Kapitel 1

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Die Flammen schlugen an den Wänden hoch. Freya hustete. Sie versuchte verzweifelt die Augen auf zu halten – vergeblich. Der Qualm stach zu sehr. Sie kämpfte sich aus den Flammen, während der Rauch in ihren Mund kroch und die Lunge ausfüllte. Die Schreie ihrer Eltern drangen an ihre Ohren, welche von ihr verlangt hatten, sie solle sie zurücklassen. Auf dem Bauch rutschte sie unter einen herunter gestürzten Dachbalken hindurch zur Tür. Als sie den Blick hob, sah sie den Feind direkt vor sich. Sein Harnisch war blutverschmiert und sein Gesicht von der Schlacht gezeichnet. Schwer atmend erhob er sein Schwert über ihren Kopf. Sie flehte ihn an, sie zu verschonen und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, doch er lachte nur, bevor er sein Schwert auf sie niedersausen ließ.

„Freya! Freya! Ganz ruhig, du hast nur wieder einen Albtraum! Es ist nur ein Traum!" Sie schreckte auf. Nur ein Traum, es war nur ein Traum. Richtig. Es brauchte einen Moment, ehe sie begriffen hatte, wo sie sich befand. Mit dem leiser werdenden Klopfen ihres Herzens, kroch auch die Kälte in ihre Knochen zurück. Erst jetzt bemerkte sie, dass Kenan besorgt ihre Hand hielt und schüttelte ihn ab. „Geht es dir gut?", fragte ihr Freund sie und zog seine Stirn in Falten. „Ja, ja. Es war nur ein Traum. Ich muss mich nur wieder beruhigen", wimmelte sie ihn ab. Sehnsüchtig starrte Freya zu dem Feuer der Menschenhändler, denen sie seit einigen Tagen unterstand.

1000 Dinar hatten die Händler den römischen Legionären bezahlt, die sie erst in diese Lage gebracht hatten. Freya und Kenan gehörten zu einem keltischen Reitervolk, welches Rom zwar zunächst trotzte, aber dann doch seinem Schwert unterlag. Die wenigen Überlebenden wurden zu Kriegsgefangenen gemacht und in der nächsten Stadt an verschiedene Händler verkauft. Ihr einziger Trost war ihre Unversehrtheit und, dass Kenan noch eine Weile den Weg mit ihr teilen würde. Nun waren sie seit einigen Tagen unterwegs in eine italienische Stadt des Römischen Reiches, wo die Händler sich die höchsten Gewinne versprachen. Sie machten zwar keinen Gebrauch von der Peitsche, doch erlaubten sie auch kein Feuer, an dem sich die Gefangenen hätten wärmen können.

„Versuch noch etwas zu schlafen." Kenan strich über ihren Rücken. Es war wirklich gut, ihn bei sich zu wissen. Er war genau wie Freya 22 Jahre alt und sie kannten sich seit frühester Kindheit und sollten sogar heiraten, doch Liebe war da keine. „Ich kann nicht. Ich kann meine Eltern nicht so sehen. Ich kann nicht ständig an den Krieg erinnert werden." Sie schenkte Kenan ein sanftes Lächeln, um ihn davon zu überzeugen, dass es ihr gut ging. Die Torturen der vergangenen Tage standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Sein Gesicht wirkte eingefallen und faltig und seine sonst strahlenden Augen lagen nur trübe in ihrer Augenhöhle. Er hatte genug eigene Sorgen, seine Schwester war an andere Händler verkauft worden, da wollte Freya nicht, dass er sich auch noch um sie sorgte. „Ich komme zurecht, aber du benötigst auch noch etwas Schlaf." Kenan nickte und legte sich wieder hin. Es dauerte nicht lange, bis sein -atem regelmäßig wurde und er einschlief.

Freya betrachtete ihn eine Weile. Er sah so friedlich aus, als wären sie nur auf einer Wanderung und nichts auf der Welt könne ihm etwas anhaben. Sie fröstelte und zog die Knie näher an ihren Körper. Sobald die Sonne aufgehen würde, würde es beinahe unerträglich heiß werden und sie müssten aufbrechen. Noch lange saß sie so da, bis die ersten Sonnenstrahlen sich am Himmel zeigten.




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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 20, 2017 ⏰

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Die Sklavin RomsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt