Es regnete. Kein kalter trostloser Regen, sondern ein Regen, der warm war und weich, als ob er mein bisheriges Leben fortwaschen wollte. Ich stand unter dem kleinen Dach, das über unserer Haustür war und fieberte meinem neuen Leben entgegen. Meine Großeltern standen neben mir und sahen mich mit Tränen in den Augen an. Meine Mutter stand am Auto und wartete, so wie wir anderen auf meinen Vater, der meinen letzten Koffer von oben aus unserer kleinen Mietswohnung nach unten holte. ,,Und du willst wirklich gehen?" fragte meine Oma und sah mich dabei forschend an. ,,Ja, will ich." Tief Seufzend sah sich mich an. ,,Du kannst immer wieder Heim kommen, das weißt du. Du bist hier immer Willkommen." mit diesen Worten Umarmte sie mich ein letztes mal. Stumm stand ich nun meinem Opa gegenüber. ,,Pass gut auf dich auf, meine Große." Mit diesen Worten zog auch er mich in eine Umarmung die ich fest erwiederte. Dass er weinte musste mir keiner sagen, das wusste ich auch so. Und da hatte ich ihn wieder, diesen kleinen Moment wo ich zögerte und darüber nachdachte ob ich gerade das richtige tat.
Noch könnte ich alles wieder Rückgängig machen, die Wohnung kündigen und meinen Traum aufgeben. Aber was wäre der Preis dafür? Ich würde weiter ein Langweiliges vorherbestimmtes Leben führen. Mir wieder einen Job als Verkäuferin suchen und dann Leuten irgendwelche Produkte aufschwatzen oder stundenlang an der Kasse eines Ladens sein. Stumpfsinnig Artikel über die Kasse ziehen, danach am Abend nach Hause kommen, Essen und Schlafen. Am nächsten Morgen geht dann alles wieder von vorne los. Ein ewiger Teufelskreis. Eintönig und Langweilig. Aber das kann doch nicht alles sein was das Leben bereithält, oder? Im Fernsehen sieht man wunderschöne Orte von der Welt und in Büchern hat man die Abenteuer die waren und noch sein könnten. Ich wollte auch etwas davon und Teil eines Abenteuers sein, meines eigenen Abenteuers.
Als ich mich von Ihm löste hatte ich stark damit zu kämpfen, nicht selber los zu weinen. ,,Ich bin ja nicht aus der Welt, nur am anderen Ende." versuchte ich zu scherzen, aber der Kloß in meinem Hals wollte nicht so wirklich verschwinden. Von meiner Mutter und meiner Oma bekam ich darauf nur ein ungläubiges schnauben. Dann kam mein Vater mit gepolter die Treppen nach unten und verfrachtete meinen letzten Koffer, bei den anderen, im Kofferraum. Mit einem letzten Blick auf das Mietshaus das 20 Jahre mein Zuhause war, setzte ich mich auf die Rückbank des Autos und schloss die Tür.
Es war nicht viel los am Nürnberger Flughafen. Hin und wieder sah man Gruppen von Leuten die sich entweder verabschiedeten oder freudig in die Arme fallen. Wir gehörten wohl oder übel zu der ersteren. Seufzend drehte ich mich zu meinen Eltern um. Meine Mutter war schon in Tränen ausgebrochen und mein Vater hielt sie sich zurück, wie immer. Ich hatte ihn glaub ich nur zweimal in meinem Leben weinen sehen und beides war auf Beerdigungen. Ein letztes mal für unbestimmte Zeit schloss ich beide in meine Arme. ,,Wir werden dich vermissen." schluchzte meine Mutter. ,,Ich weiß. Ohne mich wird es bestimmt langweilig bei euch werden." schmunzelte ich. ,,Auf jeden fall. Ruf uns an sobald du kannst. Oder schreib uns. Meld dich aufjedenfall regelmäßig. Und wenn du wieder heim kommen willst, kannst du das jederzeit gerne tun. Wir sind immer für dich da." meinte dann mein Vater zum Abschluss. ,,Ok. Mach ich. Bis dann. Und Danke, dafür dass ich das machen kann. Ich hab euch lieb." ,,Wir dich auch." waren die letzten Worte die ich vernahm, bevor ich mich umdrehte und mich auf die Suche nach der Kofferabgabe machte.
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen saß ich im Flugzeug auf meinem Platz. Mein Buch lag mir schwer auf meinen Beinen. Unglücklicher weiße musste ich gerade jetzt an die Flugzeugabstürze in den letzten paar Monaten denken. Keine gute Idee wenn man bedachte dass das, mein erster Flug war. Entschlossen mich Abzulenken(und nicht daran zu denken, das ich, keine ahnung wie viel Tausend Meter, über den Erdboden ich mich gerade befand) schlug ich meine Ausgabe von Der Herr der Ringe auf und versank schon recht bald in der wundersamen Welt, die Tolkien erschaffen hatte.
Als ich aus dem Flughafen in Seoul trat empfing mich ein blauer Himmel und es war angenehm warm. Vorfreude packte mich und ich winkte schnell einem Taxi das gerade vorbei fuhr. Nachdem meine Koffer sicher verstaut waren und ich eingestiegen war nannte ich ihm meine Adresse. Stolz darauf, das erste mal meine neu erlernten Koreanisch Kenntnisse einzusetzen und es auch noch fehlerfrei bewältigt zu haben, lehnte ich mich im Sitz zurück und sah der Landschaft zu wie sie sich von grünen Wiesen, in bewohnte Stadt verwandelte und am Fenster vorbeizog.
Nach einer weile, in der ich immer wieder eingeschlafen bin, hielten wir vor einem Mehrfamilienhaus. Ich beeilte mich auszusteigen und nahm meine Koffer entgegen. Nachdem ich bezahlt und mich verabschiedet hatte angelte ich in meinem lilanen Koffer nach dem Wohnungsschlüssel. Vorsichtig, als könnte die Eingangstür mich beißen wenn ich nicht aufpasste, schloss ich die Tür auf. Zu meiner rechten Seite befand sich eine Treppe und zu meiner linken ein silberner Aufzug im weißen Flur. Zögerlich drückte ich den Knopf und wartete das die Türen sich öffneten.
Endlich im 4. Stock angekommen stieg ich aus, und versuchte mich erst einmal zu orientieren. Soweit ich mich erinnern konnte, musste ich den linken Gang nehmen und dort die 2. Tür müsste es sein. Mit Herzklopfen und einer Müdigkeit, von der ich das Gefühl hatte, ich könnte Tage durchschlafen, betrat ich meine Wohnung. Sie war weder zu groß noch zu klein, auf der rechten Seite im Flur stand ein Schränkchen, darüber hing ein viereckiger Spiegel. Links war eine kleine Kochecke und ein Esstisch. Von der Küche konnte man direkt in das Wohnzimmer, in dem ein bequemes Sofa stand, gegenüber davon war ein Fernseher und ein kleiner Tisch. Der Gang rechts am Wohnzimmer vorbei führte ins Schlafzimmer, gegenüber dem, war dann das Bad. Entschlossen verfrachtete ich meine Koffer im Schlafzimmer und stellte mich dann unter die Dusche, nur um mich dann in mein Bett zu legen und sofort einzuschlafen.
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Der Tag an dem ich mein Leben änderte
AdventureNoch könnte ich alles wieder Rückgängig machen, die Wohnung kündigen und meinen Traum aufgeben. Aber was wäre der Preis dafür? Ich würde weiter ein Langweiliges vorherbestimmtes Leben führen. Mir wieder einen Job als Verkäuferin suchen und dann Leut...