Teil2

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„So,hier. Sie müssen nur noch die Entlassungspapiere unterschreiben unddann können Sie Ihre Tochter wieder mit nach Hause nehmen, MsShepherd", wies die freundliche Arzthelferin meine Mutter an, diesehnlich die Formulare unterschrieb. Derweil schaute ich mich nochein letztes mal in der Praxis um, die für die letzten vier Monatemein zu Hause gewesen war. An dieser ganzen Umgebung hingen keineguten Erinnerungen, wie ich leider feststellen musste. „Schatz,komm, wir gehen." Ich wandte meinen Kopf wieder meiner Mutter zu,die mich aus leicht tränenglitzerten Augen anschaute. Und somitließen wir die kahlen Wände der Jugendpsychiatrie hinter uns undliefen durch die gesichterte Tür an die frische Luft. Wie sehr hatteich es vermisst, draußen zu sein und die kühle Herbstbriseeinzuatmen. Die Blätter waren teilweise schon ganz von den Bäumenabgefallen und der November bahnte sich schon langsam dem Ende zu.Mom zog mich weiter zu ihrem Auto, dass sie nahe am Eingang geparkthatte, und ich nahm auf dem Beifahrersitz platz, während sie denMotor startete und vom Parkplatz fuhr. Eine Weile lang schwiegen wirbeide und sahen auf die vollen Straßen Londons vor uns –Samstagabendverkehr. Zögernd legte Mom nach einer Weile eine Handauf meinen Oberschenkel und lächelte mir kurz aufmunternd zu, bevorsie sich wieder auf die Straße konzentrierte. „Wieso hast duvorhin fast geweint?", fragte ich sie kurzerhand und sah sie vonder Seite an. Ihre roten Locken hatte sie hinten leichtzusammengebunden; geschminkt war sie nicht. Man sah ihr an, dassmeine Situation sie innerlich fertig gemacht hatte, wobei wir unssowieso schon nicht sehr gut verstanden hatten. „Weißt du",sagte sie schließlich, „es ist hart, seine Tochter vier Monatelang nur im Krankenhaus besuchen zu können. Ich bin froh, dass duwieder da bist." Wortlos wandte ich meinen Blick wieder der Stadtaußerhalb des Autos zu und dachte darüber nach, wie die anderenwohl reagieren würden, wenn die verrückte Gwendolyn plötzlichwieder zu Hause war. Ich hatte mir schon als Kind eingebildet, Geiserzu sehen. Keiner hatte mir geglaubt. „Im Grunde bin ich selberSchuld", sagte ich trotzig und sah meine Mutter innerlich schon inStrömen weinen; sie sorgte sich sehr um mich – zumindest versuchtesie es. „Ach Schatz. Du kannst doch nichts dafür", sagte sie mitbrüchiger Stimme und umklammerte das Lenkrad ein bisschen fester.Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen, sie so fertig zu sehen undschloss die Augen mit meinem Kopf an den weichen Sitz gelehnt. Ichhatte genug angerichtet.


Back to Life - Liebe besiegt alles. | ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt