Viele Fragen

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(Jenna POV)

Warum taten mir meine Eltern nur so etwas an?
Wir wollten nur das Beste für dich! Eigentlich hatten wir gedacht es dir an deinem 18 Geburtstag zu sagen. Ich bin fast 20 Jahre alt! Wie lange hätten die beiden denn sonst noch gewartet, wenn nicht... ja wenn was? Warum haben sie es mir ausgerechnet jetzt gebeichtet? Damit ich mein Abitur nicht schaffe, weil mich die Gedanken und Fragen in meinem Kopf keine Konzentration mehr zulassen?

Ich konnte es nicht sagen! Mittlerweile war etwas Zeit verstrichen, seit ich die Hiobsbotschaft erhalten hatte, aber die Fragen in meinem Kopf würden mich bald noch verrückt machen! Ich wusste nicht mehr was ich noch denken sollte, mit welcher Überlegung ich mich zuerst beschäftigen sollte. Ich war erschüttert, aus den Bahnen meines jetzigen Lebens gewaltsam gerissen und nackt in die kalte emotionslose Welt gesetzt worden!

Aber ist dies denn überhaupt noch mein Leben? War mir nicht eigentlich ein ganz anderes vorbestimmt? Mit meinen leiblichen Eltern und womöglich auch Geschwistern. In einem anderen Land und einer fremden Kultur. Was wenn ich eigentlich in Frankreich gelebt hätte, wir leben doch hier so dicht an der Grenze!

Meine Gedanken und Vorstellungen konnte nur ein leises Schnauben unterbrechen, dann ein leichter Stupser gegen meine schmale Schulter. Ein lauwarmer Luftstrom blies durch meine Haare und als ich mich langsam umdrehte, blickte ich in zwei große runde haselnussbraune Augen, die mich verwirrt musterten.
„Ach meine liebe Lómorë. Du weißt ja auch gar nicht was mich bedrückt mmmh“, ich schlang die Arme um den Kopf meiner Stute, die nun neben mir stand. Zuvor hatte sie noch friedlich auf der Wiese gegrast und mich ab und zu mit ihrem Schnauben zurück in die Wirklichkeit geholt.

Unbewusst hatte ich mich zu meiner Stute geflüchtet. Ich liebte ihre Gegenwart, fühlte mich sicher und geborgen hier. Sie schenkte mir ihre Aufmerksamkeit und ihr Gehör und verriet dennoch nie die Geheimnisse, die ich ihr anvertraute.
Lómorë schnaubte mir direkt ins Ohr und begann genüsslich an meinem Haar zu knabbern. Aufmunternd kam immer wieder ein schwaches Stupsen von ihr, bis meine Stute ihr scheinbares Ziel erreicht hatte. Ein Lächeln breitete sich auf meinen rosigen Lippen aus.
Ein überraschter Schrei hallte über die Wiese als mich ihre unbändige Kraft in das weiche Grün drückte. Wie eine Belustigung klang das Wiehern in meinen Ohren. Ich grinste und beobachtete wie Lómorë wie ein junges Fohlen mit allen vier Beinen zugleich hochsprang und dann los preschte.
Immer wieder unterbrach sie ihren Lauf für einen kleinen Sprung, warf Kopf und Beine in die Höhe, mal vorne, mal hinten.
Lachend lag ich im Gras und die Sorgen und Gedanken, die Wut auf meine Eltern und die vielen Fragen waren wie weggetragen.

Eine Weile beobachtete ich noch meine Stute, bevor sich meine Augen schlossen und ich den anderen Sinnen lauschte. Die Vögel hatten ein bezauberndes Lied angestimmt, Bienen und Hummeln brummten und summten im Einklang mit anderen Insekten. Irgendetwas krabbelte über meinen Arm und kitzelte mich mit seinen kleinen Beinen, doch es störte mich nicht. Ein sanftes Kribbeln verursachte auch die warme Sonne auf meiner Haut und das lange Gras, das über meine Arme und Beine striff.

Ich seufzte glücklich und grinste, als Lómorë immer mal wieder ein Wiehern und Schnauben hören ließ. Durch das Donnern ihrer Hufe wusste ich immer wo sie ungefähr war, erst als sie dazu überging wieder von dem köstlichen Gras zu kosten, konnte ich nicht mehr sagen wo sie sich befand.

Die Sonne erwärmte meine müden Glieder, aber an aufstehen dachte ich erst gar nicht. Hier war ich der Natur so nahe und dass ich Kathrin dabei bei mir Zuhause alleine ließ, war mir gar nicht mehr klar. Mein Verstand blendete alles aus was mit diesem Haus und der Nachricht, die ich von meinen vermeintlichen Eltern erhalten hatte, in Verbindung stand. So auch meine Freundin.

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