"It's you. It's always been you."

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Erschrocken fuhr Palle zusammen. Langsam ließ er sein Handy sinken und starrte fassungslos auf das vibrierende Mobiltelefon, das auf dem Nachttisch neben dem Krankenbett lag. Manu sah Palle einfach nur verwirrt an, während Micha blitzschnell nach dem Handy auf dem Tisch griff und mit weit aufgerissenen Augen auf das Display starrte.
"Ähm...Palle? Wen rufst du gerade nochmal an?"
"Mau-...Maudado." Laut hörbar sog Micha Luft durch die Nase ein und tippte kurz auf das nicht ihm gehörende Handy. Sofort hörte Palles Handy damit auf, Maudados Handy  anzurufen. Micha sah auf. Palle starrte ihn an. Micha hatte gerade den Anruf abgelehnt. Auf Maudados Handy.
"Ähm, Leute?" Manu riss die Beiden aus ihrer Starre und starrte auf den schlummernden Körper, der auf dem Krankenbett lag. "Heißt das, das ist...?" er sah Palle erstaunt an und musterte dann nervös Micha. Dieser nickte abwesend und legte das Handy des Kranken, mit einem verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht wieder auf den Nachttisch.
"Das ist unser Dado." Sofort stiegen ihm die Tränen wieder in die Augen. "Und ich bin Schuld. An allem."
"Ach, Micha..." Manu versuchte ihn zu beruhigen und legte ihm tröstend einen Arm um die Schultern, doch Zombey entwich seiner Berührung sofort wieder. Palle war zu perplex um das alles zu verstehen. Sein Blick schweifte über den ruhig atmenden Körper, der vor ihm in dem Bett lag und schlief. Erst jetzt wurde ihm mit Vorsicht bewusst, dass einer seiner besten Freunde, den er eigentlich noch nie gesehen hatte, nun schwerverletzt vor ihm lag und er nicht einmal mit ihm reden konnte. Langsam aber sicher sah er die Tragik der ganzen Sache ein.
"Palle? Manu?" Als Palle sich zu Micha umdrehte, sah dieser ihn mit hochroten, feuchten Backen an. "Ich will...Ich meine ich...Ich würde gerne allein sein. Mit ihm." Palle starrte ihn an, bis Micha betrübt den Kopf senkte. Manu dagegen musterte nun schweigend Palle. Er wartete auf dessen Entscheidung und würde diese respektieren.
"Ist ok, Micha." murmelte Palle dann seufzend und ging zu Manu. Mit einem letzten Blick auf Maudado verabschiedete er sich von seinem weinenden Freund, umgriff fest Manus Hand , um diesen mit sich aus dem Zimmer zu ziehen.
"Unfassbar." murmelte Manu, als sie draußen standen und noch eine Weile die Tür anstarrten. "Was für ein kranker Zufall..."
"Ja." Nervös begann Palle Manus von ihm umgriffene Hand zu kneten. Seine Gedanken überschlugen sich. Er kämpfte immer noch mit der grausigen Gewissheit, dass Maurice gerade noch in Lebensgefahr schwebte. Hinter dieser Tür. Sozusagen direkt vor ihm. Er könnte jeden Moment einfach sterben.
"Eins versteh ich nicht." murmelte Manu schließlich und erwiderte den festen Griff, mit dem Palle seine Hand bereits die gesamte Zeit umfasste. "Ich denk schon die ganze Zeit darüber nach, aber mir fällt einfach keine logische Erklärung dafür ein." Paluten sah aus dem Augenwinkel, wie Manu ihm einen kurzen Blick zuwarf, sich aber schnell wieder der Tür zuwandte.
"Was meinst du?" fragte Palle nachdenklich.
"Maurice wohnt doch bei Karlsruhe. Das is schon ein Stück bis hierher und was macht er hier mit einem verdammten Fahrrad? Du kannst mir nicht erzählen, dass er die hundert Kilometer gefahren ist!"
"Vielleicht wollte er ne Pause machen und einfach von daheim abhauen."
"Mit nem Fahrrad im Gepäck? Ja klar. Und dann noch ausgerechnet nach Köln, um vor Michas Karre zu fahren. Was für ein kranker Zufall."
"Vielleicht wollte er mich besuchen." Ein eiskalter Schauer durchfuhr Palles Körper von Kopf bis Fuß. Wenn es so wäre, trüge Palle indirekt Schuld an dem Unfall. Hätte er Maudado nicht so in die ganze Sache mit Manu hereingezogen, wäre dieser nie nach Köln gekommen.
"Und das Fahrrad?"
"Weiß ich auch nicht."
"Ja eben." Palle dachte nach. Nie hätte er gedacht einmal so viel Angst um einen seiner Freunde haben zu können, wie jetzt.
"Schon krass, oder?" Palles Schulter berührte die von Manu.
"Was meinst du?" fragte Manu flüsternd.
"Ich hab mir unser erstes Treffen immer anders vorgestellt." Palle spürte Manus Atem an seinem Hals.
"Ich mir auch." Seine Stimme war kaum mehr, als ein Hauchen. Nervös schloss Palle die Augen und schluckte schwer. Er machte sich Sorgen um Maudado. Er machte sich sehr große Sorgen um ihn. Manu schien dagegen so unbesorgt, als läge in dem Krankenzimmer nicht sein Freund, sondern ein Unbekannter. Selbst um einen Unbekannten hätte sich Palle gesorgt.
"Palle?" Plötzlich spürte Paluten Manus Atem direkt vor sich und beschloss langsam wieder die Augen zu öffnen. "Glaub mir, ich mache mir genauso große Sorgen wie du." Zögernd öffnete Palle den Mund. Er wollte etwas sagen, doch Manu kam ihm zuvor, "Dado überlebt das, ok?" In seiner Stimme lag ein plötzlicher Schmerz. Die ganze Sache war mehr für ihn, als er offen zugab. Manu wollte offensichtlich nicht zeigen, wie sehr er darunter litt, was in den letzten Stunden geschehen war, doch Palle spürte seine aufkommende Angst. Langsam nickte er. Manu schenkte ihm ein Lächeln. Er konnte das gut. Man hätte als Außenstehender nie denken können, wie sehr Manus Geist gerade beunruhigt war. Man hätte nie ahnen können, wie ern Manu jetzt einfach geweint hätte, doch so wie er vor Palle stand und ihn ansah, wusste dieser es einfach. Ein Blick genügte. Dann, ganz langsam und vorsichtig, drückte Manu seine Lippen auf Palles Lippen. Ein Stich in Palutens Herzen, ließ ihn für einen Moment zusammenzucken. Es war, als bohre sich ein Pfeil in seine Brust und würde auf schmerzhafte Weise wieder herausgezogen werden. Er wusste nicht, wieso ihn dieser Kuss so sehr schmerzte, doch er wollte sich nicht lösen, auch wenn es sich in diesem Moment falsch anfühlte. Er brauchte das, auch wenn er nicht genau wusste warum. Vielleicht war es, weil es ihn ablenkte und zum Teil auch tröstete. Trotzdem schmerzte ihn das Herz dabei.
"Ähm, verzeihen die Herren?" Eine Frauenstimme brachte Palle dazu sich von Manu zu lösen und sich umzudrehen. Eine junge, blonde Krankenschwester lächelte ihn wohlwissend an. Der Scham trieb Palle die Röte ins Gesicht und zitternd versuchte er zu Lächeln.
"Ich wollte sie eigentlich nur bitten jetzt zu gehen." sagte sie, als weder Manu, noch Palle etwas zu ihr sagten. Palle runzelte die Stirn.
"Aber unser Freund ist da noch drin. Wie soll er ohne Auto irgendwo hinkommen und übrigens ist er überhaupt nicht von hier." sagte er schnell.
"Ihr Freund muss auch gehen. Ich werde ihn einfach holen." Sie trat einen Schritt auf die Tür zu, doch Manu reagierte blitzschnell und umgriff ihren Arm, woraufhin sie erschreckt aufquiekte.
"Bitte stören sie ihn nicht. Wissen sie, das ist sein bester Freund, den er da angefahren hat und...Naja." Hektisch zog die Schwester ihren Arm aus Manus Griff und sah ihn erst entrüstet, dann nachdenklich an.
"Könnte man nicht...?" Palle hielt inne und schluckte, als er den Blick der Frau nun auf sich ruhen sah, "Kann er nicht hier übernachten? Ich denke nicht, dass er das Krankenhaus freiwillig verlässt." Zu Palles Erstaunen nickte sie ruhig und lächelte, wenn auch nicht gerade sehr sympathisch.
"Ich kann mir vorstellen, dass es sehr wichtig für ihren Freund ist. Normalerweise machen wir so etwas nicht, aber vielleicht lässt sich ja was machen. Sie müssen aber trotzdem gehen." Sofort nickten Palle und Manu und lächelten erleichtert.
"Vielen Dank!"
"Ach, nichts zu danken. Aber verschwinden sie jetzt endlich. Ich hab jetzt eigentlich Feierabend!"

¯ \_(ツ)_/¯

GLPalle ~~ Heimliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt