O L I V E R
"Und action!", rief der Regisseur und ich versuchte die Tränen aus meinem Auge fließen zu lassen. Ich merkte, wie den anderen schon die falschen Tränen vom Kinn und aus den Augen tropften.
Nach kurzer Zeit spürte ich die verdächtige Nässe an meinen Augenwinkeln und mein Blick wanderte zu James, welcher schon seine Leichenrolle eingenommen hatte.
Kaum hatte ich in sein leblos blasses Gesicht gesehen, da flossen die Tränen von alleine.
Was, wenn er gar keine Schminke tragen würde, da es echt Wunden wären? Was, wenn er gerade wirklich tot vor mir liegen würde und mich hier alleine lassen würde?
Ich brachte mich gar nicht mehr bemühen traurig zu sein und zu weinen. Sein Körper und die ganzen geschminkten Wunden, welche so täuschend echt aussahen, gaben mir den Rest.
Schluchzend knickten meine Beine ein und ich fiel auf den kalten Steinboden. Ich legte meine Hand in seine und streichelte mit der anderen seine Wange.
"Verlass mich nicht..", flüsterte ich unter Tränen und als Rupert ins Bild trat stand ich auf und schmiss mich in seine Arme.
"Er ist tot..", flüsterte ich und meine Stimme verriet, dass ich meine Tränen nicht nur spielte.
Es waren echte Tränen, echte Trauer und echter Schmerz, der sich in meinem Herz breit machte und mich innerlich zerriss.
Nachdem ich mich wieder von Rupert gelöst hatte lies ich mich wieder neben James fallen uns schluchzte laut vor mich hin.
Die anderen Menschen im Saal beachtete ich gar nicht mehr. Nicht einmal die Kamera, die der eigentliche Grund war, weshalb ich hier so verzweifelte.
Ich blendete alles aus. Ich vergaß sogar, ob ich gleich was sagen müsste.
In diesem Moment zählte nur James und die Tatsache, dass er regungslos vor mir lag.
Meine Sicht war von meinen Tränen so verschwommen, dass ich ihn nicht mehr richtig sehen konnte. Wie durch eine Fensterscheibe, an welcher Wasser herunter fließt, sah ich ihn nur noch vor mir liegen. So stark weinte ich.
Mein Kopf wurde mit der Zeit, die mir noch nie so langsam vorkam, immer schwerer. Bis ihn schließich nicht mehr oben halten konnte und ich ihn auf James Bauch bettete. Meine Hände krallte ich so sehr in seinen Pullover, dass meine Knöchel wahrscheinlich weiß hervor standen.
"Fred, wach auf.. Bitte! Ich kann nicht ohne dich. Du bist doch meine bessere Hälfte! Erinnerst du dich noch an den Tag, an welchem wir unsere Namen in den Feuerkelch geworfen haben? Soll das wirklich der einzige Moment gewesen sein, in welchem ich dich alt sehen durfte? Öffne deine Augen. Lass mich das wunderschöne braun sehen, was mich immer so fröhlich anglänzt!", flüsterte ich schluchzend und krallte mich noch mehr in seinen Pullover.
Ich hatte mich eben sehr bemühen müssen Fred anstatt James zu sagen. Am liebsten hätte ich auch eher unsere Lebensgeschichte erzählt.
"Cut! Dankeschön, das war perfekt! Eine gar klare Glanzleistung Oliver!", rief der Regisseur und riss mich so aus meinen Gedanken.
Kaum hatte er das erste Wort ausgesprochen, da spürte ich warme Hände an meinem Rücken und Arme, welche sich um meinen Oberkörper schlangen.
Ich löste mein Gesicht von seinem Bauch und sah hoch in braune Augen, welche sogar leicht feuchter aussahen als sonst immer.
Erleichtert fiel alle Last auf einmal von mir ab und voller Freude, dass er noch lebte schmiss ich mich in seine Arme, welche mich fest im Griff hatten. Diesen Halt brauchte ich gerade aber auch, da ich sonst vor lauter zittern noch zusammengebrochen wäre.
Als ich kurz hoch sah erkannte ich alle anderen, wie sie sich auf Anweisung von Emma alle zurück zogen und uns alleine ließen.
Dafür war ich ihr in diesem Moment unendlich dankbar!
Ich brauchte meinen James jetzt erst einmal ganz alleine für mich.
"Ich hatte so Angst, James..", flüsterte ich ihm ins Ohr und löste mich dann leicht von ihm, um ihn in seine Augen zu schauen.
"Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, wenn du wirklich sterben würdest. Wie du wirklich tot vor mir liest..", erklärte ich ihm meine Trauer und nun floss auch aus seinem Auge die erste Träne.
"ich würde die nie alleine lassen, das würde ich nicht übers Herz bringen. Ich liebe dich!", lächelte er schwach und das lies auch meine Gesichtszüge glücklicher werden.
"Ich liebe dich auch!", erwiderte ich seine Worte und drückte ihn, eine Sekunde später, wieder fest an mich. Er selber wurde in seinem Griff auch wieder fester und gab mir einen kleinen Kuss auf die Wange.
Wie glücklich ich doch war ihn zu haben! Ich liebte ihn über alles. Schon in Kindertagen haben wir alles zusammen gemacht und man sah uns selten alleine. Er war einfach mein ein und alles, doch das schönste war, dass er es wusste und das gleiche für mich empfand.