9. Brüchige Freundschaften

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ZÜMRA

"There's nothing worse than loosing who you thought was your best friend. They just wake up one morning and decide they don't like you anymore and just leave you. Ignore you. Hurt you. Break promises, and forget all those memories. It's truly sad, especially when you did nothing wrong."

Die gemeinsame Zeit mit Esra verlief nicht wie immer. Sie verhielt sich nicht wie immer. Sie war nicht locker, lachte nicht. Stattdessen war sie kälter und abweisender zu mir, und ihr lag die ganze Zeit über etwas auf der Zunge, was sie nicht aussprach.

Da ich sie aber nicht bedrängen wollte - so wie es auch üblich für mich war -, wartete ich darauf, dass sie von alleine anfing zu erzählen. Als wir dann nach einigen Stunden in einem Café saßen, holte sie tief Luft und sah mir geradewegs in die Augen. Ihre Blicke waren so kalt, dass ich Angst vor ihr bekam. Ich kannte diese Art von ihr noch gar nicht.

Wer war sie, und was hatte sie mit meiner Freundin gemacht?

„Ich möchte dir etwas sagen", fing sie an und sah mich weiterhin mit demselben Blick an. Stumm nickte ich, damit sie fortfuhr. „Ich werde mich dieses Wochenende mit Enes verloben. Und weil er immer noch nicht mit dir abschließen konnte, möchte ich den Kontakt zu dir abbrechen", sagte sie und blickte mir direkt in die Augen.

Es dauerte eine Weile bis ich ihr Gesagtes verstand.

Sie hatte etwas mit Enes am Laufen, obwohl sie wusste, dass er was von mir wollte. Seit wann konnte sie eine Rolle als die dritte Person akzeptieren.

Sie wollte wegen Enes die Freundschaft zu mir beenden. War Freundschaft wirklich etwas, was man vom einen auf den anderen Tag beenden konnte? War ich ihr denn gar nichts wert?

Jeder gemeinsame Moment, jede schlaflose Nacht und jede Geste ging mir durch den Kopf. Wir hatten beide so viel Zeit und Kraft in diese Freundschaft gesteckt, wie konnte sie so einfach damit abschließen?

„Wie du möchtest", flüsterte ich und spürte die Tränen aufkommen. „Entschuldige mich bitte", brachte ich im nächsten Moment von mir, legte einen 10er auf den Tisch und lief mit schnellen Schritten aus dem Café.

So hatte ich mir den heutigen Tag nicht vorgestellt.

So hatte ich mir nicht das Ende dieser Freundschaft vorgestellt. So hatte ich mir kein Ende keiner Freundschaft vorgestellt.

Man ging doch keine Freundschaften ein, die ohnehin schon dem Scheitern verurteilt waren?

Die Tränen liefen in Strömen über meine Wangen. Wie konnte sie nur?

Nachdem ich Stunden am Ufer der Fulda verbracht hatte, um mich zu beruhigen und das Geschehene zu verdauen, lief ich zu dem Touareg meines Vaters und fuhr erst zu Yasemin Teyze (Tante), da ich den Drang verspürte Fatih zu sehen.

Meine Maske, die ich vor Yasemin Teyze (Tante) und Mustafa Amca (Onkel) aufgesetzt hatte, bröckelte als ich Fatihs Zimmer betrat. Als ich Fatih erblickte, flossen die Tränen erneut in Strömen. „Zümra", brachte Fatih überrascht über seine Lippen und zog mich zeitgleich in seine starken Arme. „Warum können manche Menschen einfach so gehen Fatih", versuchte ich zwischen meinem Schluchzen zu sagen. Behutsam strich er mir über den Rücken, während ich mich an sein T-Shirt krallte und mein Gesicht an seiner Schulter versteckte. „Pscht", flüsterte er immer wieder und versuchte mich zu beruhigen. Er war in diesem Moment der einzige, der mir Halt geben konnte.

Nach einer Weile ließ ich ihn los und blickte in sein Gesicht. Seine Hände umfassten mein Gesicht und er trocknete mit seinen Daumen meine Tränen. Schwach lächelte er mich an und drückte einen Kuss auf meine Stirn. „Ich bringe uns Kaffee und dann erzählst du mir, was los ist, okay?", erkundigte er sich und ich nickte nur.

Fels in der BrandungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt