das ganze aus den Augen einer besorgten Mutter. Sie verstand damals nicht, welcher der mir am schmerzhaftesten Punkt war. Aber Eric tat dies. Ich fühlte mich aufgehoben bei ihm, weil er all dem ganzen sehr vertraut war.

Eric war kein Aufreißer. Er war einer dieser Jungen die immer zurückstecken mussten, wenn sie ein Mädchen kennen lernten. Er wurde angespuckt, in Telefonzellen gesteckt, geboxt und eingesperrt. Er war sehr sensibel, immer Vorsichtig in dem was er tat. Zumindest am Anfang. Er hatte eine Art an sich, die kaum beschreibbar ist. Er ist einer dieser - im englischen würde man nun "vulnerable" sagen - verletzbaren? Ich weiß nicht, ob dass das richtige Wort dafür ist.

Er hatte diese Reh Augen, in denen man sich verliert, wenn man in sie reinguckt. Man hat das Gefühl einen warmherzigen Menschen vor sich sitzen zu haben, den man bereits sein ganzes Leben lang kennt. Jemanden bei dem man sich wie zu Hause fühlt, wenn man nur seine Nähe, seine Wärme spürte. Man hat das Gefühl, er gäbe einem Halt, wenn der Boden unter einem zusammenbricht. Er war zuvorkommend, kümmerte sich um einen jeden, der auch nur ein kleines Wehwehchen hatte.

Ich liebte ihn nicht gleich, als wir zusammenkamen. Mit jeder Tat, die er ausführte, schenkte ich ihm einen Teil meines Herzens. Ich verfiel ihm, von dem einen Tag auf den anderen immer mehr. Meine Liebe zu ihm wuchs schneller als dass ich damals als kleines Kind wuchs. Ich gehörte irgendwann nur ihm. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen jemals ohne ihn leben zu können. Er war quasi mein Fels in der Brandung. Er hielt mich, wenn ich nicht mehr auf meinen Beinen stehen konnte, er griff meine Hand, wenn es so weit kam, dass ich meine Wut nicht mehr eigenständig kontrollieren konnte. Er weinte mit mir, wischte mir die Tränen weg, küsste mich auf die Stirn und versprach mir, dass alles wieder gut werden würde.

Am Anfang war Eric echt ehrlich zu mir, diese Eigenschaft versiebte sich aber irgendwann. Diese Ehrlichkeit war nicht immer von Vorteil. Sie machte mich in mancherlei Dingen wütend und brachte mich dazu ihn zu hassen. Er war lange Zeit in seine beste Freundin verliebt, sie erwiederte dieses Gefühl jedoch nicht. Er liebte sie noch als wir zusammenkamen. Als ich das erfuhr, war ich wie gerädert. Er hätte mich gleich packen können und unter ein fahrendes Auto werfen können. Diese Wahrheit tat weh, es war nicht mal ein Teil der Wahrheit. In seinem Freundeskreis gibt es bis heute rund fünf Mädchen, die er mal liebte. Es schien mir als hätte er niemals richtig liebe empfinden können, da er immerzu zurückgewiesen wurde. Zu sehen, dass er seine beste Freundin mehr liebt als mich, brach mir förmlich das Herz. Ich konnte sie nicht leiden. Sie war verglichen mit mir die reine Perfektion. Schlank, bildhübsch, klug - nicht das ich es nicht auch wäre, jedoch ist das eine ihrer guten Eigenschaften. Sie war interessant für ihn. Ich weiß nicht ob es daran lag, dass sie bisexuell war. Ich konnte mir auch keinen anderen Grund ausmalen. Es war ein wichtiger Knackpunkt in unserer Beziehung.

Irgendwann lernte ich jedoch mit dieser Wahrheit umzugehen, sie zu verstehen und sie gar zu vergessen. Es ist nicht so als wäre ich vor ihr weg gelaufen, aber irgendwe tat ich dies trotzdem, denn sie holte mich früher oder später wieder ein. Jedes mal wenn wir uns streiteten argumentierte er mit Leonie. Wie viel sie besser sei als ich, dass sie ihn immer verstehen würde. Wenn er eins konnte, dann war es einen Menschen aggressiv machen, Müll reden und keine Rücksicht auf andere zu nehmen. Schnell zeigte sich, dass Eric doch nicht so toll war, wie er es vorgab. Es dauerte nicht lange bis wir uns das erste mal richtig stritten. Es war eine Belanglosigkeit. Es war nichts worüber ich mich heute noch mit jemanden streiten würde, weil es einfach zu viel Zeit und Kraft in anspruch nehmen würde. All unsere Streitereien gingen von Kleinigkeiten aus, die sich irgendwann so zuspitzten, dass wir einander anschwiegen, anschriien oder gar nicht mehr sahen. Meist brach er seinen vorgetäuschten Stolz und entschuldigte sich bei mir. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich für etwas zu entschuldigen, wofür ich keine Schuld trug. Dafür wurde ich zu sehr nach dem Bild meiner Mutter erzogen. Wir, Ihre Töchter sollten stark, ehrgeizig und schwer unterzukriegen sein. Wir sollten uns niemals etwas einfach nur gefallen lassen, immer sagen, was uns belastete und durch den Kopf ging und vorallem, sollten wir unseren Mund aufmachen können, wenn uns etwas nicht gefiel. So tat ich dies auch, immer wenn mich etwas nervte so sagte ich dies. Das stellte eigentlich nie ein Problem dar, naja bis Eric dann auch mal Worte dafür fand, dass er meine Sichtweise nicht nachvollziehen kann. Es ist nicht so als hätte ich mich über ihn als Person beschwert oder seine Art und Weise, eher beschwerte ich mich darüber, wie seine "Freunde" mit ihm umsprangen. Sein sogenannten Freunde waren für mich genau das Gegenteil von dem, was mal als Freunde bezeichnete. Sie machten sich permanent lustig über ihn, respektierten ihn nicht, benutzten ihn nur und waren nicht für ihn da, wenn er sie mal brauchte. Er verstand damals nicht, dass ich nur das beste für ihn wollte. Heute steht er alleine da, hat verstanden, dass diese Menschen, die er einmal als seine Freunde bezeichnete, nicht das waren, was sie vorgaben zu sein. Als er für sie nicht mehr zu gebrauchen waren, kehrten sie ihm den Rücken zu und gingen. Heute hat er neue Freunde, die ihn mehr schätzen, als er es sich hätte je vorstellen können. Würden wir auf dieses Thema heute zu sprechen kommen, so würde er mir in  meinen Argumenten zustimmen.

Jedenfalls führten solch kleine Bemerkungen meist dazu, dass er an die Decke sprung und mich versuchte niederzumachen. Er dachte, wenn er mich mit Ignoranz strafte, würde ihn das weiter bringen. Es bewirkte aber genau das Gegenteil, von dem was er erreichen wollte. Es bestärkte mich nur in meinem Handeln. Er schaffte es nie, Prioritäten zu setzten. Er versuchte immer das zu tun, was für ihn am einfachsten war. Das hieß für ihn, immer das zu tun, was ihn nicht in Schwierigkeiten brachte. Er dachte, wenn er es der einen Person recht machte, würden die anderen Personen es genauso tun. Was er dabei vergaß, ist das er den Dingen, die er Leuten versprach, eine gewisse Priorität geben musste.

Eric veränderte sich stetig. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft meine Mutter ihm ins Gewissen reden musste. Ich war bei weitem niemand, den man um den kleinen Finger wickelte und dann hoffte, bei drei Taten, sei eine gute ausreichend. Das anfängliche Bild, des Jungen mit den Rehaugen verschwand bald. Immer wenn ich Ihm in die Augen schaute, verspürte ich Kälte. Ich erstarrte förmlich. Er konnte mich nicht mehr anfassen, ohne dass ich erschrack und Angst vor ihm bekam..

Das ganze ging so weit, dass ich ihm nicht einmal mehr in die Augen schauen konnte. Mir tat nicht nur die Tatsache weh, dass es jemals soweit kommen konnte, sondern auch jene, dass ich Eric damit verletzte. Von außen waren wir das perfekte Paar und keiner merkte, dass dieses Bild anfing zu bröckeln. Es fing alles samt mit einem Jungen namens Justin an..

Der Nervenauftreibendste Kampf : JungsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt