Carter
Ein letztes mal wischte ich über die Ladentheke und schaute auf die Uhr.
Genau 10.34Uhr, genau 34 Minuten, die ich mal wieder zu lange gearbeitet hatte und genau vor 4 Minuten ist der letzte Bus für heute gefahren. Was mal wieder heisst, zu Fuß laufen.
Noch waren Semesterferien, noch konnte ich mir es leisten bis spät in die Nacht draußen rum zulaufen, noch war es warm draußen und dennoch hasste ich es jedesmal.Heute hatte ich vergleichsweise wenig Überstunden gemacht. Normalerweise, stehe ich hier noch mindestens bis halb 12, was aber keinen wirklichen Unterschied machte, zu Fuß laufen musste ich trotzdem und mit einem gebrochenen Knöchel dauerte dies ziemlich lange und war ziemlich anstrengend.
Noch 3 Wochen hatte ich diesen Gips, drei Wochen und 4 Tage, dann konnte ich endlich wieder vernünftig laufen und musste nicht mehr meinen Arbeitstag größtenteils im Sitzen verbringen. Leisten konnte ich es mir nicht, Urlaub zu nehmen. Den bekäme ich nicht bezahlt und dann wäre ich entweder mit der Miete im Verzug, säße endgültig im Dunkeln oder würde verhungern. Alle drei Möglichkeiten hörten sich nicht gerade prickelnd an. Als mir in den Sinn kam, dass es somit auch noch mindestens 3 Wochen dauern würde, bis ich wieder aufs Eis konnte, seufzte ich. Es kam mir so vor als wäre der Unfall schon Ewigkeiten her und als würde es eine weitere Ewigkeiten dauern, bis ich wieder frei war.
Ich schnappte mir meinen alten Rucksack und machte mich auf den mindestens 20 minüten Heimweg und hoffte inständig, dass Alex heute ausnahmsweise heute mal später als ich nach Hause kam. Ansonsten würde er wieder mal zu meinen Chef gehen wollen, wovon ich ihm beim letzten Mal nur knapp abhalten konnte.
Er war mein bester Freund und mein Chef war sein Onkel, durch ihn habe ich überhaupt den Job bekommen.
Alexs Onkel war ein netter Mann, war aber nicht oft da, nur Mittwochs. Da er die anderen Tage noch irgendwo anders arbeitete, er wusste nicht, dass ich immer so lange arbeiten musste. Deswegen wollte ich auch nicht, dass Alexs mit ihm redet, denn er ist nicht Schuld. Nur Josh, mein Arbeitskollege, welcher sich oft schon aus dem Staub machte bevor die Abenddämmerung im Winter begann.Auf etwas halbem Weg kam ich an den heruntergelassenen Bahnschranken an
Toll jetzt muss ich auch noch warten
Ich setzte mich auf die Parkbank und legte meinen Fuß ebenfalls darf ab. Mein Knöchel schmerzte höllisch, da ich mit diesem eben gegen einen Stuhl gelaufen bin und ich generell immer wieder schmerzen dort hatte. Dazu kam, das meine Arme langsam ziemlich lahm wurden.
Wie sehr ich diese nach Hause Wege doch hasste...Mit einem lauten Rauschen schoss wenige Minuten später die Bahn an mir vorbei und die Schranken gingen wieder auf.
Ich schnappte mir meine Krücken und setzte den Weg fort. Ab hier wurde es noch dunkler als es vor den Bahngleisen schon war.
Weitere 10 Minuten später kam ich also an meinem Studentenwohnheim an, wo ich zwar ein kleines Einzelzimmer bezog, mir aber die Küche und ein Bad mit Alex und einem weiterem Freund namens Henry teilen musste.Zu meinem Pech saß Alex schon am Eingang des Wohnheime und starrte auf sein Handy. Sein eines Bein wippte immer wieder auf und ab und seine dunkelbraunen Haare hingen ihm ins Gesicht. Er hatte heute morgen seine Schlüsselkarte vergessen und kam deshalb nicht rein. Henry war nämlich anscheinend auch noch nicht da.
,,Wartest du schon lange?" Fragt ich und Alex schaute kurz auf, guckte dann noch einmal kurz auf sein Handy, steckte es in seine Hosentasche und sagte dann:,, nur ungefähr eine halbe Stunde." Er machte sich auf den Weg die Treppen nach oben zu gehen und ich bekam ein schlechtes Gewissen. Mal wieder hatte ich ihn warten lassen. Wie so oft in letzter Zeit....Ich harkte eine Krücke in meinen Rucksack und stütze mich am Treppengeländer ab und humpelte so schnell wie möglich die Treppe hoch.
Alex bot mir seine Hilfe an, doch wie so oft nahm ich sie nicht an. Ich wollte alleine klarkommen, zumindest soweit es mir möglich war. Schwäche zu zeigen ist nie gut.Oben angekommen nahm ich meine Krücke wieder vom Rucksack und stütze mich jeweils auf den Griffen ab um die Tür aufschließen zu können.
Alex wartete geduldig hinter mir, bis ich die Tür auf hatte. Sofort ging ich in mein Schlafzimmer und ließ mich auf das Bett sinken.
Kurz nach mir betrat auch Alex den Raum, welcher sich bereits die Schuhe und seine Jacke ausgezogen hatte. Ich zog ebenfalls den einen Schuh den ich an hatte aus. Über den Gips war bloß eine dicke Socke gestülpt, welche ich aber auch abzog. Im Sommer war es schon ganz schön nervig einen Gips zu tragen, es war immer viel zu warm unter dem Ding.,,Tut mir leid, dass ich dich hab warten lassen," sagte ich nachdem ich die Socke in meinen Schuh gestopft hatte.
Alec legte mir seine Handy auf die Schulter:,, Du brauchst dich nicht entschuldigen, aber soll ich nicht wirklich mal mit Mika reden? Es kann doch nicht sein, dass du immer Überstunden machst und mit deinem Knöchel dann noch eine halbe Stunde nach Hause laufen musst, nur weil du denn Bus verpasst hast." Alex hatte recht, aber sein Onkel konnte ja gar nichts dafür.
,,Nein Alex, brauchst du nicht."
,, Carter. Er ist mein Onkel, er wird es verstehen."
,, Er kann aber doch gar nichts dafür, dass ich immer länger bleiben muss." Jetzt guckte mein bester Freund etwas komisch:,, Wie er kann nichts dafür?" Alex war sichtlich verwirrt, was verständlich war, schließlich hatte ich ihm nicht davon erzählt, dass Josh immer früher ging, genauso wenig wie Mika.
,, Josh ist es, er geht immer schon früher, meistens schon gegen sechs oder so."
,,Warum das denn? Das kann er doch nicht machen?!" Man konnte das entsetzten in Alexs Stimme hören.
,,Er hat seit zwei Monaten eine Freundin, aber die darf von ihren Eltern aus immer nur bis 10 bleiben. Also fragt er mich öfters ob er schon früher gehen kann. Ich kann ihn verstehen, er möchte doch nur sein Freundin sehen."
,, Verdammt Carter du bist viel zu nett! Glaubst du Josh würde das für dich machen?" Alex hörte auf zu reden, jedoch antwortete ich ihm nicht. Ich wusste es nicht, würde er das für mich machen? Wollte ich überhaupt, dass er das für mich täte?Kurze Zeit später fing Alec dann wieder an zu reden:,, Siehst du? Er würde es nicht machen und du weisst genau was der Arzt gesagt hast. Du nicht nur deinen Knöchel schonen, sondern auch dich. Du weisst wie schwer es war ihn zu überreden, dass du überhaupt schon wieder arbeiten gehen darfst. Du solltest eigentlich derjenige sein, der schon um sechs Uhr geht, und nicht Josh. Bitte Carter verspricht mir, dass du Josh nicht mehr früher gehen lässt." Ich verstand Alex, er machte sich bloß sorgen, welche zugegebenermaßen nicht ganz unberechtigt waren.
,,Ist gut. Ich hab's verstanden, wird nicht mehr vorkommen. Versprochen, nur bitte sag Michael nichts davon, ich will nicht, dass Josh wegen mir Schwierigkeiten bekommt" ich hatte keine Lust mehr auf Alexs immergleichen Sorgen und wollte dieses Gespärch einfach nur noch beenden .
,, Ich sag nichts. Versprochen."
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Remind me to forget
RomanceAls Kind bekommt man immer Geschichten von der wahren Liebe erzählt und als Teenager beginnt man sogar daran zu glauben. Doch was ist wenn man nicht mehr daran glauben möchte, daran glauben kann? Gibt es eine Chance das zu ändern? Carter und Rose t...