Teil 21

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Sobald das Auto hielt sprang ich über Shuu hinweg nach draußen und flüchtete ins Haus

In meinem Zimmer angekommen rannte ich ins Bad und wollte nur noch weinen. Meine Wange brannte immer noch wie Feuer und begann jetzt zu pochen. Als ich in den Spiegel sah konnte ich erkennen, dass sie stark gerötet war. Ein Wunder das ich nicht auch noch seinen Handabdruck in meinem Gesicht wieder erkennen konnte.

Ich hatte es versucht. Ich hatte es so gewollt, aber ich habe es nicht geschafft. Das ich Reiji angelogen hatte war ein Fehler gewesen, aber es war mir einfach so rausgerutscht. 

Und er? Er hatte nur darauf gewartet, hat mir aufgelauert, in der freudigen Erwartung mich dann bestrafen zu können. Keiner seiner Brüder hatte etwas gesagt oder getan, sie haben mich nur stumm angestarrt, als ich dort auf dem Boden der Limo lag. 

Nicht einmal Shuu hatte mir geholfen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er überhaupt die Augen offen hatte. Ich konnte ihn einfach nicht verstehen. In der einen Minute wird er sauer, wenn seine Brüder mich auch nur ansahen und in der Nächsten, ließ er zu das einer von ihnen, sogar der Bruder, denn er am Meisten zu hassen scheint, mich zu Boden schlägt. Ich verstehe ihn einfach nicht.

Nachdem ich meine Wunde gekühlt habe, gehe ich zurück in mein Zimmer. Und wenn man vom Teufel spricht, Shuu saß mal wieder auf meinem Bett, als gehörte es ihm. Was es im Grunde ja auch tat, aber dieses Zimmer war eben jetzt meins und nicht seins.

"Warum hast du mir nicht geholfen?", will ich störrisch wissen, "Du hast gesagt du beschützt mich. Warum hast du also nichts getan?"

Vom Bett kommt nur ein genervtes Stöhnen, so als wäre er schon gestresst nur weil ich im Raum war. Selbst schuld, wenn er sich unbedingt in MEINEM Zimmer ausruhen wollte.

"Er hätte nur darauf gewartet. Er lauert auf eine Kleinigkeit, eine Schwachstelle, die mich verletzen könnte."

Verwirrt drehte ich mich zu ihm, ich fuhr mir wütend durch die Haare. "Ich verstehen gar nichts, du sollst verletzt werden? Falls es dir nicht aufgefallen ist, ich habe die Ohrfeige abbekommen, ich habe morgen bestimmt blaue Flecken und verdammt ICH werde hier ständig verletzt.", schrie ich ihm entgegen.

Nach meinem Ausbruch wurde es still im Raum, aber die Ruhe konnte mich nicht wie sonst wieder runter bringen, nein ich wurde nur noch sauerer auf Shuu. Warum konnte er sich nicht mal dafür rechtfertigen, wie konnte er nur so ruhig bleiben.

Shuu saß wirklich nur auf dem Bett und blickte mich schweigend an mit seinen ozeanblauen Augen. So standen wir uns gegenüber, die eine kochend vor Wut, das gegenüber seelenruhig.

Mir kamen die Tränen. "Verdammt, sag endlich was. Ich dachte ich bin dir wichtig.", schrie ich aus. Meine Sicht begann zu verschwimmen und ich begann zu schniefen. Da stand er auf einmal auf, immer noch langsam, so als wäre er durch meinen Ausbruch gerade erst aufgewacht. Er kam auf mich zu, fasste nach meinem Kinn und hob es an, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. Ich blinzelte die Tränen weg und versuchte ihn in meinem verheultem Zustand trotzdem noch böse anschauen zu können. 

"Ihr kleinen, dummen Menschen", begann er leise zu sprechen, "warum könnt ihr es nie verstehen?"

Er ließ von mir ab und verließ dann den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.


*******


Ich weinte. Es fühlte sich an, als wären es Stunden, seit Shuu gegangen war. Draußen war bereits die Sonne aufgegangen und die Bewohner des Hauses waren zu Bett gegangen. Alles war still bis auf mein rumgeschniefe und meine vereinzelten Schluchzer. 

Ich fühlte mich hundeelend. Ich hatte alle vergrault, ich war wieder allein. Als ich angefangen hatte mich mit den Brüdern zu nähern, dachte ich, alles würde besser werden. Endlich war jemand da, der sich wieder um mich gekümmert hatte. Mit Laito war es nie langweilig geworden und in Shuu's Nähe hatte ich mich immer sicher gefühlt. Aber Laito hatte mich hintergangen und Shuu hatte ich letztendlich vergrault. Erst jetzt viel mir auf, wie gemein ich gewesen war. Wie egoistisch und wie verzogen ich wohl geklungen haben musste, als ich mit ihm gesprochen hatte. Er war der Einzige gewesen, der mich nicht nur als Snack oder Objekt der Begierde betrachtet hatte und ich musste genau ihn anschreien.

Meine Tränen versiegten nun letztendlich und ich hätte mich einfach nur schlagen können für meine Dummheit. Es stimmt ich hatte niemanden mehr, aber das war zum Teil auch meine Schuld. Jetzt saß ich hier fest mit einem Haufen Vampiren, die mich allesamt hassten und ich konnte es ihnen nicht mal übel nehmen.

Seit ich in dieses verdammte Zimmer wohnte war ich zu einer verzogen Göre geworden. Ich half nicht mehr im Haus und war insgesamt eigentlich nur noch am rum zicken. War ich wirklich zu diesem Mädchen geworden, dass ich nie sein wollte. Eins wusste ich jetzt jedenfalls, ich war nervig geworden, so nervig, dass Shuu jetzt bestimmt sogar Yuis Gegenwart mehr zu schätzen wissen würde als meine. 

Schon wieder sammelte sich Flüssigkeit vor meinen Augen an, aber ich wollte mich ab jetzt zusammenreißen und so schluckte ich den neuen Kloß runter. Mir war klar, wenn ich Shuu zurück haben wollte, müsste ich etwas ändern. Und diese Veränderung würde jetzt beginnen.

Mit neuer Entschlossenheit stand ich auf und ging zu meinem Schrank. Ich zog mir arbeitstaugliche Kleidung an und verließ das Zimmer.

Um diese Tageszeit hatten die Hausangestellten viel zu tun. Die Vorbereitungen für den nächsten Tag mussten getroffen, das Geschirr gespült und die Wäsche fertig gemacht werden. In der Hoffnung dort Lina zu treffen ging ich auf direktem Weg zur Waschküche. 

Wie der Zufall es wollte war sie wirklich gerade dort an der Arbeit. Ich freute mich rießig sie zu sehen, aber mir fiel auch auf, dass schlecht gelaunt war. Unter ihren Augen lagen dunkle Schatten und sie wirkte blass und müde.

Lina war gerade dabei eines von Reijis Hemden zu bügeln, als ich mich von hinten an sie anschlich und sie stürmisch umarmte. 

Sie erschrak heftig und als sie sich zu mir umdrehte wurde ihr Gesicht noch blasser, wenn das überhaupt noch möglich war.

"Lina, ich bin es Hikari. Erkennst du mich nicht?", fragte ich freudig, aber auch verwundert über ihre Reaktion.

"Hikari?" Ihre Stimme klang als würde sie jetzt erst alles begreifen, dann weitenden sich ihre Augen.

"Hikari!", sie umarmte mich glücklich, "Aber warte, sie haben gesagt du bist tot." Erschrocken löste sich schnell. "Ich habe dich gesehen! Du lagst zwischen den Leichen und hast dich nicht mehr bewegt!" Ihr Blick war panisch, gehetzt. Sie verstand nicht was los war.

Und da begriff ich erst. Sie dachte Tage lang, ich wäre tot. 

Und doch stand ich jetzt vor ihr.

Diabolik Lovers - mal aus einer ganz anderen SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt