Alex

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Lydias P.O.V.:

Ich überlegte kurz und wog meine Optionen ab. Selbst wenn er ein Axtmörder wäre oder sonst etwas, wäre er zumindest ein ziemlich heißer Axtmörder und garantiert nicht das schlechteste Gesicht was man als letztes vor dem Tod sehen würde.
Außerdem je länger ich hier rumstand und überlegte, regnete es ins Auto und dann würde er vielleicht einfach los fahren. Und ich müsste die restlichen Kilometer laufen.
Und ja, eigentlich hatte meine Entscheidung schon festgestanden, seit ich seinen brummenden Motor hinter mir gehört hatte. Er war meine allerbeste Option.
Ich lächelte ihn an. "Sehr gern", sagte ich in einem 'du-bist-mein-Retter'- Ton.
Er stieg aus, öffnete den Kofferraum und wir beide stellten uns unter die Klappe zum Schutz vor dem Regen. Naja, er tat das zum Schutz, ich war ja bereits nass.
Ich reichte ihm meinem Koffer, die Sporttasche, den Regenschirm und meinen Rucksack.
"Viel hast du ja nicht mit für ein ganzes Schuljahr", meinte er scherzhaft.
"Meine Eltern schicken den Rest nach", zucke ich mit den Schultern. Er taxierte mich und grinste dann wieder. Er nahm eine Wolldecke aus dem Kofferraum und legte sie mir in die Hand.
"Damit du dich nicht erkältest", sagte er mit einem Zwinkern. Dann klappte er den Kofferraum zu und wir stiegen ein.
Als ich drin saß war ich zuerst damit beschäftigt mich ganz in die Decke zu wickeln, denn ich wollte seinen Sitz nicht auch noch nass machen.
"Du hast mir noch gar nicht deinen Namen gesagt", stellte Alex plötzlich fest.
"Lydia."
"Lydia. Sehr angenehm.", schmunzelte er. "Dein erstes Jahr?"
"Ja. Ich hab davor in Cambridge gewohnt." Ich schaue auf meine Füße.
"Wow, das ist ja schon ein wenig weiter weg. Warum bist du hier?"
"Wegen meinen Eltern", murmele ich. Er fragt nicht weiter nach und ich war dankbar dafür.
Ich schaue ihn von der Seite her an.
"Was machst du eigentlich? Also äh... ich meine, du bist doch kein Schüler mehr oder?"
Er lacht. "Nein Lydia, ich bin kein Schüler. Ich bin Lehrer für Mathe und Kunst vorrangig in den mittleren Klassen."
Ich war peinlich berührt und mir schoss das Blut ins Gesicht. "Oh sorry, also tut mir Leid, dass... ich... also du bist so Ähm, also ich mein Sie sind Ähm so äh mh..."
Er grinste mich belustigt an. Es schien ihm überhaupt nichts auszumachen, was ich gesagt hatte. "So jung? Gutaussehend? Cool? Unerfahren? Heiß?", neckte er.
"Ich äh wollte eigentlich 'normal' sagen". Ich hatte meine Schlagfertigkeit zurück.
"Fast Schade. Seit den drei Jahren auf diesem Internat als Lehrer hat mich niemand mehr heiß genannt", zwinkerte er.
Oh nein. War er nur nett, oder flirtete er gerade wirklich mit mir? Oh Shit Lydia reiß dich zusammen, du bist noch nicht mal auf der Schule und fühlst dich sexuell zu einem Lehrer hingezogen.
"Also drei Jahre ja? Ganz schön lang"
"Man lebt sich sehr schnell ein. Glaub mir, du wirst es gar nicht merken wie die Zeit vergeht."

Der Wald lichtete sich. Gott sei dank. Denn die Atmosphäre hier war mittlerweile ein wenig angespannt geworden.
"Wir sind gleich da", meinte Alex. "Am Besten wäre es wenn ich dich gleich zu Ms. Stan bringe. Sie ist die Verantwortliche für die Mädchen. Wenn du etwas brauchst geht wirklich immer zu ihr oder den Vertrauensschülern. Sie ist zwar in der Öffentlichkeit streng, aber sehr einfühlsam und klug."
"Danke. Also ich mein für alles", ich lächle. "Ohne dich würde ich wahrscheinlich gerade ertrinken."
"Ja ich bin eben ein Gentleman", lächelte er. Ob er überhaupt aufhörte mal zu lächeln? Sobald er seine Mundwinkel nach oben zog, sah er noch besser aus als er es sowieso schon tat und das fand ich auf Dauer echt ungünstig, denn ich meine Hallo, ich bin noch Teenager, Hormone und so sind echt unberechenbar.

Dann fuhren wir um eine Kurve und ich sah das erste Mal das Internat. Und ganz ehrlich, es sah definitiv nicht aus wie auf den Fotos. Es war schon echt riesig. Und der Anbau auf der rechten Seite war garantiert für die Zimmer. Aber das dunkle Gemäuer haute mich irgendwie nicht vom Hocker.
"Ist es nicht wunderschön hässlich", schwärmte Alex.
"Was?"
"Ich finde es ist so individuell, dass es jeden Tag schöner wird." Er sah mich an. "Nicht jeder kann von Grund auf hübsch und umwerfend sein." Er zwinkerte mir schon wieder zu. Langsam wurde mir echt warm.
Er bremste vor dem Eingang und wir stiegen aus.
Er führte mich durch das Eingangsfoyer die Treppe hinauf zu einem der ersten Zimmer in diesem Gebäude. Als wir eintraten eroberte mich der Raum an eine Art Sekretariat. Auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch saß scheinbar Ms. Stan. Eine dunkelhaarige kleine Frau Mitte vierzig vielleicht. Alles war, wie auch schon die Korridore und das Eingangsfoyer modern und geschmackvoll eingerichtet. Bei Ms. Stan wirkte es fast kühl, doch als sie Alex sah, erwärmte sich der Raum durch ein leichtes Lächeln.
"Mr. Ross was kann ich für Sie tun?"
Stimmt. Ab jetzt war es ja Mr. Ross.
"Hallo Katherine. Das ist Lydia, ich habe sie am Weg aufgegabelt und mitgenommen. Sie ist neu hier."
"Ah du bist also Lydia", sagte sie und musterte mich von unten bis oben. Ich hatte Alex Decke im Wagen gelassen und fühlte mich mit den leicht nassen Sachen und dreckigen Schuhen sehr fehl am Platz.
"Es freut mich dich kennen zu lernen. Ich war erfreut zu hören, dass du einen Tag früher als üblich anreist, so können wir ungestört den Papierkram besprechen. Das Problem ist nur, dass ich momentan kein Zimmer für dich finde. Du bist sozusagen ein Sonderfall, weshalb wir dich aufgenommen haben, allerdings sind die Mädchenschlafsäle alle übervoll und ich habe keine Ahnung wo du im Moment übernachten kannst."
Ich seufzte. Es war ja klar, dass ich mal wieder bei sowas den Miesepeter zog. Sag mal gibt es auch Menschen, die immer Glück haben?
"Sie kann doch erstmal bei mir übernachten", meint Alex.
Ich schaue ihn erstaunt an.
"Geht das denn? Bei einem Lehrer?"
"Mr. Ross ich denke nicht, dass sich das mit den Vorschriften vereinbaren lässt!", meinte Ms. Stan.
"Ach Katherine. Sie ist durchnässt vom Regen und braucht eine Dusche. Die Schule hat noch nicht mal angefangen und ich habe eine Couch bei mir, auf der es sich wunderbar schlafen lässt. Es ist überhaupt kein Problem."
Er sah Ms. Stan mit seinem mach-dir-keine-Sorgen-Gesicht an und ich konnte ihr keinen Vorwurf machen als sie nickte. Wer könnte Alex schon widerstehen.
"Na gut. Aber nur bis ich eine Lösung gefunden habe. Maximal ein paar Tage!", sagte sie mit einem warnenden Unterton.
Alex und ich grinsten uns an wie zwei kleine Kinder.
Ms. Stan gab mir einen zweiten Schlüssel für Alex Unterkunft auf seine Bitte und verabredete sich mit mir am Abend zu Tee und Papierkram.

Badboys und andere HindernisseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt