1. Derby-Abend

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ZÜMRA

"Family" isn't defined only by last names or by blood; it's defined by commitment and by love. It means showing up when they need it most. It means having each other's backs. It means choosing to love each other even on those days when you struggle to like each other. It means never giving up on each other.

Mein Blick wanderte durch das große Wohnzimmer. Vier Kleinfamilien hatten sich versammelt und bildeten eine Großfamilie, ohne jegliche Blutsverwandtschaft. Die männlichen Zugehörigen – vier Männer im Alter zwischen 45 und 50, einer im Alter von 24, vier im Alter von 21 und einer im Alter von 20 – saßen verteilt auf den Sofas und waren auf den Fernseher fixiert, wo gerade das Galatasaray-Fenerbahçe Derby lief. Und wie das Schicksal es wollte, waren gleich viele Fans von beiden Mannschaften unter ihnen.

Die weiblichen Zugehörigen – vier Frauen Mitte 40, eine im Alter von 24 und ich, mit meinen 21 Jahren – saßen am großen Esstisch am anderen Ende des Zimmers und waren in ein Gespräch über die morgige Hochzeit eines Bekannten vertieft. Naja, ich eher weniger. Doch ich versuchte den Gesprächen, so gut es ging, zu folgen.

Als Ibrahim seinem Zwillingsbruder Halil anfing zu erklären, warum Galatasaray die bessere Mannschaft war, seufzte ich laut auf und so verwandelte sich dieser Freitagabend in einen der Abenden, an denen ich meine Mutter und ihre drei besten Freundinnen innerlich verfluchte, mir das angetan zu haben. Wie waren sie überhaupt auf die Idee gekommen mich mit diesen vier Trotteln milchverwandt zu machen? Und dazu gab es natürlich einen noch im Schlepptau!

„Jungs, haltet mal euren Mund, wir können die Kommentatoren nicht mehr hören", beschwerte sich der Vater der beiden Jungs, Kadir Amca, und sah die Jungs mit einem Killerblick an. Sofort verstummten sie und fokussierten sich wieder auf das Spiel. Die eisblauen Augen von Kadir Amca ließen ohnehin keine Widersprüche zu. Stattdessen wurde man von seinem Blick dazu verdonnert ihm zu gehorchen.

„Also warum hattet ihr mich nochmal alle gestillt?", fragte ich in die Runde der Frauen, also meine Milchmütter, mit einem breiten Grinsen auf meinen Lippen und wusste gleichzeitig, dass sie wussten, dass ich es nicht ernst meinte. „Also mein Engel, wir erklären es dir zwar bei jedem Derby nochmal, aber das tut jetzt nichts zur Sache", fing Hatice Teyze lächelnd an und blickte kurz in die Runde der Jungs, blieb an ihrem leiblichen Sohn Bilal einige Sekunden hängen, bevor sie wieder zu mir sah. „Naja, verübeln kann man ihr die Frage ja nicht, schaut euch den Haufen Verrückter doch mal an", grinste meine Mutter breit und unterstütze mich, indem sie sich gegen ihre besten Freundinnen stellte. Alle drei anwesenden Frauen verdrehten ihre Augen auf die Aussage meiner Mutter und fixierten ihre leuchtenden Augen nun auf mich. „Uns war von Anfang an klar, dass wir vier Freunde fürs Leben werden. Es kommt wahrscheinlich nicht alle Tage vor, dass drei türkische und eine kurdische Frau gleichzeitig ihre Wehen bekommen, und anschließend alle am selben Tag ihre Kinder auf die Welt bringen und dann auch noch in zwei Nachbarzimmern untergebracht werden", führte Yasemin Teyze, Mirzas und Fatihs Mutter, die Erzählung fort.

Es kam mir jedes Mal, wenn ich das Thema ansprach, so vor als würden sie diesen Tag immer wieder von neu erleben, wenn sie darüber sprachen.

„Dann haben wir halt beschlossen, dass ihr alle Geschwister werdet oder es zumindest sein müsst, damit keiner der Jungs benachteiligt wird. Denn du könntest nur einen von ihnen lieben aber alle könnten und würden sich in dich verlieben", brachte Zeynep Teyze – die Mutter der Zwillinge – die Erklärung zu Ende und grinste am Ende. Mir entging nicht, dass meine Schwester Büşra mit einem schüchternen Lächeln ihren Blick senkte und auf ihre Hände sah. Sie hatte nämlich vor einem halben Jahr ihre Kindheitsliebe, Bilals Bruder, Ismail Abi geheiratet.

Fels in der BrandungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt