16. Erklärung

610 44 25
                                    

Allwissender Erzähler

Ein paar Stunden später, in denen Jim in seinem Arbeitszimmer gesessen und auf seinen Laptop gestarrt hat, steht er auf und geht leise hinüber ins Schlafzimmer. Es ist bereits fast dunkel, aber dennoch kann er sehen dass seine Frau nicht im Bett liegt. Dieses steht vollkommen unberührt da, nicht eine Falte stört die Ebenheit des Stoffes.
Verwundert, aber auch besorgt, geht Jim die Treppe herunter, darauf bedacht keine lauten Geräusche zu machen. Und wenn Melody jetzt gegangen ist, ohne dass er es gemerkt hat?
Im ersten Moment sieht es tatsächlich danach aus als er ins Wohnzimmer schauen kann, denn dort scheint sich niemand aufzuhalten. Doch im Flur steht noch Melody's Rucksack, also ist sie noch irgendwo im Haus. Die schmale Tür zum Keller ist verschlossen, und auch in der Küche ist es leer. Lautlos schleicht er ins Wohnzimmer, und seufzt vor Erleichterung fast auf.
Melody liegt seitlich auf dem Sofa, über sich eine Decke, und scheint zu schlafen. Ihre Augen sind noch gerötet von weinen und in einer Hand hält sie ein Taschentuch, mit dem sie wohl eingeschlafen ist. Ein paar Strähnen ihrer etwas zerzausten, braunen Haare fallen ihr übers Gesicht, da setzt sich Jim vorsichtig neben sie. Behutsam streicht er ihr die Strähnen aus dem Gesicht und betrachtet sie nachdenklich.
Sie sieht furchtbar unglücklich aus, traurig und enttäuscht, wegen ihm. Er weiß wie sie sich fühlt, genauso wie er, als er dachte dass Seb und Mel eine Beziehung hätten, aber etwas hält ihn davon ab sich zu entschuldigen: Sein Stolz.
Jim ist zu stolz zuzugeben dass Seb recht gehabt hat, als er sagte, dass es Melody gar nicht gefallen würde wenn sie das mit Molly über Umwege erfahren würde. Er ist zu stolz sich und Mel einzugestehen dass er es ihr vorher hätte sagen müssen, zu stolz, sich vor Melody die Blöße zu geben. Und doch tut es ihm leid.
Unschlüssig darüber was er nun tun soll damit es Melody wieder besser geht, sitzt er neben ihr und schaut sie an. Es ist kühl hier im Wohnzimmer, auch Melody's Hände sind kühler als ihr Gesicht. Kurzerhand steht Jim auf und nimmt Mel so vorsichtig und behutsam wie es nur geht auf seine Arme. Im Schlaf schmiegt sie sich enger an ihn als er sie die Treppe nach oben ins 'Gästezimmer' trägt, denn sie würde es wahrscheinlich nicht wollen, wenn er sie in ihr gemeinsames Schlafzimmer bringen würde.
Sanft legt er sie auf dem Bett ab und deckt sie zu, aufmerksam darauf achtend dass sie nicht aufwacht. Doch seine Frau schläft einfach weiter und lässt sich nicht von ihrem Transport stören. Liebevoll streicht Jim ihr noch einmal über den Kopf, dann steht er leise auf und verlässt das Zimmer, um sich selbst bettfertig zu machen, allerdings glaubt er nicht dass er wirklich schlafen wird. Er hat eine Idee wie er Melody wieder aufmuntern kann, allerdings muss dafür noch ein bestimmter Anruf eingehen.

~×~×~×

Melody

Zu meiner großen Überraschung befinde ich mich am nächsten Morgen nicht auf dem Sofa, sondern warm zugedeckt im Bett des Gästezimmers. Des Zimmers, in dem ich das erste Mal bei Jim aufgewacht bin.
Verwundert setze ich mich auf, noch vollkommen benommen vom Schlaf. Ich muss erst Anfang nächster Woche zur Arbeit, es besteht also kein Grund zur Sorge dass ich zu spät aufgewacht bin. Da fällt mir der Streit zwischen mir und Jim von gestern ein, und ich bin augenblicklich wieder wach. Wir haben uns nicht vertragen, geschweige denn das Problem gelöst. Und trotzdem finde ich mich im Gästebett wieder, ohne selbst dorthin gegangen zu sein. Anscheinend hat Jim mich hierher gebracht. Soll ich das als Friedensangebot, Entschuldigung oder einfach als nette Geste auffassen? Bestechungsversuch käme auch noch in Frage, oder schlechtes Gewissen.
Mit brennenden Augen, da ich gestern so sehr geweint habe, stehe ich auf und schaue mich kurz im oberen Stockwerk nach Jim um. Doch dieser ist nirgends zu finden, das Schlafzimmer sieht sogar komplett unberührt aus, so als hätte Jim überhaupt nicht geschlafen. Entweder das, oder er war sehr gründlich beim Bett machen.
Augen reibend gehe ich nach unten in die Küche um mir einen Tee zu machen, da finde ich schon alles vorbereitet für meinen Lieblingstee vor, inklusive der Tasse die Jim mir letztes Weihnachten geschenkt hat. Diese ist schwarz, und wenn man ein heißes Getränk hineinfüllt, kommt die rote Aufschrift 'Queen of my heart' zum Vorschein. 
Ohne zu zögern stelle ich die Tasse wieder in den Schrank, hole stattdessen eine ältere, blaue heraus und beginne mir dann den Tee zu kochen. Bei Jim darf ich weder alles von ihm ablehnen, noch alles annehmen, denn sonst hat er sofort Dinge mit denen er mich analysieren kann. Nicht dass er das sowieso schon kann.
Ich brauche meine ganze Konzentration um halbwegs gut drauf zu sein, denn sonst denke ich zu viel über Jim und Molly nach. Darüber dass es nicht so aussieht als würde es Jim leidtun, noch dass er diese Beziehung nicht beendet. Ich weiß nicht was mir mehr wehtut.
Nachdem ich mir den Tee gemacht habe, ziehe ich mir gemütliche Sachen an in denen ich mich wohlfühle und setze mich mit der Tasse an den Tisch im Wohnzimmer. Im Haus um mich herum ist es sonst still, nur mein Schlürfen ist zu hören.
Da klingelt plötzlich mein Handy einmal kurz, um zu signalisieren dass es eine Nachricht bekommen hat, und ich stehe auf um es zu holen.

Moriarty In Love - The GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt