3. Julius Krähe

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Ich schaute nochmal auf Emphie's blutende Leiche. Sie sollte so langsam abgekühlt sein. Dann drehte ich mich weg und lief die Kellertreppe nach oben. Unschlüssig was ich jetzt tun sollte, drehte ich mich um meine eigenen Achse.

Schließlich schlenderte ich die Küche und schenkte mir ein Glas teuren Wein ein. Den würde sie eh nicht mehr trinken können.

"Hey, lass mir auch noch was übrig!" Rief plötzlich eine Stimme hinter mir und ich wirbelte erschrocken und in Kampfhaltung herum. Jonas hielt die Hände hoch. "Ich bin's nur."

Er kam zu mir und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Entspann dich. Ist der Job erledigt?" Ich nickte nur und lockerte meine Muskeln ein bisschen. Er hatte recht, ich war wirklich ziemlich verspannt.

"Was hast du denn diesesmal gemacht? Gestern warst du ja so kreativ und hast Beth's Körpern mit  blutigen Mustern vollgemalt." Sollte ich erwähnen, dass Jonas alles ein bisschen überdramatisierte?

"Ich hab ihr die Zunge rausgeschnitten und davor ihren Arm in einen Schweizerkäse verwandelt. Woher weißt du das eigentlich mit den Mustern auf Beth's Körper?" Fragte ich neugierig.

Jonas begann zu lachen. "Schwei... Schweiz.... Schweizerkäse?!" Er japste nach Luft und hielt sich am Küchenthresen fest um nicht umzufallen. Ich zog eine Augenbraue hoch, musste bei dem Anblick aber trotzdem schmunzeln.

"Was ist denn so lustig daran?" Fragte ich und mein Freund, wenn man es so nennen wollte, probierte sein Lachen unter Kontrolle zu bekommen.

"Naja, wie kommst du auf Schweizerkäse?!" Ich wurde ein bisschen rot. "Also... Ähm... Naja, ich bin ausgerastet und dann habe ich... ihren Arm etwas durchlöchert." Ich schaute auf den Boden.

Jonas schüttelte plötzlich ernst den Kopf. "Du darfst dir solche Fehler nicht erlauben! Das könnte gefährlich werden. Wenn du sauer bist, wirst du oft unkonzentriert. Das darf nicht mehr passieren, Bella."

Ich nickte und schlug die Augen nieder, wie ein Kind das von seinen Eltern ausgeschimpft wird. Jonas seufzte, zog mich in eine Umarmung und flüsterte mir ein "Lass uns gehen" ins Ohr.

"Du hast recht." Ich richtete mich auf und schmiss mein inzwischen leeres Weinglas auf den Boden. Mit einem Klirren zersprang es, aber weder ich noch Jonas zuckten zusammen. Wir lächelten uns einfach an und wenn dieses Buch aus der Sicht des Opfers geschrieben wäre würde dort nun stehen, dass man den Wahnsinn in unseren Augen sehen könnte.

Mit einem Taxi fuhren wir zum Bahnhof und ein paar Stunden später waren wir an unserem Ziel angekommen. Eine einigermaßen große Stadt, aber das war mir nur recht. In Menschenmengen konnte man besser untertauchen, wenn es brenzlig wurde.

Wir suchten uns wie auch gestern ein Hotel und checkten ein. Dann verschwanden wir auf unserem Zimmer und beschäftigten uns beide getrennt an unseren Laptops.

"Ich hab was!" Rief Jonas schon wenig später triumphierend aus. Ich stand auf und lief gespannt zu ihm. Über seine Schulter gebeugt, las ich sorgfältig die Informationen die auf dem Bildschirm standen durch.

"Julius Krähe... Mein alter Mathelehrer. Wegen ihm hab ich mein Abitur nicht geschafft. Wir wussten doch schon das er hier in dieser Stadt wohnt. Deswegen sind wir doch hier!" Fragend sah ich meinen Freund und Kollegen an.

50 Tage 50 MenschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt