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Hakai

Ich fahre mit den Krallen über die metallene Wand. Die tiefen Furchen schließen sich und frustriert schlage ich mit der Faust dagegen.
Feuer tanzt um meine Finger und bildet sich zu einem Ball. Für einen Moment erhellt er meine kleine Zelle. Ich schleuder ihn an die Wand wo er zu kleinen Funken zerfällt. Sofort verglühen sie und hinterlassen einen schwarzen Fleck auf der Wand.
Meine Kraft wird schwächer.
Knurrend trete ich von der Wand weg und laufe im Kreis.
Iegendwie muss ich doch hier rauskommen!
Ein leuchten holt meine Aufmerksamkeit und ich schaue zur Wand. Der verkohlte Teil der Wand war weg. Kleine Runen und Zeichen reihen sich von einer Ecke zur anderen. Manche sind ineinander verschnörkelt, bestehen aus komplizierten Mustern. Andere sind einfach gestrickt, haben Kanten, sind gezackt oder bestehen nur aus unterbrochenen blassen Strichen.
Hier sind mehrere am Werk. Aber die sind alle auf mittlerem oder niedriegem Rang.
Grinsend analysiere ich die Runen, die nun nicht mehr so stark leuchten wie zuvor.
Der stärkste ist der, mit den kompliziert verschlungenen Runen. Die Restlichen sind kleine Fische.
Ich konzentriere den Großteil meiner restlichen Energie in meiner Hand. Sie fängt an zu leuchten und ein Pentagramm erscheint auf meiner Handfläche, umringt von drei Kreisen.
Irritiert mustere ich den äußersten Ring. Sein Leuchten ist fast kaum noch auszumachen.
Verdammt! Die saugen meine Kraft auf!
Knurrend bündel ich meine Energie und die zwei äußersten Ringe dehnen sich aus. Verschlungene Muster kriechen über meinen linken Arm und das gewohnte Kribbeln breitet sich auf meinem Körper aus.
Ich hebe meine Hand und richte sie auf die leuchtenden Runen.
"Wird Zeit von hier zu verschwinden." lache ich.
Ich lasse die Energie los. Eine starke Druckwelle breitet sich aus und verursacht Risse in den Wänden. Viele Runen verschwinden direkt, andere verblassen langsam während die stärksten gegen die dämonische Kraft ankämpft bis auch sie aufgeben und sich auflösen.
Bleiben nur noch zwei.
Zwei Reihen komplizierter Runen zieren noch die Wand. Doch ihr Licht ist schon schwächer geworden.
"Mal sehen."
Ich trete näher an die Wand und kratze mit den Krallen über die kleinen Symbole. Kleine Stromschläge kitzeln meine Haut und bringen mich fast zum lachen.
"Na los. Zeigt euch. Ich weiß, dass ihr hier seid."
"Du hast einen guten sechsten Sinn, Dämon."
Ihre langen Umhänge hüllen sie komplett ein, verdecken ihre Gesichter.
"Wurde aber mal Zeit, dass ihr euch blicken lasst."
"Hättest du die Runen unserer
D-Ränge nicht zerstört, müssten wir dir keinen Besuch abstatten."
"Pff. Euer Fehler mir schwache Würmer aufzudrängen. Ihr solltet einen Dämon nicht unterschätzen."
Ein Singsang erfüllt meine Ohren. Ich schwenke zum zweiten Exorzisten herum. Unbemerkt hat er sich entfernt während meine Aufmerksam auf dem B-Rang lag.
Würfelartige Runen wirbeln um meine Beine. Ihr grelles Leuchten verbrennt meine Haut.
Scheiße! Diese verdammten-
Dunkle Fäden bilden sich an meinen Klauen, verhärten und werden schärfer.
Mit einer fließenden Bewegung meiner Hand werfe ich die Klingen nach den alten Greisen.
Die Runen verschwinden als der Exorzist meinem Angriff ausweicht und den Singsang stoppt.
Das Brennen weicht einem unangenehmen Kribbeln.
Meine Wut wurde weiter geschürt als er es erneut versuchte. Aber ich strecke nur meinen Arm aus und erneut fliegen dunkle Klingen auf die Exorzisten zu. Sie zerbersten direkt vor ihren Köpfen und lösen sich in dunkle Schwaden auf.
Blöde Barriere.
Ich balle meine Hände zu Fäuste. Meine Krallen bohren sich in meine Haut und dunkles Blut tropft auf den Boden.
In mir brodelt es vor Wut. Langsam wird mir bewusst, dass ich nichts ausrichten kann. Und diese Erkenntnis brachte mich fast zum überkochen.
Diesmal verfielen beide in einen Singsang und die Melodie schmerzt in meinen Ohren. Die Kraft dahinter schießt durch meine Adern. Mein ganzer Körper kribbelt, pocht und schmerzt. Unter meiner Haut zeichnen sich die Adern ab und verfärben sich schwarz.
Ich unterdrücke ein Keuchen und versuche krampfhaft gegen die eindringende Macht zu kämpfen.
Ein greller, feuerroter Kreis bildet sich unter meinen nackten Füßen. Fast wie ein Schleier hebt er sich und umhüllt mich mit seiner Hitze.
Meine ganze Wahrnehmung verschwindet und für einen Moment habe ich das Gefühl zu schweben.
Ein gewaltiger Schmerz breitet sich in meinem Körper aus. Anstatt Blut scheint Feuer durch meine Adern zu fließen. Meine Brust brennt und scheint zu glühen.
Ich suche mich nach den Exorzisten um, aber alle um mich herum ist in weiß getaucht. Die Zelle und die Exorzisten sibd verschwunden.
Was verdammt nochmal passiert hier!
Meine Beine geben nach und ich falle auf einen harten Boden. Die weiße Leere wird von hohen Regalen, besetzt mit Büchern, gefüllt. Stimmen dringen an mein Ohr, mal laut mal leise. Füße trampeln über den hölzernen Boden und bringen ihn zum beben.
Brummend halte ich meinen Kopf und stemme mich auf die Seite.
Die Kette um meinen Hals klirrt und schabt über das Holz.
Mein Verstand klärt sich langsam wieder und ich schaue mich um.
Um mich herum stehen viele uniformierte und junge Menschen. Alle hatten die verschiedensten Reaktionen auf ihrem Gesicht.
Hätte ich keine Kopfschmerzen, würde ich jetzt Lachen.
"Wow. Soran hat es also tatsächlich geschafft!"
Ein Mädchen mit geflochtenen Haaren kommt auf mich zu. Ihre grünen Augen strahlen regelrecht und scheinen schon fast zu glitzern. Ihr knielanger Rock schwingt ein wenig hin und her als sie ihre Krawatte zurechtzupft und die Bluse ordentlich in ihren Rock steckt. Alle tragen das gleiche: Eine weiße Bluse oder ein Hemd mit schwarzer Krawatte und rotem Blazer. Die Mädchen einen passenden schwarzen Rock während der Rest gleichfarbige Hosen trug.
Offensichtlich bin ich in einer Schule gelandet.
Genervt ignoriere ich die Blondine und schaue mich weiter um. Alle Schüler sahen ein wenig zerzaust aus. Ihre Haare sind zerzaust und durcheinander. Bei manchen hat sich teilweise die Krawatte gelöst und Andere haben kleine Schrammen im Gesicht. Auch die Bücherregale, vermutlich von einer Bibliothek, sind vereinzelt fast leer und die Bücher liegen zerstreut auf dem Boden.
Mein Blick fällt auf einen Jungen, der am Boden liegt. Er atmet schwer und durch mein gutes Gehör kann ich sein rasendes Herz bis hierher hören.
Das Mädchen folgt meinem Blick und zieht hörbar die Luft ein.
"Soran! Oh mein Gott, gehts dir gut?"
Sie schlägt sich die Hände vor den Mund und läuft zu dem Jungen.
"Schnell! Holt Professor Yoru!"
"Nicht nötig. Ich bin schon da."
Ein wütend ausschauender Mann im weißen Umhang mit goldenem Wappen auf der Brust tritt aus der Schülermasse. Er hat eine Glatze umd graue Augen blicken grimmig auf die versammelten Schüler.
"Habt ihr keinen Unterricht!"
Die Schüler wuseln sofort auseinander, greifen nach ihren Sachen und verschwanden.
"Ich hätte wissen müssen, dass es keine gute Idee ist, ihm das Buch zu überlassen." grummelt der Mann.
"Es tut mir schrecklich leid. Ich hätte ihm nicht helfen sollen. Ich-"
"Schon gut, Tara." unterbricht er die Blondine mit einem Seufzen "Es ist auch meine Schuld. Das Buch ist eigentlich nicht für euch Schüler gedacht. Ich habe es ihm gegeben, weil er sich so für Beschwörungen interessiert hat. Ich hätte mir denken können, dass er selber eine Beschwörung ausführen will."
Dieser Yoru kniet sich zu dem Jungen hinab und streicht ein paar verschwitzte dunkelrote Haarstränen aus seiner Stirn. Er schlägt ein paar Male mit der Handfläche zaghaft gegen seine Wange.
"Na komm Soran. Genug geschlafen. Du willst doch sehen, was aus deiner Beschwörung geworden ist. Er wartet schon."
Ich bemühe mich in eine sitzende Position und stehe dann auf. Ohne einen weiteren Blick auf die Menschen zu werfen drehe ich mich um und gehe auf eine Tür zu.
"Tara. Halte ihn auf." erklingt die Stimme des Mannes und die Blondine beginnt eine Formel vor sich herzusingen.
Als ob mich diese Göre aufhalten könnte.
Bevor sie ihre kleine Vorstellung beenden kann hatte ich schon fast die große massive Holztür erreicht als mich die Kraft verließ. Meine Beine knicken unter mir weg und haltsuchend kralle ich mich in die Tür.
Was ist denn jetzt schon wieder?! Diese verdammte Göre.
Knurrend ramme ich Klauen in meine Beine und Blut durchweicht den dunklen Stoff meiner Hose.
"Du dämlicher Mensch! Gib mir meine Kraft zurück." fauche ich sie an.
Verdattert und erstaunt schaut sie mich an. Ihre grünen Augen weit aufgerissen.
"Das war ich gar nicht." stottert sie und wirbelt zum Professor herum, der mich nachdenklich mustert.
"Also doch." murmelt er und reibt sich die Stirn. "Du müsstest in der Lage sein näher zu uns zu kommen. Dann kehrt auch deine Kraft zurück." wendet er sich an mich.
"Vergiss es."
"Dir bleibt keine andere Wahl. Entweder du kommst näher oder ihr beide sterbt."
Wütend funkel ich ihn an und gebe mich dann geschlagen. Mit einem letzten Knurren stämme ich mich mit aller Kraft auf und gehe zwei wackelige Schritte auf die Menschen zu. Die Kraft kehrt in meinen Körper zurück je näher ich ihnen komme.
Unzufrieden lasse ich mich wenige Meter vor ihnen auf den Boden fallen und verschränke die Arme vor der Brust.
Das kann doch wohl nicht wahr sein!
Murrend wende ich mich ab. Aber das schmerzhafte Stöhnen des Jungen holte meine Aufmerksamkeit.
Er legt eine Hand an seinen Kopf und öffnet langsam die Augen.
Gelbe, fast schon goldene Augen blicken mir entgegen.
Er blinzelt ein paar Mal und dann verzieht sich sein Mund zu einem breiten Lächeln.
"Es hat funktioniert." sagt er leise.
Seine Augen fangen an zu strahlen und ich runzel nur die Stirn.
"Was hat funk-"
"Es hat nicht vollständig funktioniert." werde ich vom Professor unterbrochen. "Dir sind Fehler unterlaufen, weshalb du nicht gewollten Dämon heraufbeschwört hast. Ich bin überrascht, dass du überhaupt einen Dämon der Klasse D herbeirufen konntest."
Empört schnaube ich ihn an.
"Was heißt hier D-Klasse! Ich bin ein Dämon höchsten Ranges." knurre ich. "Die blöde Kette hat mich nur herabgestuft."
Ohne auf meine Tiraden einzugehen steht der Professor auf und klopft sich den Dreck von der Kleidung.
"Na los Soran. Aufstehen und mitkommen. Das gilt auch auch für dich, Dämon."

Demonic ScarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt