„Bin wieder da!", rief ich, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. Meine Schuhe stellte ich vorsorglich in das dafür vorgesehene Regal, denn ich wusste, dass Alec am Morgen in voller Hetze sonst darüber stolpern würde.
Erschöpft von der Arbeit ließ ich mich nun in den alten Ohrensessel fallen. Das wohlbekannte, schreckliche Geräusch des ausgeranzten Leders, wenn man darüber fuhr, störte mich schon lange nicht mehr. Ich streckte mich einmal ausgiebig und sah dann auf die Uhr: Es war 20:07 Uhr. Und Dienstag. Das hieße, dass Alec heute mit Kochen dran wäre. Komisch nur, dass ich nichts aus der Küche hörte.
Misstrauisch taperte ich in die offene Küche, die gleichzeitig als Esszimmer diente. Und was sah ich da? Alec, am Tisch sitzend, den Kopf in den Armbeugen vergraben und mit einer leeren Flasche hochprozentigen Alkohols vor sich stehend.
Ich seufzte. Es war diese Woche schon das dritte Mal, dass ich ihn hier so antraf; und ja, es war immernoch Dienstag. Er wollte mir nicht sagen, was passiert war, eigentlich war er kein Trinker. Ich vermutete ja, dass seine Freundin mit ihm Schluss gemacht hatte und dass er noch nicht drüber hinweg war. Auch wenn er mir in diesem Zustand leid tat, hätte ich wahrscheinlich dasselbe getan; mit ihm Schluss gemacht.
Zugegeben, er wurde mit einem ziemlich gutaussehendem Gesicht geboren und auch seine Figur ließ nichts zu wünschen übrig; Er war groß, schlank und alle Mädchen, die ihn nicht näher kannten, flogen auf ihn. Blöd nur, dass sein Charakter auf der Strecke geblieben war.
Ich bin einer der wenigen, der mit seinem selbstverliebtem, egoistischem Selbst zurecht kommt. Deswegen wohnt er ja auch hier.
Erneut seufzend ging ich zu ihm hin, nahm die Flasche vom Tisch und blies hinein, sodass ein Geräusch entstand, das Alec auf den Tod nicht abkonnte.
Stöhnend richtete er sich auf und sah mich finster an. Seine Wangen und seine Nase waren so rot, als ob er sie geschminkt hätte. Erstaunlicherweise roch er kein bisschen nach Alkohol.
„Du bist mit Kochen dran", sagte ich und stellte die Flasche zu dem anderen Altglas in die Ecke.
„Halt die Klappe", nuschelte er kaum verständlich.
„Ich halte die Klappe, wenn du unsere Abmachung einhälst, und das hast du ja scheinbar nicht."
„Bestell dir doch was", grummelte er und ließ den Kopf wieder auf die Tischplatte sinken. Aus dieser Lage musterte er mich eingehend.
„Was?", fragte ich leicht genervt.
„Du siehst anders aus als sonst...", stellte er fest.
„Du hast Halluzinationen vom Alkohol. Du solltest ein Glas Wasser trinken und ins Bett gehen, das ist besser für uns beide", meinte ich und nahm ein Glas aus dem Schrank. „Du hast echt Glück, dass ich heute Mittag so viel gegessen habe und jetzt nicht besonders hungrig bin. Ich werde mir einfach schnell was unten im Supermarkt holen und es in die Mikro schmeissen. Mann, ich bin viel zu nett zu dir."
Seufzend füllte ich das Glas mit Wasser aus dem Hahn auf.
„Ich will aber nichts trinken."
„Und ich hab keine Lust, dich morgen völlig verkatert aus dem Bett zu lotzen."
„Das wird nicht passieren, weil ich gar nicht getrunken habe", meinte er und stand leicht torkelnd auf. „Die Flasche war schon leer, als ich sie ausgetrunken habe."
„Aha, klingt sehr schlüssig für mich. Du solltest echt was trinken und dann sofort schlafen gehen. "
Ich drehte den Wasserhahn aus und wollte das Glas gerade Alec geben, als dieser mich plötzlich von hinten umarmte.
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Nur ein Mitbewohner ...oder mehr als das?
RomanceEs ist jetzt genau einen Monat her, seit ich mich entschlossen habe mit einem Mitbewohner in das alte Haus meiner verstorbenen Großmutter zu ziehen. Für einen alleine wäre es viel zu groß, selbst für zwei ist es sehr verschwenderisch. Aber was soll...